Hardlinerin als linke Hoffnung
Letzte Woche hat Joe Biden die Senatorin von Kalifornien, Kamala Harris, als „Running Mate“ nominiert – die erste schwarze Frau und die erste Person asiatischer Abstammung in der US-Geschichte, die Vize und später auch Präsidentin werden könnte. Links damit sind nicht alle mit der Entscheidung zufrieden.
Wien, 19.08.20 | Sind Kamala Harris und Joe Biden wirklich das richtige Paar, um die Wahl gegen Donald Trump zu gewinnen? Laut “New York Times” war die Reaktion innerhalb der Demokraten größtenteils erleichtert. Aber Harris hat eine Vergangenheit, in der sie sich – wie Biden – als Justiz-Hardlinerin hervorgetan hatte. In Zeiten von Black Lives Matter ist das eine schwere Hypothek.
Misstrauen der Kalifornier
Viele US-Bürger sehen die Entscheidung, dass Harris von Biden als Vize-Kandidatin auserwählt wurde, skeptisch. Der in Kalifornien lebende John L.* erzählt zackzack, dass er fest daran glaubt, dass Harris die Partei in der Zukunft übernehmen werde. Harris’ Geschichte als kalifornische Justizministerin sei jedoch nicht besonders gut, einschließlich der rekordverdächtigen Gefängnisstrafen für schwarze Männer im Zusammenhang mit Marihuana-Anklagen. Steve Mnuchin, der mit seiner Bank Finanzverbrechen begangen habe, sei hingegen nicht verfolgt worden.
Harris ist in Kalifornien nicht so beliebt wie es scheint. Natürlich ist es bemerkenswert, dass Harris die erste schwarze Frau ist, die Vizepräsidentin werden kann und sie ist eine bessere Wahl als Susan Rice, aber ich glaube einfach nicht, dass sie die Vorteile, die sie mibringt, die Nachteile und ihren Mangel an Charisma überwiegen können.,
so John.
Alex M.*, ebenfalls aus Kalifornien, erklärt zackzack, dass Harris die Mitte des Spektrums in den USA anspreche. Die meisten Wähler seien aus der Mittelklasse, im Durchschnitt 45 Jahre alt und weiß. Er fügt hinzu, dass Harris von vielen Wählern links der Mitte, als “Polizistin” gesehen werde, weil sie eine enge Beziehung zu Strafverfolgungsbehörden und Gefägnissen habe. Harris sei definitiv “kein Teil der Bernie Sanders-Crew” von Demokraten, aber Alex glaubt, sie sei die richtige Wahl, wenn es um eine junge, schwarze Frau geht.
Es wird immer wichtiger, eine vielfältige kulturelle Vertretung in der Regierung zu haben, wenn Amerika jünger und weniger weiß wird. Es scheint, als hätten die Demokraten Biden und Harris ausgewählt, um eine möglichst breite Wählerbasis anzusprechen, auch wenn die junge demokratische Wählerbasis überwiegend eine sozialistischere Politik unterstützt.,
so Alex.
Die Linken: “Harris ist eine nicht vertrauenswürdige Polizisitin”
Von dem Moment an, als Bernie Sanders Anfang April das Präsidentenrennen verließ, hatten seine Anhänger gehofft, dass Joe Biden einen ihrer ideologischen Verbündeten zur Vizepräsidentschaft erheben würde – jemanden wie Senatorin Elizabeth Warren. Kamala Harris stand weit unten auf ihrer Wunschliste.
Großes Vertrauen der Demokraten
Wie Melanye Price, Professorin für Politikwissenschaft in Texas in einem “New York Times”-Kommentar ausführt, sind schwarze Frauen seit Jahrzehnten die loyalste große Wählergruppe in der Demokratischen Partei. Eine Umfrage, die am Mittwoch veröffentlicht wurde, ergab, dass Harris das Potenzial habe, die Unterstützung für Biden zu erweitern: Fast neun von zehn Demokraten befürworten sie. Bei Frauen und jungen Wählern ist sie sogar beliebter als Biden.
Viele Demokraten sehen Harris als eine strategisch kluge Wahl: Um Trump zu verhindern, werden auch linke Demokraten widerwillig Biden/Harris wählen – so das Kalkül.
(jz)
* Name wurde geändert
Titelbild: APA Picturedesk
