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Zucker-Geld für Josef Pröll – Agrana: 50 Millionen Dividende und Fabrik-Schließung

Agrana: 50 Millionen Dividende und Fabrik-Schließung

Die Agrana dürfte bald den Standort Leopoldsdorf schließen. Hunderte Jobs gehen verloren, doch 50 Millionen Dividende schüttete der niederösterreichische Zucker-Riese im Jahr 2020 dennoch aus. Richtig dick im Geschäft: die Raiffeisen und Josef Pröll.

 

Wien, 28. August 2020 | Für einen Agrana-Standort wird es eng: Eine der beiden Fabriken in Niederösterreich steht vor der Schließung. Während der Tullner Standort (ÖVP-Gemeinde) nicht gefährdet ist, scheint es die Fabrik in Leopoldsdorf (SPÖ-Gemeinde) zu erwischen. Aktueller Stand: 150 Menschen verlieren ihren Job, weitere 100 Saisonarbeiter sind ihre Tätigkeit los. Mitte November soll es voraussichtlich zu Ende sein, im Sommer schüttete man jedoch noch satte 50 Millionen Dividende aus!

Wo Agrana draufsteht, ist Pröll drin

Wer Agrana sagt, der meint eigentlich Raiffeisen und Josef Pröll. Der ehemalige ÖVP-Vizekanzler ist eine zentrale Figur innerhalb der Aktionärsstruktur von Agrana. Fast alle Fäden führen zwar zur Raiffeisen, aber Josef Pröll hat innerhalb der Agrana-Eigentümer gleich vier verschiedene Posten.

Die komplexe Aktionärsstruktur der Agrana. Kaum ein Faden endet nicht bei der Raiffeisen. Josef Pröll besitzt innerhalb der Eigentümerstruktur vier Posten. Aktuell wird gegen den ehemaligen ÖVP-Chef in der Causa Casinos ermittelt. Es gilt die Unschuldsvermutung. Grafik: ZackZack.

Als Geschäftsführer der Zucker Invest GmbH spricht Pröll auch ein gewichtiges Wort bei der Südzucker AG mit. Im Juli einigte man sich unter den 131 Aktionären der Agrana auf ein Ausschütten der Dividende – ohne eine einzige Gegenstimme (lediglich eine Enthaltung, Anm.). 0,77 Euro je Aktie bekommen die Aktionäre, das sind in etwa 50 Millionen Euro. Die fünf Männer des Vorstandes kassierten 2,1 Millionen Euro Bonus-Zahlungen.

Ende der Selbstversorgung

Die Agrana ist der Zucker-Riese Österreichs. Aktuell könne man den österreichischen Bedarf decken, angesichts einer Fettsucht- und Diabetespandemie ohnehin eine zweischneidige Sache. Wenn Leopoldsdorf schließt, dann müsse Zucker aus Brasilien importiert werden, heißt es von den Bauern. Die Agrana meint dagegen gegenüber ZackZack: „Man kann nicht ständig Minus schreiben im Zuckersegment. Das kann man den Eigentümern nicht zumuten.“ Der Flächenverlust der letzten Jahre sei der Grund der Misswirtschaft.

Der Zucker-Riese schildert in einer Aussendung das End-Szenario: „Aus heutiger Sicht würden die Restrukturierungsaufwendungen im Falle einer endgültigen Schließung bis zu 35 Millionen Euro betragen, wovon bis zu 15 Millionen Euro liquiditätswirksam wären“, schrieb die Agrana in der Mitteilung, 15 Millionen weniger als die heuer ausgeschüttete Dividende.

Rübenbauern gegen Köstinger

Nicht nur für die Arbeiter in der Fabrik und für die rote Gemeinde Leopoldsdorf wäre die Schließung ein schwerer Schlag. Auch die Rübenbauern begehren auf – aber nicht in erster Linie gegen die Agrana und deren Eigentümer, sondern gegen die Politik. Rübenbauernpräsident Ernst Karpfinger kritisierte am Mittwoch, dass Spritzmittel in Österreich verboten, aber etwa in Frankreich erlaubt seien:

„Durch den verstärkten Umstieg vieler Ackerbaubetriebe auf biologische Wirtschaftsweise stellten viele dieser Betriebe den Rübenanbau aus verschiedenen Gründen dauerhaft ein“,

heißt es in einer Aussendung. Man könne ausreichend Rübenanbaufläche bereitstellen, dafür bräuchte es aber weniger biologische Regulierung.

Landwirtschaftsministerin Köstinger kündigte einen runden Tisch an. Stefan Pernkopf (ÖVP), Stellvertreter der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, verlangte schon im Vorfeld ein Bekenntnis, um „Mittel zur Schädlingsbekämpfung“ zur Verfügung zu stellen. Gibt es genügend Rüben, stellt auch die Agrana eine Weiterführung in Aussicht.

Katharina Kucharowits (SPÖ) verlangt die Rettung der Fabrik, gerade weil die ÖVP vorgebe, die regionale Produktion stärken zu wollen: „Regionale Produkte konsumieren, ja, voll dabei und unbedingt. Aber dafür gilt es auch regional zu produzieren. Also: Rettung des Wiener Zuckers in Leopoldsdorf, Herr Bundeskanzler! Denn Wiener Zucker soll nicht aus Brasilien kommen“, schreibt die Abgeordnete auf Twitter.

(ot)

Titelbild: APA Picturedesk

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