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Gesetz in Arbeit: Vermieter soll Makler selber zahlen – Mietervertreter warnen vor Umgehung

Mietervertreter warnen vor Umgehung

Kein Schnäppchen: Wer in Österreich eine Mietwohnung über einen Makler gefunden hat, zahlt zwei Monatsmieten plus 20 Prozent Umsatzsteuer. Das sogenannte “Bestellerprinzip” soll das jetzt ändern, Interessensvertreter warnen aber vor Umgehung.

Wien, 10. August 2020 | Nach mehreren Videokonferenzen wird im Justizministerium an einer neuen Bestimmung zur Maklerprovision gearbeitet.

Man will die Bezahlung der Maklerprovision bei Mietwohnungen jetzt gesetzlich auf das sogenannte „Bestellerprinzip“ umändern. Mietervertreter begrüßen den Vorstoß, die Arbeiterkammer warnt vor Umgehungsmechanismen, die es gesetzlich auszuschließen gelte.

Im ÖVP-Grünen-Regierungsprogramm ist das Bestellerprinzip bereits geplant:

„Wie für gewöhnlich bei Dienstleistungen üblich, sollen die Kosten der Maklerin bzw. des Maklers bei Vermittlung von Mietwohnungen von demjenigen übernommen werden, der den Auftrag gegeben hat.“

Ende Juli kam es zu einem ersten Treffen von Vertretern von Mieterorganisationen und dem Justizministerium, bei dem die Mietervertreter ihre Wünsche äußern konnten. Sie wünschen sich die Abgeberprovision als Normalfall.

Mietervereinigung: Wohnungskrise verhindern

Das Bestellerprinzip ist auch eine Forderung der Mietervereinigung Österreich (MVÖ). In einer Aussendung wies sie bereits Mitte Juni darauf hin, dass insbesondere in Zeiten der Krise Maßnahmen wichtig seien, die leistbares Wohnen möglich machen sollen. Georg Niedermühlbichler, Präsident der MVÖ:

„Dieses Bestellerprinzip wurde den Wählern schon vor der Nationalratswahl versprochen und danach im Regierungsprogramm festgeschrieben – es spricht doch nichts dagegen, es nun umzusetzen und damit Wohnungssuchende sofort zu entlasten.“

Warnung vor deutschen Zuständen

Georg Edlauer, Fachverbandsobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der WKO, sieht die geplante Änderung kritisch. Gegenüber dem „immoflash“ gibt er zu bedenken: „Das Bestellerprinzip ist ein Bärendienst für die Mieter. Die Verringerung der Wohnkosten wird so nicht funktionieren.“

Das transparente Angebot von Mietwohnungen würde sich so um 30 bis 40 Prozent verringern, besonders betroffen würden davon vor allem günstige Mietwohnungen sein, so Edlauer, der auf Deutschland verweist. Hier wurde 2015 das Bestellerprinzip eingeführt – seither sei es zu horrenden Ablösen gekommen, weil viele Vermieter jetzt den Nachmieter vom Mieter suchen ließen.

Der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund (ÖHGB) begrüßt die Einführung des Bestellerprinzips, weist aber auf die rechtliche Umsetzung hin, die entscheidend sei, um Zustände wie in Deutschland zu verhindern: Dort seien „Massenbesichtigungen von Mietobjekten mit mehreren hundert TeilnehmerInnen, dubiose Ablöseforderungen und fehlende Beratung durch fach- und rechtskundige MaklerInnen“ die Regel.

Angst vor Umgehungsmechanismen

„Natürlich gibt es bei jeder Bestimmung, den Mieterschutz ausbauen, Gefahren diese zu umgehen“, so Wolfgang Kirnbauer, Obmann des Mieterschutz-Landesvereins Wien gegenüber zackzack. Das in Österreich geltende Ablöseverbot, das bei Alt- und Genossenschaftsbauten gelte, habe dazu geführt, „dass Ablösen im Mietrecht kaum noch ein Thema sind, weil das für Vermieter schlicht unrentabel ist.“ Weiters fordert der Mieterschutzverband die Einführung gesetzlich strengerer Mietzinsgrenzen, um der Gefahr von Einpreisungen von Maklerkosten in die Miete zu begegnen, so Kirnbauer.

Auch die Arbeiterkammer Vorarlberg begrüßt die geplante Gesetzesänderung, warnt aber vor unklaren und leicht zu umgehenden Bestimmungen. AK Vorarlberg-Direktor Rainer Keckeis sagte gegenüber den Vorarlberger Nachrichten:

„Die Bestimmungen müssen glasklar sein, und ein Verstoß muss mit einer Verwaltungsstrafe bedroht werden.“

Jedenfalls ist das Bestellerprinzip in Augen der AK-Konsumentenschützer nur gerecht, denn „meistens beauftragt die Vermieterseite den Makler mit der Vermittlung einer Mietwohnung und erspart sich dadurch im Gegensatz zum Wohnungssuchenden viel Mühe, was etwa die Kontaktnahme und Besichtigungen mit Mietinteressenten betrifft“, erklärt Ulrike Stadelmann von der AK Vorarlberg in den „Vorarlberger Nachrichten“.

Deutscher Mieterschutzbund lobt Bestellerprinzip

Ein Sprecher des deutschen Mieterschutzbunds erläutert im Gespräch mit zackzack die Folgen der Einführung des Bestellerprinzip in Deutschlands:

Aus Mietersicht war die Einführung des Bestellerprinzips ein positives Ergebnis. Zunächst kam es tatsächlich zu einer Überschüttung mit Wohungsbesichtigungsterminen, mittlerweile hat sich das aber ganz gut arrangiert.“

Vermieter würden dabei vermehrt auf das Vorschlagrecht der Mieter setzen: Der jetzige Mieter sucht sich seinen Nachfolger.

Das österreichische Justizministerium ist derzeit mit der Erarbeitung eines Entwurfs befasst. Unklar ist noch, in welchem Gesetz es überhaupt verankert werden soll.

(lb)

Titelbild: Image by moerschy from Pixabay

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