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Vor Sobotka-Showdown im U-Ausschuss: ÖVP-Nerven liegen blank

Morgen tagt wieder der Ibiza-U-Ausschuss. Mit dabei: Wolfgang Sobotka (ÖVP), diesmal aber nicht als Vorsitzender, sondern als Auskunftsperson. Es geht auch um seine mögliche Befangenheit. Ausgerechnet am Tag vor seiner Befragung trudelt das geschwärzte Ibiza-Video herein. Die Opposition sieht das als Ablenkungsmanöver und ortet einen türkisen „Affentanz“.

 

Wien, 08. September 2020 | Morgen beginnt die neue Sitzungsrunde des Ibiza-Untersuchungsausschusses, doch schon im Vorfeld geht es heiß her. Dass ausgerechnet einen Tag vor der Befragung von Wolfgang Sobotka das Ibiza-Video von der Oberstaatsanwaltschaft an den Ausschuss übermittelt wurde, stört die Opposition.

Sobotka: vom Rambock zum Stolperstein

Denn die Tatsache, dass der eigentliche Vorsitzende des U-Ausschusses plötzlich als Auskunftsperson Rede und Antwort stehen muss, ist für die ÖVP heikel. Fraktionsführer Wolfgang Gerstl versucht deshalb vehement, dass der U-Ausschuss den Fokus nicht auf die türkisen Ibiza-Verstrickungen – von CASAG, über Novomatic, bis hin zu Schredderaffäre – legt. ÖVP-Fokus: das Video und die FPÖ. Gerstl finde die Kritik der Opposition “befremdlich”. Das hat Gründe.

ZackZack berichtete am Wochenende über das Netzwerk Sobotkas im niederösterreichischen Wohnbau. Besonders interessant für den Ausschuss: die Rolle des Alois-Mock-Instituts. Etwa die Frage nach möglichen verdeckten Parteispenden über das Institut, dem Sobotka als Präsident dient, könnte in jedem Fall vom Untersuchungsgegenstand erfasst sein.

Sobotka und der NÖ-Wohnbau. Grafik: ZackZack.

Jan Krainer, Fraktionsführer der SPÖ, will genau hinschauen:

„Es gibt Vereine, die am Parteienfinanzierungsgesetz vorbei agieren. Ein solches ist das Alois-Mock-Institut.“

Sobotka behaupte aber, das Mock-Institut habe nichts mit der ÖVP zu tun. „In Wahrheit ist der Verein aber der Prototyp eines ÖVP-Vereins“, so Krainer.

Die Novomatic und der Ausschuss-Vorsitzende

Besonders brisant dürften für Sobotka und die ÖVP Fragen zur Novomatic werden. ZackZack berichtete umfassend über Dokumente und Chats, wonach Sobotka zweimal zur Novomatic eingeladen war und Präsident Johann Graf persönlich getroffen hatte. Mit dabei: Sobotkas Ex-Sprecher Bernhard Krumpel, zum damaligen Zeitpunkt Novomatic-Sprecher. Er und Graf sind Beschuldigte im Casino-Strafverfahren, es gilt die Unschuldsvermutung. Beide sind für morgen geladen.

Im März 2019 traf Sobotka zunächst Ex-Mitarbeiter Krumpel und Novomatic-Aufsichtsratschef Oswald, dann Eigentümer Graf.

Notiz des zweiten Treffens von Sobotka und Graf am 9. Juli – mitten im Wahlkampf.

Was hat Sobotka mit Graf besprochen, und zwar einmal vor und einmal nach der Auflösung des Nationalrats? War Sobotka die enge geschäftliche Beziehung zwischen Krumpel, FPÖ-NR Markus Tschank und FPÖ-CASAG-Kandidat Peter Sidlo bekannt? Das will auch Stefanie Krisper, Fraktionsführerin der NEOS, wissen.

„In den nächsten Tagen wird es darum gehen, die Frage eines Einflusses der Novomatic auf die Politik zu klären.“

Wolfgang Sobotka dränge sich als Auskunftsperson auf, denn immerhin gebe es klar dokumentierte Treffen und Verbindungen. Möglichen Verflechtungen, auch via Ex-Sprecher Bernhard Krumpel, gelte es laut Krisper nachzugehen.

Dass Graf kommen wird, ist mehr als fraglich. Sein Anwalt ließ bereits ausrichten, er werde krankheitsbedingt fehlen. Wie die „Krone“ berichtete, hatte Graf noch am 19. August immerhin drei Stunden Zeit, in einem Wiener Nobellokal pompös mit Zigarrenverkostung zu feiern – genauso lange, wie in etwa die Befragung dauern würde.

Nebenschauplätze: Novomatic klagt Krainer, Farce um Ibiza-Video

Jan Krainer hat indes mit einer Klage wegen angeblicher Kreditschädigung zu kämpfen. Absender: die Novomatic. Der Glücksspielkonzern reibt sich an der Behauptung Krainers über eine “schmutzigen Deal” mit der ÖVP. Gegenüber ZackZack sagte er: „Es gibt unbestrittene Fakten. Die Novomatic ging gemeinsam mit der ÖVP gegen Sazka vor, damit die ÖVP die Kontrolle über die Casinos behält. Es ist ebenso ein Fakt, dass das Finanzministerium an einer Änderung des Glücksspielgesetzes gearbeitet hat, genau nach den Novomatic-Vorstellungen.“ Als Politiker müsse er genau solche Bewertungen vornehmen.

Derweil übten am Dienstag alle Oppositionsfraktionsführer Kritik am Timing der Video-Übermittlung: ausgerechnet einen Tag vor der Sobotka-Befragung rückte die Oberstaatsanwaltschaft Teile des Ibiza-Videos als Abschrift raus. “Das ist ganz sicher reiner Zufall”, sagte Krainer ironisch. Auch für Krisper ist das Timing “besonders auffällig” und “absurd”, sagte die NEOS-Politikerin laut APA. Krainer sieht einen „Affentanz“ und hält die Video-Posse für ein Ablenkungsmanöver der ÖVP. So sieht das auch die FPÖ: „Die ÖVP und das von ihr kontrollierte Innenministerium spielen seit dem Auffinden des Videos im April Katz und Maus mit dem Parlament”, so Hafenecker in einer Aussendung.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk

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