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In Serbien: Häftlinge als Strabag-Arbeiter – Keine 20 Cent pro Stunde

Keine 20 Cent pro Stunde

Häftlinge als Bauarbeiter bei der Strabag in Serbien: Obwohl ein Bauarbeiter in Serbien keine 3 Euro pro Stunde kostet, griff man auf noch günstigere Arbeitskraft zurück. Gefängnisinsassen kosteten der Strabag keinen Euro pro Stunde. Nicht einmal 20 Cent davon gehen an die Arbeiter. Wie weit das Ausbeutungssystem von Häftlingen in Serbien fortgeschritten ist, ist nicht bekannt.

 

Wien, 24. August 2020 | Moderne Strafarbeit in Serbien, durchgeführt von einem österreichischen Mega-Konzern von Hans-Peter Haselsteiner. Die serbische Tochterfirma des Baukonzerns Strabag nutzte Häftlinge, um eine Brücke zu bauen. Das veröffentlichte die Plattform „Balkan Investigative Reporting Network“, auch die „Heute“ berichtete.

Keine 20 Cent pro Stunde

Die Sache flog wegen eines Unfalls auf: Ein Bus, der 28 Häftlinge zur Baustelle bringen sollte, krachte 2016 in einen Masten, Insassen erlitten Verletzungen. Der Bau-Riese bestätigte die Recherche, fügte allerdings hinzu, dass alles im Rahmen des serbischen Gesetzes stattgefunden habe. Der Arbeitssicherheits-Chef der Strabag-Tochter sagte gegenüber „Balkan Investigative“, er hätte damals „fast einen Herzinfarkt“ bekommen; er sei überrascht gewesen, dass man Häftlinge als Bauarbeiter einsetze. Das sei das erste Mal gewesen, ansonsten hätte man Häftlinge nur für einfache Tätigkeiten beschäftigt.

Die Strabag sparte mit den Häftlingen als Bauarbeiter jedenfalls ordentlich Geld und das, obwohl Arbeit in Serbien ohnehin äußerst günstig ist. So verdient ein Arbeiter in Serbien im Durchschnitt 2,77 Euro pro Stunde, für die Häftlings-Arbeitsstunde zahlte die Strabag weniger als einen Euro. Der Häftling selbst bekommt davon etwas weniger als 20 Cent, der Rest geht an das Gefängnis. Die Strabag sparte sich pro Arbeiter 64 % an Lohnkosten.

Strabag in Stellungnahme philanthropisch

Das Gefängnis sagt, dass man die Arbeitskraft der Häftlinge „nicht wegen Profits“ verkaufe. Es sei zum Wohle der Häftlinge, da diese von der Arbeitserfahrung profitieren würden. Auch die „Strabag“ gibt sich in ihrer Stellungnahme philanthropisch. Man nehme an „sozialen Projekten“ in ganz Europa teil und fühle sich einer “gesunden Gesellschaft” verpflichtet.

Connection Gusenbauer

Die Zusammenarbeit zwischen der Strabag und dem Zajecar Country Prison soll 2016 eingestellt worden sein. Weil die serbischen Gefängnisse aber immer voller werden, gibt es immer mehr potenzielle Häftlinge, deren Arbeitskraft ausgebeutet werden könnte. Um wie viele Häftlinge geht es insgesamt? “Dazu gibt es keine offiziellen Zahlen“, sagt ein Belgrader Anwalt zu „Balkan Investigative.“

Die Strabag ist in Serbien ein mächtiger Player. In den 2000er übernahm man mehrere Firmen sowie einen staatlichen Großkonzern, seitdem ist die Strabag in Serbien dick im Geschäft. Dafür lobbyiert offenbar auch Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer: Er sitzt dem Aufsichtsrat der Strabag vor und ist seit 2013 persönlicher Berater des autoritären Präsidenten Aleksander Vucic.

(ot)

Titelbild: APA Picturedesk

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