Samstag, April 20, 2024

Lukaschenko setzt auf Polizei: Hunderte Demonstranten und Journalisten verhaftet

Lukaschenko setzt auf Polizei

Hunderte Personen wurden gestern in Minsk verhaftet, darunter auch 50 Journalisten. Zudem ließ Putin Lukaschenko ausrichten, dass er „helfen“ werde.

 

Wien/Minsk, 28. August 2020 | Bei den Protesten in Belarus (Weißrussland) gegen den umstrittenen Präsidenten Alexander Lukaschenko sind in Minsk und anderen Städten etwa 260 Menschen festgenommen worden. Das teilte das Menschenrechtszentrum „Wesna“ in der Nacht auf Freitag in Minsk mit. Es veröffentlichte eine Liste mit den Namen aller Festgenommenen.

50 Journalisten vorübergehend eingesperrt

Die meisten wurden demnach am Donnerstagabend in der Hauptstadt von Sicherheitskräften aufgegriffen. Es war die höchste Zahl seit Tagen.

Nach Angaben des belarussischen Journalistenverbandes kamen auch etwa 50 Journalisten, darunter auch Journalisten der „Reuters“-Agentur, vorübergehend in Polizeigewahrsam. Die meisten seien nach einer Überprüfung ihrer Dokumente wieder freigekommen, teilte der Verband mit. Unter ihnen seien auch ausländische Reporter gewesen, darunter eine Korrespondentin der Deutschen Welle. Ein schwedischer Journalist sollte an diesem Freitag ausgewiesen werden.

Friedliche Revolution

In Belarus benötigen Medienschaffende neben einem Visum auch eine Akkreditierung. Die Behörden der Ex-Sowjetrepublik hatten zuletzt Journalisten ohne diese Arbeitserlaubnis bereits am Flughafen in Minsk zurückgewiesen. Dem Journalistenverband zufolge waren am Freitagfrüh noch vier Medienleute in Polizeigewahrsam.

Auch Russland- „Zar“ Putin meldete sich erneut zu Wort. Es sei eine eigene Reserve für den Fall eines Eingreifens gebildet worden, sagte der Kremlchef am Donnerstag dem Fernsehsender Rossija 1. Dies sei auf Bitten von Präsident Alexander Lukaschenko in Minsk erfolgt.

“Ich hoffe aber, dass es nicht soweit kommen wird”, so Putin. Der autoritäre Staatschef in Minsk warf dem Westen indes einen “hybriden Krieg” gegen sein Land vor. Die Lage in der weißrussischen Hauptstadt war angespannter als zuletzt. Was weder Putin noch Lukaschenko sagen: Es ist eine friedliche Revolution, die sich im Land formiert hat. „Wir sind jetzt die Mehrheit“, sagte Sviatlana Tsikhanouskaya aus dem Exil. Tatsächlich: Bilder, die den Westen erreichen, zeigen singende, mit Blumen geschmückte Menschen, gewalttätige Ausschreitungen sind nicht zu sehen.

Lukaschenko kann auf Putin vertrauen

Putin warf dem Westen jedoch eine unzulässige Einmischung in die Angelegenheiten des unabhängigen Landes vor. Russland verhalte sich zurückhaltender und neutraler als viele andere Länder, sagte er und erwähnte die Europäer und Amerikaner. Allerdings hatte sich Lukaschenko Propagandisten von russischen Staatsmedien als Streikbrecher kommen lassen, nachdem eigene Journalisten des Staatsfernsehens ihm den Rücken gekehrt hatten.

Einen Einsatz im Nachbarland werde es aber nur unter bestimmten Voraussetzungen geben, sagte Putin. “Wenn die Situation außer Kontrolle gerät und extremistische Elemente, die sich hinter politischen Parolen verstecken, bestimmte Grenzen überschreiten.” Er listete als Beispiele Raubüberfälle, in Brand gesteckte Autos oder Bankraube auf. Einen “solchen Bedarf” gebe es derzeit aber nicht.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnte Moskau in der “Bild”: “Präsident Lukaschenko und das Regime in Minsk müssen sicherstellen, dass die Menschen von Belarus auch die Zukunft von Belarus entscheiden und bestimmen können.” Es gebe keine Konzentration von NATO-Truppen in der Region, deshalb dürfe Minsk dies auch nicht als Ausrede verwenden, um die friedlichen Proteste niederzuschlagen. Und weiter: “Es ist ganz klar: Wir respektieren die territoriale Integrität von Belarus. Belarus ist ein souveräner und unabhängiger Staat. Und niemand – auch Russland nicht – sollte sich dort einmischen.”

(apa/ot)

Titelbild: APA Picturedesk

LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

Jetzt: Polizeiäffäre "Pilnacek"

Denn: ZackZack bist auch DU!