Donnerstag, März 28, 2024

A1 spurt erneut: Netz in Minsk down – Jetzt jeden Sonntag?

Jetzt jeden Sonntag?

Wie zuletzt war auch an diesem Sonntag das A1-Netz in Minsk nicht verfügbar. Auf Befehl von Lukaschenko ging man vom Netz, während in Minsk die Panzer anrollten. Die Situation in Belarus verfängt sich weiter, der Diktator gibt nicht nach. Putin steht hinter ihm.

 

Wien/Minsk, 31. August 2020 | Erneuter Shutdown innerhalb des A1-Netzes in Minsk. Während Zehntausende bis Hunderttausende Menschen versuchten, zum Unabhängigkeitsplatz zu marschieren, schickte das Lukaschenko-Regime Panzer, Militär und Spezialkräfte in die Hauptstadt. Die Demonstranten erreichten den Unabhängigkeitsplatz diesmal nicht. Stattdessen drehte man am Nachmittag erneut das Netz ab.

A1 down

Rund drei Stunden war das mobile A1-Internet nicht verfügbar. Erneut räumte A1 Belarus ein, dass dies auf Lukaschenko-Befehl geschah:

„Auf Anordnung der staatlichen Stellen wurde die Bandbreite des mobilen Internets im Raum Minsk reduziert. Dies führt zu einer Verschlechterung der Qualität des Datenübertragungsdienstes oder zu einer vorübergehenden Nichtverfügbarkeit des Dienstes“,

schrieb A1-Belaurs per Twitter. Belarus ist nicht an A1 Belarus beteiligt, sie gehört zu 100 Prozent der A1 Telekom. Diese steht wiederum zu 25 Prozent im Besitz der Republik Österreich. Jeden Sonntag lässt sich damit ein Konzern, der via ÖBAG sogar teilweise in österreichischem Staatsbesitz ist, vor den Karren des Regimes spannen. ZackZack fragte wie schon letzte Woche bei der ÖBAG nach:

„Die Telekom Austria AG sind sich der politischen Rahmenbedingungen und der Thematik sehr bewusst. Wir dürfen Sie bitten, Ihre Anfrage an die Gesellschaft selbst zu richten.“

ÖBAG hält sich raus

ZackZack fragte die ÖBAG, ob man aufgrund des politischen Einsatzes eines teilstaatlichen Konzerns in Belarus Stellung beziehen wolle. Offenbar sieht sich die ÖBAG aber in keiner Weise zuständig, denn jene Antwort übermittelte die ÖBAG schon letzte Woche.

A1 Österreich antwortete ZackZack aber:

„Wir leisten mit unserem Engagement (Geschäft, Anm.) in Weißrussland einen wesentlichen Beitrag zur Zivilgesellschaft, wir ermöglichen der Bevölkerung mit unserem Angebot Anschluss an Westeueropa, ermöglichen Mitarbeitern einen internationalen Karrierepfad und zeigen der Bevölkerung, dass es eine Alternative gibt. Wie in allen anderen Ländern, in denen wir tätig sind, halten wir uns auch in Weißrussland an die dort geltenden Gesetze und Regulatorien.“

Obwohl die friedliche Revolutionsbewegung nicht abflaut, rechnet der Minsker Politologe Waleri Karbelewitsch mit einer neuen Repressionswelle. “Das Anziehen der Daumenschrauben hat schon begonnen”, sagt der 65-Jährige der Deutschen Presse-Agentur in Minsk. Durch Putins Drohung habe der Protest nun keine Perspektive mehr. “Putin schützt das Regime vor allem, weil er Angst hat vor einer Revolution in Belarus, weil das ein schlechtes Beispiel für Russland wäre und abfärben könnte”, meint Karbelewitsch. “Putin bringt das Volk hier gegen sich auf. Dadurch verstärkt sich ein antirussisches Gefühl. Er opfert das alles, um keine Revolution zuzulassen.”

Putin und Lukaschenko

Das spiegelt sich auch im Polizeiaufgebot auf den Straßen der belarussischen Hauptstadt wider. Tagelang hatte sich der Kreml die Proteste gegen Lukaschenko geduldig angeschaut. Doch seit nun wohl “immer wieder sonntags” Hunderttausende protestieren, dürfte die Geduld in Moskau am Ende gewesen sein. Die Revolutionsbilder und der Freiheitsdrang, die auf Russland abstrahlen könnten, kommen dem Kreml höchst ungelegen.

“Dass sich Putin jetzt so äußern muss, zeigt, wie schwach Lukaschenko ist, wie sehr er sein Volk fürchtet”, sagt die Oppositionelle Maria Kolesnikowa in Minsk. Dass Lukaschenko nun dasselbe Russland um Hilfe bitten muss, dem er noch im Wahlkampf vorwarf, es wolle sich Belarus einverleiben, sei eine große Blamage. Andere gehen weiter und meinen, dass Putin nun gezeigt habe, wer der Herr in Belarus ist. Putins Drohung, im Notfall eine Kampfreserve einzusetzen, gilt aber nicht nur als Warnung an die Opposition, sich zurückzuhalten. Es ist auch ein Signal an den Westen, sich nicht einzumischen.

Veränderung?

Am Montag behauptete Lukaschenko, er würde auf die Opposition zugehen. Es gebe jetzt viele Forderungen, das autoritäre System im Land zu ändern, “Veränderungen, Veränderungen”, sagte Lukaschenko am Montag, “deshalb werden wir das erörtern.”

Konkret gehe es um eine Änderung der Verfassung, die von der Gesellschaft getragen werden solle. Staatsmedien in Minsk verbreiteten Eilmeldungen mit der Überschrift: “Lukaschenko für Reformen”. Zehntausende Menschen hatten am Sonntag in Minsk bei Massenprotesten den Rücktritt des 66-Jährigen gefordert.

Kolesnikowa warnte davor, Lukaschenko nach vielen nicht erfüllten Versprechungen in seinem Vierteljahrhundert an der Macht noch zu vertrauen. “Lukaschenko lügt und manipuliert wie seit 26 Jahren”, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Minsk. Auch Politologen erwarten nicht, dass Lukaschenko echte Machtbefugnisse abgeben werde.

(ot/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

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