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Grüne: An ihren Taten sollt ihr sie erkennen!

Kommentar

Nicht einmal ein paar Kinder. Die ÖVP weigert sich, auch nur einen einzigen Menschen aus dem Elend zu holen. Und die Grünen müssen das mitmachen. Oder? Kommentar von Thomas Walach

Wien, 14. September 2020 | Die Grünen galten seit ihrer Gründung als die Menschenrechtspartei schlechthin. Was mussten ihre Vertreter sich von rechten Schreihälsen nicht alles an Beleidigungen anhören, weil sie stets dafür einstanden, dass Menschen in Not – vor allem Flüchtlingen – geholfen werden muss. Das ist nun vorbei.

Tür zu

Der aktuelle Kurs der Bundesregierung ist härter als jemals zuvor, ÖVP-FPÖ-Koalitionen eingeschlossen. Zur Erinnerung: Werner Faymann wurde am 1. Mai ausgebuht, weil er die Flüchtlinge, die 2015 nach Österreich kamen, wenigstens geordnet einreisen und registrieren lassen wollte – das berüchtigte „Tür‘l mit Seitenteilen“.

Solche Sorgen hat Türkis-Grün nicht. Die lassen einfach gar keinen rein. Keine Tür, keine Seitenteile, nur das Elend, in dem die Flüchtlinge verrecken sollen. Auf Lesbos heißt es mittlerweile: Tränengas statt Trinkwasser. Das ist sogar der „Bild“, das ist sogar „Jeannée“ zuviel. Nur den Grünen ist es nicht zuviel. Wie kann das sein?

Bei den Grünen gibt es derzeit zwei Gruppen. Die einen wollen regieren. Dafür ist ihnen kein Preis zu hoch, auch nicht das Leid der Flüchtlinge. „Regieren“ heißt hier übrigens nicht „gestalten“, sondern „Posten haben“. Denn alle Grünen geben zu, dass allein die ÖVP den Kurs bestimmt.

Eine zweite Gruppe klammert sich an die verzweifelte Selbsttäuschung, dass die Grünen durch ihre Regierungsbeteiligung Schlimmeres verhindern. Wenn nicht wir mit der ÖVP regieren, dann tut es die FPÖ, sagen sie. Na und?

Die FPÖ-Positionen stehen im Regierungsprogramm

Schon bei den Regierungsverhandlungen haben sich die Grünen von der ÖVP fürchterlich über den Tisch ziehen lassen. Türkisgrüne Position im gemeinsamen Regierungsprogramm ist: „Mechanismen zur Verteilung von Migranten/Asylwerbern innerhalb der EU sind gescheitert. Österreich setzt daher keine Initiativen in Richtung Verteilungsregeln.“

Grünen-Abgeordnete wie Ewa Ernst-Dziedzic oder Michel Reimon zeigen Engagement in der Flüchtlingsfrage. Aber sie stimmen im Parlament nicht gegen die ÖVP. Bild: APA Picturedesk

Im Regierungsprogramm steht auch: „Wer an der EU-Außengrenze bei der illegalen Einreise gestoppt wird, wird versorgt und unter Einhaltung des Völkerrechts und der Genfer Flüchtlingskonvention in sein Herkunfts- oder das Transitland oder einen sicheren Drittstaat zurückgebracht.“ Da Österreich von „sicheren Drittstaaten“ umgeben ist, und Österreich eine Verteilung innerhalb der EU ablehnt, bedeutet das: Türkisgrün will keinen einzigen Flüchtling aufnehmen.

Das ist exakt die Position der FPÖ zur europäischen Flüchtlingspolitik.

Wie viele Flüchtlinge weniger als Null könnte eine Türkisblaue Koalition aus Moria holen? Stattdessen heißt es nun „Hilfe vor Ort“. Das ist jene Politik, die ÖVP und FPÖ im Wahlkampf propagiert hatten. Die Grünen, namentlich Werner Kogler, waren dagegen Sturm gelaufen. Nun ist es auf einmal ein Erfolg, wenn die rechtestmögliche Politik umgesetzt wird, nur eben von Grün. Greenwashing nennt man das.

Die „Hilfe vor Ort“ als PR-Stunt

Die „Hilfe vor Ort“ ist übrigens eine Farce. Der Auslandkatastrophenfonds wird aufgestockt. Das bedeutet schlicht: Das Außenministerium bekommt eine Budgeterhöhung. Dass nur ein einziger Euro aus dem Fonds nach Griechenland geschickt wird, ist nämlich nicht gesagt. Wie die Mittel verwendet werden, entscheidet die gesamte Regierung. Und dort können sich die Grünen bekanntlich nicht durchsetzen. Österreich gibt weniger für Entwicklungshilfe aus, als die Bundesregierung für Zeitungsinserate. Selbst wenn Türkis-Grün die Mittelt verdoppelt, verdreifacht – es ist lächerlich wenig.

Nicht einmal die 10 Sanitäter, die Österreich angeblich nach Lesbos schickt, gibt es in der Form wirklich. Tatsächlich halten sich 10 Sanitäter bereit, falls sie von der griechischen Regierung angefordert werden. Was für ein schlechter Witz! Glauben die Grünen wirklich, in ganz Griechenland ließen sich keine 10 Sanitäter für Moria auftreiben und Griechenland müsste ausgerechnet Österreich darum bitten?

Grüne Krokodilstränen

Viele Grüne, darunter zum Beispiel die Abgeordneten Michel Reimon oder Ewa Ernst-Dziedzic, haben in den letzten Tagen viel Engagement gezeigt. Wer sie kennt, weiß: Ihnen ist es ein echtes Anliegen, den Menschen auf Lesbos zu helfen. Dennoch halten sie Kurz eisern die Treue. Sie machen zwar Fotos mit Flüchtlingskindern und kritisieren in Talkrunden den Kurs der Regierung – aber wenn es ans Abstimmen geht, tragen sie genau diesen Kurs mit.

Tatsache ist: Die Grünen machen bereits die Politik der FPÖ. Die Ausrede „wenn nicht wir, dann Kickl“ zählt also nicht. Bleibt als Motiv für den Rechtsruck der Grünen nur die Angst, aus der Regierung zu fliegen, wenn sie Kurz zu sehr auf die Nerven gehen. Das ist seltsam. Die Grünen sagen doch selbst, dass ihnen die Hände gebunden sind und die ÖVP alles entscheidet. Wozu dann also regieren? Es wird doch nicht um die paar Posten gehen, oder?

Titelbild: APA Picturedesk

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