„Weitere Szenen nicht neu“
Das von “oe24” veröffentlichte Protokoll zum Ibiza-Video nahm Strache am Wochenende zum Anlass, sich selbst „freizusprechen“. Doch die “Süddeutsche Zeitung” kontert: die vermeintlich entlastenden Stellen seien nicht neu, man habe darauf konsequent hingewiesen.
Wien, 24. August 2020 | Das am Samstag geleakte Protokoll des Ibiza-Videos gibt laut „oe24“ „spannende Einblicke“ in den Oligarchen-Tango auf der Urlaubsinsel, der die Republik im Mai 2019 zum Beben brachte. Doch neue Erkenntnisse, die Strache und Gudenus entlasten sollen, sieht die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) nicht.
Szenen von „herausragendem öffentlichen Interesse“
„SZ“ und „Spiegel“ hatten sieben Minuten des Videos der Ibiza-Nacht veröffentlicht, auch mit der Begründung, dass diese Passagen „politisch bedeutsame“ Szenen von „herausragendem öffentlichen Interesse“ seien. In der Stellungnahme der „SZ“, die am Sonntag als Reaktion auf die „oe24“-Leaks auf Facebook veröffentlicht wurde, heißt es:
„Dieses öffentliche Interesse ist in Deutschland Voraussetzung dafür, dass Video- und Tonaufnahmen, die ohne Wissen der Beteiligten erstellt worden sind, publik gemacht werden dürfen. Das Video in seiner vollen Länge hätte die SZ demnach nicht veröffentlichen dürfen.“
Damit ist auch gemeint, dass die Veröffentlichung weiterer Szenen den Gesamtkontext nicht in ein völlig anderes Licht gerückt hätte, die Privatsphäre Dritter womöglich durch einige Stellen aber verletzt worden wäre.
„Konsequent und wiederholt“ auf Stellen hingewiesen
Die „SZ“-Chefredaktion erklärte zudem, dass man auf die Stellen vom Samstag konsequent hingewiesen habe. So zum Beispiel, dass Strache 2017 auf Ibiza „betont wiederholt, nichts Illegales tun werde“. Doch damit gebe es keine Entlastung für die Ibiza-Darsteller:
Screenshot des Facebook-Beitrages der “SZ”-Chefredaktion vom Sonntag.
Strache selbst sieht das freilich anders: auf Twitter sprach er von „Manipulation“ und teilte einen Artikel der rechtsliberalen, deutschen Zeitung „Die Welt“, wonach die aufgetauchten Stellen ihn entlasten könnten.
Forderung nach ganzem Video für U-Ausschuss wiederholt
Derweil fordert die Opposition weiterhin vehement die Überreichung des ganzen Videos an den Untersuchungsausschuss. Jan Krainer (SPÖ) sieht allerdings nicht die vermeintliche Entlastung als Problem. Ihm geht es um die Schwärzungen des Protokolls:
„Es ist eine Zumutung, wenn über drei Viertel des Transkripts zensiert sind. Der Verfassungsgerichtshof hat in der Vergangenheit Schwärzungen verboten.“
Seit Juni fordern die Fraktionsführer der Oppositionsparteien die Aushändigung des Videos an den Ausschuss. Stephanie Krisper (NEOS) wehrte sich auch gegen die Argumentation, dies sei rechtlich nicht möglich: der U-Ausschuss könne sehr wohl das Video von Dritten annehmen, die „Verfahrungsordnung schließt das nicht aus“, so Krisper Mitte Juni.
Der Ibiza-Ausschuss wird am 9. September fortgesetzt und hat gleich ein paar „Leckerbissen“ parat: so ist unter anderem auch Wolfgang Sobotka (ÖVP) als Auskunftsperson geladen. Der Ausschuss-Vorsitzende steht aufgrund von Befangenheitsvorwürfen in Kritik. Er selbst hatte sich quasi die Absolution erteilt und im Zuge einer NEOS-Anfrage betont: „Ich bin mit Sicherheit nicht befangen“.
(wb)
Titelbild: Screenshot “SZ”/”Spiegel”, Grafik: zzackzack.