Gibt Krisenstab auf?
Auch wenn die Corona-Zahlen rund um St. Wolfgang weiter steigen, kann man sich in der Touristenhochburg seit Sonntag nicht mehr freiwillig testen lassen – das ergaben zackzack-Recherchen. In der Nacht auf Dienstag wurden zudem in drei weiteren Hotels Infizierte festgestellt. Dort testet man nun alle Mitarbeiter, während der Hotelbetrieb weiterläuft.
Wien, 28. Juli 2020 | Am Samstag eröffnete das Land Oberösterreich in Kooperation mit dem Roten Kreuz eine mobile Teststation, St.Wolfgang wurde zu Österreichs Corona-Hotspot. An der mobilen Teststation konnten sich Einheimische und Touristen freiwillig auf das Virus testen lassen. Wie der Krisenstab gegenüber zackzack mitteilte, wurde die großflächige Testaktion mit Sonntagabend aber wieder beendet.
Test-Programm Sonntagabend beendet
ZackZack-Recherchen haben ergeben, dass in der Nacht auf Dienstag Mitarbeiter von drei weitere Hotelbetrieben positiv getestet wurden. Nun werden alle Mitarbeiter getestet, während die Hotels weiter offenbleiben. Von Tests bei Gästen ist nichts bekannt.
Wien, Österreichs Test-Kaiser, schaut bei Menschen, die in St. Wolfgang waren, bereits genau hin: Wer bei der Hotline 1450 anruft, wird gefragt, ob er kürzlich am Wolfgangsee war. Auch 16 Niederösterreicher zählen bereits zum Wolfgangsee-Cluster. Sie hatten sich für Urlaub in Österreich entschieden, um sicher vor dem Virus zu sein, berichtet die Fellner-Plattform „oe24“. Das ging gründlich schief. Der Köstinger-Kurz-Versuch, Österreich als „sicherstes Urlaubsland der Welt“ zu verkaufen, scheint mit St. Wolfgang endgültig gescheitert zu sein.
Umfangreiche Massentests wie sie am Wochenende in St. Wolfgang durchgeführt wurden, sind jedenfalls eingestellt. Testungen gibt es nun wieder nur „nach Kontakt mit der telefonischen Gesundheitsberatung 1450“, heißt es aus dem Krisenstab auf zackzack-Anfrage.
ÖO-Landesrat hat keine Ahnung
Der ohnehin gescheiterte Köstinger Plan von „65.000 Tests pro Woche“ wird mittlerweile auch unter Parteifreunden gar nicht mehr wohlwollend aufgenommen. Oberösterreichs-Tourismus Landesrat Markus Achleitner sprach sich im ORF-„OÖ Heute“ am Sonntag gegen Massenscreenings aus:
„Beim Testen muss man aufpassen, ein negativer Test heißt nicht, dass das Virus nicht im Körper ist. Der Test schlägt nur an, wenn das Virus ausgebrochen ist. Getestet wird, wenn Symptome auftreten. Das war bisher richtig, und dabei wird es bleiben.“
Auch wenn die Köstinger-Massentests ohnehin nicht umgesetzt worden sind, die Aussage von Markus Achleitner ist im doppelten Sinn schlichtweg falsch. So ist es unrichtig, dass der Test nur anschlägt, wenn das Virus „ausgebrochen“ ist. Erstens: Der PCR-Test schlägt auch bei geringer Virenlast an und kann sogar bei toten Viren positiv ausfallen. Zweitens: Auch Personen ohne Symptome können ansteckend sein.
Die Behörden in Oberösterreich begeben sich in ihrer Argumentation auf den Ischgl-Weg: Man habe alles richtig gemacht, alles sei unter Kontrolle. Immerhin verkündete man bereits am Wochenende, als die meisten Tests großteils noch gar nicht ausgewertet waren: „Die Infektionskette wurde durchbrochen.“
“Patient 0” nicht bekannt, aber “Infektionskette durchbrochen”
Es besteht durchaus Grund dafür, dem nicht ganz zu glauben. Armin Wolf fragte im „ZIB2“-Studio das Mitglied des Corona-Krisenstab und ÖVP-Gemeinderat Tilman Königswieser, ob man eigentlich „Patient 0“ kenne:
„Wir wissen nicht, wer der “Patient 0” war. Aber es ist eigentlich kein Patient, sondern ein Infizierter, dem es ja gut geht. Am Mittwoch haben wir den ersten positiven Test, und dann fängt das Contact Tracing an“,
sagte Königswieser. Seit Mittwoch kamen allein in St. Wolfgang mindestens 61 Personen hinzu, 16 weitere Infizierte befinden sich in Niederösterreich in Quarantäne. Anzeichen dafür, das der Corona-Ausbruch weit größer ist, gibt es also. Das zeigen alleine die drei neu hinzugekommenen Betriebe in der Nacht auf Dienstag.
Infizierte Mitarbeiter, Hotelbetrieb läuft weiter
Königswieser versuchte zu beruhigen, sagte, dass hauptsächlich junge Menschen positiv getestet wurden. Schwere Verläufe seien “sehr unwahrscheinlich”. Die jungen Hotelmitarbeiter könnten das Virus aber dennoch an älteren Touristen übertragen haben. Es bleibt zu hoffen, dass dies nicht passiert ist. Zahlreiche Gäste sind aus St. Wolfgang bereits abgereist, wie viele das Virus mitgenommen haben, weiß man nicht. Seit Montag muss man als abreisender Gast einen Meldezettel ausfüllen, diese Verordnung gilt vorläufig bis 2. August.
Die Hotels bleiben weiter offen – auch jene mit positiven Mitarbeitern. Anfang Juli waren nach deutlich weniger positiven Fällen an Schulen, alle oberösterreichischen Schulen geschlossen worden. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Die Grünen) erklärte sich in einer Pressekonferenz am Dienstag für unzuständig. Der Bund bestimme zwar die Rahmenbedingungen für die Länder; die Verantwortung für die unmittelbare Umsetzung liege aber beim Land.
(ot)
Titelbild: APA Picturedesk