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Alpen-Salvini lässt Moria-Kinder im Stich – Nehammer stellt Grüne bloß

Nehammer stellt Grüne bloß

Die ÖVP bleibt auch nach den Horrorszenen im Hoffnungslos-Camp Moria bei ihrer rechten Linie: keine Aufnahme von Geflüchteten aus Griechenland, heißt es. Man wolle vor Ort unterstützen, doch bisher zahlt man mickrig in die UN-Programme ein. Die Grünen geben sich schockiert, können aber wohl nichts ändern.

 

Wien, 10. September 2020 | Innenminister Karl Nehammer interessiert sich laut ersten Statements im Angesicht der Flammenhölle von Moria nicht besonders für die Schutzsuchenden. Der „Alpen-Salvini“ konzentriert sich vor allem darauf, die Botschaft „krimineller Energie“ möglicher Brandleger in den Medien zu platzieren.

Dabei ist die Ursache weiterhin ungeklärt. Die Menschen harren derweil hoffnungslos auf den Straßen aus, weil ihnen die griechischen Behörden Barrikaden aufgestellt haben. Nehammer unterstützt das. So sprach er gestern von “Angriffen auf Polizisten”.

Die Gewalt der Anderen

Der ÖVP-Rammbock hat auch schon einen Schuldigen gefunden: “Gewalt ist kein Mittel für den Eintritt in Europa. Gewaltbereite Migranten haben keine Chance auf Asyl in Europa.” Diese Menschen “haben die Katastrophe bewusst ausgelöst und damit Menschenleben gefährdet”.

Dabei griff er in einem Tweet in die Pauschal-Kiste und stellte gleichsam alle Geflüchteten unter Generalverdacht:

Österreich werde keine Migranten aus Griechenland aufnehmen, vor Ort wolle man aber unterstützen, so Nehammer weiter in seiner Stellungnahme. Wie mickrig der Beitrag der Bundesregierung für derartige Vor-Ort-Hilfen aussieht, hat ZackZack heute aufgezeigt: gerade einmal 25 Cent beträgt der Pro-Kopf-Beitrag Österreichs beim so wichtigen UN-Welternährungsprogramm, das bei der Wurzel der Flucht ansetzen will. Nehammer schob zudem die Verantwortung auf das heillos überforderte Griechenland: da die griechische Regierung keine „Aufnahme von Migranten verlangt“ habe, plane man auch keine.

“Jede Bewegung weg von den Inseln wird von der Türkei und den Schleppern ausgenutzt”, warnte Nehammer, der erst vor zwei Wochen Griechenland PR-tauglich besucht hatte. Experten kritisieren, dass die Rettung von einigen hundert Kindern nichts mit Schlepperei zu tun habe. Es gebe keine Belege für den von Kurz in den Raum gestellten “Pull-Faktor”, sagte ein Experte dem Kanzler in “krone.tv”.

“Unsere Linie bleibt unverändert”, versicherte auch Außenminister Schallenberg, der dafür in den sozialen Medien einen Shitstorm kassierte. Einige Mal hieß es: „Schreibtischtäter“.

ÖVP lässt Kinder im Stich, Grüne verzweifelt

Selbst bei den Kindern bleibt die ÖVP hart: diese würden von der Insel Lesbos, auf der das Camp Moria liegt, aufs griechische Festland gebracht. Doch der große Rest bleibt unweit des abgebrannten Lagers der Hoffnungslosigkeit. Wie es mit den Kindern nach der Umsiedelung weitergeht, ist nicht klar. Die Stadt Wien hat sich auf Grundlage eines NEOS-Antrags und der Zustimmung von Rot-Grün dazu bereit erklärt, 100 Kinder aufzunehmen. Unter den tausenden Kindern von Moria – vor einer ersten Übersiedelungsaktion aufs Festland waren es im Frühsommer noch knapp 8.000 – befinden sich hunderte unbegleitete Minderjährige.

Grünen-Umweltministerin Leonore Gewessler äußerte sich derweil anderslautend als ihr Koalitionspartner:

“Die Bilder aus Moria machen tief betroffen”,

meinte sie am Rande des Ministerrats.

Europas Schande: die Flammenhölle von Moria. Bild: APA Picturedesk.

Es sei “ein Gebot der Menschlichkeit”, dass es nun rasch EU-Unterstützung gebe und das Lager evakuiert werde. Die Position der Grünen sei klar und man führe auch entsprechende Gespräche bezüglich Aufnahme. Dass diese erfolgreich sein werden, ist allerdings aufgrund der Linie der ÖVP unwahrscheinlich. Sozialminister Anschober betonte ebenfalls, dass es Gespräche gebe. Tenor der Grünen: die EU muss handeln, denn Türkis-Grün befindet sich im Patt, die ÖVP scheint sich durchzusetzen.

Zahlreiche Vertreter von SPÖ und NEOS forderten neben den Grünen die Aufnahme Schutzsuchender. Auch NGOs und kirchliche Einrichtungen sprachen sich dafür aus.

Unterdessen kündigte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron einen Vorstoß mit Berlin an. Man wolle mit der Merkel-Regierung einen Plan ausarbeiten, um Minderjährige rasch aufzunehmen. „Wir müssen mit Griechenland solidarisch sein“, sagte der 42-Jährige.

(wb/apa)

Update: 10.09., um 13:41 Uhr

Titelbild: APA Picturedesk

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