Für uns, nicht für ihn
Finanzminister Blümel glaubt, dass Leute in Österreich zu wenig über die Finanzmärkte wissen und will deshalb einen Finanzführerschein. Dabei gibt es solche Kurse bereits. Laut SPÖ-Budgetsprecher Jan Krainer gehe es in Wahrheit um die Profitgier der Finanzindustrie.
Wien, 03. September 2020 | ÖVP Wien-Spitzenkandidat Gernot Blümel wartet mit einem neuen Vorschlag auf: Er will einen Finanzführerschein. Aber nicht für sich, sondern für die Bevölkerung. Schon bei seinem Amtsantritt kündigte er an, mehr Menschen an die Aktienmärkte treiben zu wollen. Das würde Uniqa, Raiffeisen, Erste Bank und Co. freuen.
Nun glaubt Blümel, das liege vor allem am Unwissen der Leute. Laut Jan Krainer (SPÖ) habe das aber nicht mit Unwissenheit, sondern mit dem fehlendem Vertrauen in die Kapitalmärkte zu tun.
Blümel will Finanzführerschein
„Ob Herr Blümel diesen Führerschein bestehen würde, weiß ich nicht. Kurse in Finanzwirtschaft würden ihm aber bestimmt gut tun. Bei der ÖVP-Inszenierungspolitik ist das allerdings ohnehin nicht nötig, Blümel und Kurz haben kein Interesse an Inhalt, nur an Inszenierung“,
sagt Jan Krainer zu ZackZack, „Regieren tun andere, Uniqa und Co. Und die Finanzindustrie verdient zu wenig Geld. Sie wollen, dass mehr Menschen am Aktienmarkt teilnehmen, denn die Gebühren sind ihr Geschäft. Und das Großkapital glaubt, der kleine Mann ist nicht an der Börse, weil er zu blöd ist. Aber das ist der eigentliche Blödsinn: Die Leute wissen was Aktien und Dividenden sind, aber sie haben kein Vertrauen in diese Märkte, und das zurecht.“
Krainer verweist auf Finanzskandale, von der Meinl Bank bis zu Wirecard.
Jan Krainer entwickelte sich zum schärfsten Kritiker des türkisen Finanzministers. Beim neuesten Blümel-Vorstoß sieht er den Minister als Strohpuppe der Finanzindustrie. Bild: ZackZack.
Kurse gibt es schon
Schon bei seinem Antritt als Finanzminister im Jänner kündigte Blümel an, „Anreize zu schaffen, damit Menschen ihr Geld auf den Kapitalmarkt“ bringen können. Das würde die Finanzindustrie freuen. Doch kommt es auch auf den Anbieter an:
Die AK Oberösterreich bietet solche Workshops schon seit 2007 an, die Stadt Wien zog in Kooperation mit der Schuldnerberatung und der AK Wien im Februar 2020 nach. In diesem Jahr will man noch die ersten 1.000 Führerscheine an Schüler ausgestellt haben, bereits 16 Schulen nehmen am Programm teil.
Uniqa-Workshop als Finanzbildung?
„Es ist wichtig, dass Jugendliche nicht nur von Banken und Versicherungen über Wirtschaft aufgeklärt werden. Wir versuchen, den jungen Menschen ein breiteres Verständnis von Wirtschaft zu vermitteln, nur mit dem Finanzmarkt ist es nicht getan. Die Jugendlichen sollen die unterschiedlichen Rollen und Interessen, die im Wirtschaftssystem aufeinandertreffen, kennen. Dazu zählen zum Beispiel die Interessen der ArbeitnehmerInnen“,
sagt Nicol Gruber. Sie ist Referentin in der Abteilung Bildungspolitik der Arbeiterkammer Wien.
Wenn Blümel von „Finanzbildung“ spricht, denkt er offenbar an einen „Uniqa-Raiffeisen-Workshop“. Den Finanzführerschein stellte Blümel am Montag so vor: “Derzeit gibt es bei vielen Menschen große Unsicherheiten im Umgang mit Finanzen”. Mit Unsicherheit meint Blümel laut Kritikern “Unwissenheit” – der Industrie folgend. Dass die Menschen den Finanzmärkten nicht mehr vertrauen, daran glaubt Blümel offenbar nicht: „Das ist der Versuch, die Interessen des Großkapitals als Wille des kleinen Mannes zu verkaufen“, fasst Jan Krainer zusammen.
(ot)
Titelbild: APA Picturedesk