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Corona-Gesetze: Kurz fällt Sager auf den Kopf – Edtstadler will Strafen nicht zurückerstatten

Edtstadler will Strafen nicht zurückerstatten

Der Verfassungsgerichtshof erklärte die allgemeine Corona-Ausgangsbeschränkung für gesetzeswidrig. Zu Unrecht eingehobene Strafen sollen aber laut Karoline Edtstadler (ÖVP) nicht zurückgezahlt werden. Die Begründung ist kurios, Sebastian Kurz fällt indes eine Aussage aus dem April auf den Kopf. Droht jetzt eine Verfassungsänderung für ein neues Covid-Gesetz?

Wien, 03. August 2020 | Am 22. Juli hob der Verfassungsgerichtshof (VfGH) Corona-Verordnungen umfassend auf. Sowohl die Geschäftsöffnungen im April, als auch die Corona-Ausgangbeschränkungen waren für den VfGH verfassungswidrig. Der Verfassungsrechtler Andreas Janko sah nach der Aufhebung großen gesetzlichen Handlungsbedarf. Der Babyelefant, der fiktive Abstandmesser, etwa sei „schwer angeschossen“.

Folge man nämlich der Argumentation des Verfassungsgerichtshofs, so habe auch die grundsätzliche Abstandsregelung an öffentlichen Orten die gesetzliche Grundlage verloren. Am 30. Juni war der Babyelefant dann offiziell Geschichte, die neue Verordnung hob die 1-Meter-Abstandsregel im öffentlichen Raum auf.

Mehr als nur “juristische Spitzfindigkeiten”

Karoline Edtstadler will nun eine Änderung des Covid-19-Gesetzes, der Basis der Verordnungen, vornehmen. Man müsse “handeln für den Fall, dass wir sie wieder brauchen”. Sollte ein zweiter Lockdown über Österreich kommen, müsse hier nachgebessert werden.

Brisant ist das vor allem, wenn man auf Aussagen des Bundeskanzlers Sebastian Kurz im April zurückblickt. Damals hatte der Kanzler mögliche Fehler in den Gesetzen nicht reparieren wollen, da diese „nicht auf Dauer sind“. Bis eine Überprüfung durch die Höchstgerichte stattgefunden habe, „werden sie nicht mehr in Kraft sein“, so Kurz damals. Einen möglichen zweiten Lockdown dürfte Kurz damals noch nicht bedacht haben.

Im April spielte der Kanzler die Kritik von Juristen an den Corona-Gesetzen als „juristische Spitzfindigkeiten“ herunter. Manfred Matzka, ehemaliger Leiter der Präsidialsektion im Bundeskanzleramt, sah die Aussagen im April kritisch:

„Die Verfassung gilt auch in Krisen- und Kriegszeiten“.

Edtstadler will Strafen nicht zurückbezahlen

Die Opposition pocht seit einiger Zeit auf eine Generalsamnestie für die zu Unrecht Gestraften, etwa durch Nicht-Einhaltung des Mindestabstandes. Verfassungsministerin Edtstadler steht dem kritisch gegenüber: ihre Erklärung, dass Strafen nicht zurückerstattet werden sollen, ist dabei interessant. So könne eine Generalamnestie “ein Gefühl der Ungerechtigkeit erzeugen, wenn der Minderheit, die sich nicht an die Beschränkungen gehalten hat, die Strafen erlassen werden”.

Die Verfassungsministerin unterliegt dabei wohl einem Denkfehler, denn die Beschränkungen wurden im Nachhinein durch den VfGH aufgehoben, die Strafen somit zu Unrecht eingehoben. Von der SPÖ setzte es deshalb Kritik.

Leichtfried: “So funktioniert das in einem Rechtsstaat aber nicht.“

SPÖ-Verfassungssprecher Jörg Leichtfried meint gegenüber zackzack:

„Die ÖVP plant die vielen Tausenden Bürgerinnen und Bürger, die ihre Verfahren durch Zahlung der vorgesehenen Geldstrafe bereits abgeschlossen haben, durch die Finger schauen zu lassen. Sie wurden aufgrund einer gesetzeswidrigen Verordnung in ihren bürgerlichen Rechten eingeschränkt und finanziell geschädigt, gerade die, die ihre Strafen schnell und zuverlässig gezahlt haben. Das ist ein unglaublicher Skandal und schreit nach einer Lösung.

Weiters erhöht der Mandatar den Druck auf die Einstellung der Verfahren: “Alle offenen Verfahren nach dieser Verordnung sind einzustellen, aber auch bezahlte Strafen müssen auf jeden Fall rückerstattet werden. Der Staat muss auch für sein Handeln haften. So will es der Rechtsstaat. So will es auch der gesunde Menschenverstand. Man kann die Strafgelder nicht einbehalten, wenn die Behörden diese Strafen nie hätten aussprechen dürfen. Es ist der türkise Zynismus der hier um sich greift. Die ÖVP glaubt ihr Handeln wäre konsequenzlos. So funktioniert das in einem Rechtsstaat aber nicht.“

Leichtfrieds Kollegen von der SPÖ, Andreas Kollross und SP-Justizsprecherin Selma Yildirim, starten eine Petition für eine umfassende Aufarbeitung der rechtswidrig ausgestellten Anzeigen. Die beiden sehen die “Husch-Pfusch Gesetze der Regierung sowie die fahrlässige Beschneidung der Grundrechte eines Rechtsstaates unwürdig.”

Auch die NEOS kritisierten das Nicht-Zurückzahlen in einer Aussendung scharf:

„Wer jetzt noch ernsthaft meint, dass die zigtausenden Strafen zu bezahlen sind, obwohl hier niemals ein Gesetz gebrochen wurde, der begeht Anschlag auf den Rechtsstaat.“

(bf)

Titelbild: APA Picturedesk

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