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Chaos, Unklarheiten und viel Ärger: Schulbeginn unter Bildungsminister Faßmann

Schulbeginn unter Bildungsminister Faßmann

Der Schulbeginn steht vor der Tür und bringt für Kinder, Eltern und Lehrer viele Fragezeichen und wenig Antworten. Verantwortlich dafür ist Bildungsminister Faßmann. Lehrer und Eltern sind auf sich allein gestellt – und sauer.

Wien, 05. September 2020 | „Heute Nachricht von der Lehrerin, Inhalt: ich weiß nicht, was ich schreiben soll. Am Freitag soll es eventuell Infos geben“, twittert eine betroffene Mutter: Fünf Tage vor Schulbeginn wissen Eltern, Lehrer und Schüler noch nicht, wie der erste Schultag konkret aussehen soll. Auch der Elternbrief von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) und Familienministerin Christine Aschbacher (ÖVP) konnte wenig Klarheit herstellen. Er hinterließ Österreichs Eltern mit dem Gefühl, in Sachen Kinderbetreuung und Covid-Verdachtsfällen völlig auf sich alleine gestellt zu sein. Den Lehrern geht’s nicht anders: Lisa K. (Name von der Redaktion geändert) ist Lehrerin an einer Wiener Volksschule. Auch sie kritisiert die fehlenden Vorgaben:

„Bezüglich Corona gibt es rein gar keine Infos. Vor ein paar Tagen hat mich eine Elternvertreterin gefragt, wie schaut’s eigentlich aus? Ich habe gesagt, ich weiß es nicht.“

Elternvertreter fordern klare Weisungen vom Bildungsministerium

Zahlreiche Eltern sind zufrieden, während viele andere Eltern sauer sind, was den Schulanfang betrifft. Der Grund: Jede Schule handhabt die Kommunikation und die Einbindung der Eltern ins Krisenmanagement anders.

„Es gibt Schulen, wo es funktioniert: Wo Eltern ins Krisenteam einbezogen sind, wo alles läuft. Dann gibt’s Schulen, wo die Direktionen dies nicht für notwendig erachten“,

fasst Elisabeth Rosenberger, Präsidentin des Bundeselternverbands, die Situation im Gespräch mit ZackZack zusammen. Sie fordert klare Weisungen durch das Bildungsministerium hinsichtlich Einbindung der Eltern ins Krisenmanagement:

„Uns ist die Formulierung zu weich. Die Schulen „können“ „nach Möglichkeit“ – nein, sie müssen Eltern mit einbeziehen, weil Eltern brauchen diese Sicherheit.“

Rosenberger kritisiert darüber hinaus weitere „zahlreiche Unklarheiten“, mit denen Eltern konfrontiert seien – darunter die fehlende Versicherung von Kinderbetreuung, auch wenn die Ampel auf Rot stehe oder der vom Bildungsminister im Elternbrief erwähnte Sonderpflegeurlaub, auf den kein Rechtsanspruch bestehe.

Lehrergewerkschaft: Vorgaben des Ministers „realitätsfremd“

Auch von Lehrerseite kommt scharfe Kritik, was mangelnde Klarheit in Sachen Vorgaben durch den Bildungsminister betrifft:

„Was das Ministerium geliefert hat, sind „Möglicherweise-Vorgaben“ – die Maßnahmen decken aber nicht das ganze Schulleben ab“,

so Thomas Bulant, stellvertretender Vorsitzender der Pflichtschullehrer-Gewerkschaft. Die Vorgaben, die es gebe, ließen die Schulen auf unlösbaren Problemen sitzen: So muss ein Kind bei Covid-19-Verdacht sofort isoliert werden – das Arztzimmer darf dazu allerdings nicht genutzt werden: “Es gibt kaum Räumlichkeiten, die frei sind: Ich kann ein Kind ja nicht ins WC sperren. Wo soll ich mit dem kranken Kind hin?Vieles sei nicht durchdacht, so Bulant, und das Ministerium führe mit Lehrer- und Elternvertretern kaum mehr Gespräche. Der Lehrergewerkschafter ist enttäuscht:

„Sozialpartnerschaft gehört nicht mehr zum Kommunikationsrepertoire der Regierung, das merkt man auch an den realitätsfremden Verordnungen des Ministers.“

Keine Begabungsförderung, aber Religionsunterricht: Ideologische Hintergründe bei Regelungen?

Die „epidemiologische Einheit“ der Klasse sollte gewährleisten, dass unter den Schülern verschiedener Klassen kein Kontakt besteht. Wichtiger Unterricht wurde an Lisa K.‘s Schule einfach gestrichen: Im September gebe es keine Begabungsförderung und “keinen Sonderunterricht für Schwächere”, so K.

Thomas Bulant wiederum zeigt auf, dass in manchen Unterrichtsfächern Schüler sehr wohl bunt und klassenübergreifend durcheinandergemischt werden – darunter der Religionsunterricht oder die vom Ministerium vorgeschriebenen Deutsch-Förderklassen:

„Wenn das Ministerium seine eigenen Vorgaben ernst nimmt, müsste es auf integrative Sprachförderung, also Sprachförderung innerhalb der eigenen Klasse, umstellen.“

so Bulant im Gespräch mit ZackZack. Bulant vermutet, dass es aus politisch-ideologischen Gründen keine Einschränkungen beim Religionsunterricht gibt. Er fordert klare Vorgaben, und dass das Ministerium über den „eigenen ideologischen Schatten“ springen solle.

Bildung nicht viel wert

Die Lehrergewerkschaft fordert ein umfangreiches Testprogramm für alle 120.000 Lehrer in Österreich: Diese sollten in der kalten Jahreszeit bis Februar zweiwöchentlich auf Covid-19 getestet werden. Das würde einen klaren Überblick über die Situation in Österreich ergeben, so Thomas Bulant, und das Ministerium 90 Miliionen Euro kosten:

„Das muss doch möglich sein, in Zeiten, wo es heißt, koste es, was es wolle“,

doch das sei die Regierung nicht bereit, zu zahlen:

„Für den Tourismus werden 150 Millionen veranschlagt. Die Schule und Bildung ist der Regierung nicht so viel wert.“

Lisa K.‘s Schule habe im Vergleich zum Vorjahr zweieinhalb Lehrstellen weniger, auch sie kritisiert an allen Ecken und Enden fehlende Mittel und fühlt sich im Stich gelassen:

„Wir haben Null Unterstützung, weil alles eingespart wurde.“

(lb)

Titelbild: APA Picturedesk

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