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Stau-Hölle in Kärnten – Anschober und Nehammer unter Druck

Nehammer und Anschober unter Druck

Aufgrund einer Verordnungsänderung ist es am Wochenende an Kärntner Grenzübergängen zu heftigem Stau-Chaos gekommen. Denn: Durchreisende und Einreisende werden in der Verordnung zum Ausfüllen und Vorzeigen von Formularen verpflichtet. Die Regierung weicht aus.

Wien, 24. August 2020 | Die neue Regel für Transitverkehr aus Risikogebieten ist von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) erst am Freitag erlassen worden. Sie wurde laut einem Sprecher des Kärntner Landeshauptmanns Peter Kaiser (SPÖ) mit den lokalen Behörden vorab nicht abgesprochen. Das sei der Grund für das Chaos, kritisierte der Sprecher.

SPÖ-Kaiser kritisiert Regierung

In einem Ö1-Morgenjournal-Interview sagte Kaiser selbst, gewisse Bereiche seien “kommunikativ jedenfalls verbesserungswürdig”. Nach seinen Angaben stünde in der schriftlichen Verordnung klar drin, dass Durchreisende dazu verpflichtet seien, eine Erklärung vollständig auszufüllen und zu unterschreiben. Die Anordnung des Gesundheitsministeriums haben die lokalen Behörden dann umgesetzt.

Auf die Frage, warum Kaiser erst so spät ins Geschehen eingegriffen habe, sagte dieser, er sei erst um acht Uhr morgens darüber informiert worden. Die Verantwortung habe er laut eigenen Aussagen dennoch “sofort wahrgenommen”.

Auszug aus der Verodnungsänderung über die Durchreise und Einreise nach Österreich.

Nehammer wiegelt ab

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) wiegelte gegenüber der APA ab und schob das Problem auf Behördenengpässe. Er betonte, dass das durch Corona-Kontrollen ausgelöste Stau-Chaos an Grenzübergängen zu Slowenien wegen mangelnder Personalausstattung bei den Gesundheitsbehörden entstanden sei.

Sein Informationsstand sei, dass das Land Kärnten jetzt bereits weitere Kräfte des Bundesheeres angefordert habe, so der Innenminister. Die Polizei könne an den Grenzen nur die Personalien überprüfen. Die Kontrolle von Corona-Formularen müsse seiner Meinung nach hingegen durch Vertreter der Gesundheitsbehörden erfolgen.

“Stichproben hätten eh gereicht”

Die Kärntner Behörden hätten das mit dem Ausfüllen der Formulare besonders ernst genommen, so die Generalsekretärin des Gesundheitsministeriums, Ines Stilling (SPÖ). Sie betonte im Ö1-Morgenjournal, dass Stichproben “eh gereicht” hätten:

„Das ist so, als wenn wir mit dem Auto oder mit dem Bus fahren würden, jeder braucht dafür einen entsprechenden Fahrschein. Dazu sind wir verpflichtet. Das heißt nicht, dass jeder einzelne Passagier kontrolliert werden muss.“

Auf Bundesseite entspreche die stichprobenartige Kontrolle der aktuell geltenden Einreise-Verordnung. Demnach müssen alle Durchreisenden ein Formular ausfüllen, so Stilling. Doch der Verpflichtungscharakter der geänderten Verordnung sorgte für eine Stau-Hölle.

Die Urlauber verloren am Wochenende zum Großteil ihre Nerven. Wie das Nachrichtenmagazin des Bayerischen Rundfunks „BR24“ berichtete, sei ein Autofahrer aus Bayern am Samstag gegen 17:30 Uhr in den Stau geraten und habe erst am Sonntag, also ganze 14 Stunden später, um 7:30 Uhr die Grenze passiert. Er habe sich vor seiner Rückreise aus Kroatien im Internet über die neuen Reise-Formalitäten informieren wollen: “Wir haben das nirgends gesehen“. Zeitweise sei die Stimmung aggressiv gewesen, berichtete er.

Opposition sieht Vertrauen der Bevölkerung in Regierung geschwächt

Nationalratsabgeordneter Gerald Loacker (NEOS) sieht die Verantwortung für den Stau-Wahnsinn beim fehlenden Krisenmanagement von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), aber auch bei Innenmister Karl Nehammer (ÖVP):

„Anstatt an der türkisch-griechischen Grenze völlig unbegründet die Migrationsangst zu schüren, sollte der Innenminister gemeinsam mit dem Gesundheitsminister besser dafür sorgen, dass Menschen nicht stundenlangen im Stau feststecken“,

appelliert Loacker. Es brauche mehr Abstimmung.

Laut FPÖ-Verkehrssprecher Christian Hafenecker hätten Kurz und Anschober nur dabei zugesehen, wie österreichische Familien bis zu 15 Stunden an der österreichisch-slowenischen Grenze gestrandet seien. Hafenecker stelle sich die Frage, ob Kurz „samt grünen Anhängsel“ nicht einfach in die falsche Schreibtischlade gegriffen und irrtümlich jenes Szenario zur Anwendung gebracht habe, das „2015 im Zuge der Flüchtlingskrise angebracht“ gewesen wäre.

„Gestern standen zigtausende Österreicher in Slowenien an der Grenze und durften nicht nach Hause. Bilder sagen mehr als Worte.”

Steiermark macht trotzdem Stichproben

Im Gegensatz zu Kärnten sei es laut Angaben eines Sprechers des steirischen Landeshauptmanns, Hermann Schützenhöfer (ÖVP), in der Steiermark eher friedlich zugegangen. Es wurde kein Stau verzeichnet, sagt der Sprecher gegenüber zackzack. Durchreisende aus Deutschland dürften seinen Aussagen nach hauptsächlich die Autobahn über Kärnten gewählt haben. An den Grenzen würde man dennoch kontrollieren, jedoch stichprobenartig.

(jz)

Titelbild: APA Picturedesk

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