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„Aus Fehlern nichts gelernt“ – Kritik an Allmachtsfantasien der Regierung

Kritik an Allmachtsfantasien der Regierung

Beim heutigen Online-Pressegespräch zerpflückten die NEOS-Abgeordneten Niki Scherak und Gerald Loacker das neue COVID-19-Maßnahmengesetz. Kritisiert wird unter anderem die überbordende Machtbefugnis eines einzelnen Ministers. Auch der Eingriff in die Privatsphäre durch den jeweiligen Bezirksvertreter sei gefährlich. Kritik kam auch von der SPÖ.

 

Wien, 27. August 2020 | In den vergangenen Tagen wurde die Kritik am neuen COVID-19-Maßnahmengesetz lauter. Opposition und Verfassungsexperten meldeten sich zu Wort und zerpflücken den Inhalt. Morgen endet die Begutachtungsfrist. Der früheste Termin zur Abstimmung im Nationalrat wäre Ende September.

Die NEOS sind mit dem derzeitigen Corona-Gesetzesentwurf der Regierung nicht einverstanden. Der Entwurf beinfdet sich in Begutachtung. In einer Stellungnahme fordern sie deswegen Anpassungen, damit nicht erneut so massiv in Grund- und Freiheitsrechte von Menschen eingegriffen werde, sagten der stellvertretende NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak und Gesundheitssprecher Gerald Loacker.

“Anschober überfordert”

Mit Kritik an Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) wurde beim pinken Pressegespräch nicht gespart:

“Dieser Mann ist mit elementaren Führungsaufgaben überfordert”,

wetterte Loacker gegen den Minister und bemängelte, dass dieser durch das vorgesehene Gesetz viele Ermächtigungen erhalten würde.

Er hätte etwa die Möglichkeit, für den gesamten öffentlichen Raum einen Lockdown zu verhängen, kritisierte Scherak. Bereits vor einem Monat kippte der Verfassungsgerichtshof die COVID-19-Maßnahmen. „Man hat aus den Fehlern nichts gelernt“, schimpfte Loacker.

“Das wäre die massivste Ausweitung an Kompetenz für einen einzigen Minister”, wunderte sich der Vize-Klubchef mit Verweis auf die vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) als rechtswidrig eingestufte Verordnungen Anschobers. “Da hat sich der Minister eine Kompetenz herausgenommen, die er schlichtweg nie gehabt hat”, sagte er und ortete den Versuch, dass sich der Gesundheitsminister nun dauerhaft diese Kompetenz sichern möchte. Eine solche Machtfülle sei “irritierend” und deshalb nicht nur politisch abzulehnen, sondern auch verfassungsrechtlich bedenklich.

Mit dem Gesetz würden mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet, außerdem sei es nicht praktikabel, so der Gesundheitssprecher. Die Stellungnahme der NEOS enthält daher auch einige Verbesserungsvorschläge. So brauche es neben einem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine Begründungspflicht für den Minister und eine fortlaufende Evaluierung der Corona-Maßnahmen.

Bei massiven Eingriffen in Grundrechte müsse außerdem das Parlament eingebunden werden.

SPÖ-Yildirim: „Verfassungsdienst soll prüfen“

Auch SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim spart nicht mit Kritik.

„Mit wenigen Wortänderungen ist es der gleiche Vorschlag, der vom Verfassungsgerichtshof bereits gekippt wurde.“

Ähnlich wie die NEOS, fordere sie einen rechtlich festgesetzten Ermessungsspielraum, damit für Beamte der Handlungsraum klar definiert sei. Sie verweist auf die Stau-Hölle in Kärnten.

Die Justizsprecherin könne sich eine Überprüfung des Verfassungsdienstes von Ministerin Edtstadler vorstellen. Dadurch kann verhindert werden, dass die Maßnahmen wie zuvor gekippt werden und verfassungskonform sind.

Eine Überarbeitung des vorgelegten Gesetzesentwurfs nach Ende der Begutachtungsfrist am Freitag fordert auch der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried. “Das neue Corona-Gesetz erhält von den Verfassungsexperten vernichtende Kritik und greift auf höchst problematische Weise – etwa mit der Möglichkeit von Ausgangssperren ohne hinreichend formulierte gesetzliche Kriterien – massiv in die Grund- und Freiheitsrechte der Bevölkerung ein”, teilte er am Donnerstag in einer Aussendung mit.

Es gebe keine gesetzlichen Kriterien für die Ampel, es sei völlig unklar, wer eine Verordnung mit welchem Geltungsbereich erlassen könne und es gebe völlig unklare Bestimmungen beim Datenschutz und der Weitergabe von Kontaktdaten.

“Mit der Verfassung, den Grund- und Freiheitsrechten muss jeder von uns und ganz besonders ein Regierungschef sorgsam umgehen”, forderte Leichtfried Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auf, “sich besser auf seine eigentlichen Aufgaben” zu konzentrieren, anstatt im Rahmen seiner für Freitag angekündigten Erklärung “schon wieder eine große Eigen-PR-Show abzuziehen”.

(apa/mp)

Titelbild: APA Picturedesk

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