Dienstag, März 19, 2024

Gernot Blümel will nicht, dass du dieses Posting siehst

Der österreichische Schriftsteller Robert Menasse sorgt aktuell für große Aufregung im Netz. Unter einem Video von ÖVP-Wien-Kandidat Gernot Blümel nimmt Menasse die ÖVP auseinander: „So gut wie alles, was Wien heute so lebenswert macht hätte es mit ÖVP-Regierung nicht gegeben.“ Am Donnerstagvormittag war das Posting plötzlich weg.

 

Wien, 24. September 2020 | Robert Menasse, bekannter österreichischer Schriftsteller, demontierte die ÖVP am Donnerstag. Unter einem Facebook-Beitrag des Finanzministers und ÖVP-Wien-Spitzenkandidaten Gernot Blümel kommentierte Menasse ausführlich. Er schilderte den Nutzern, was alles in Wien durch die ÖVP verhindert worden wäre, wäre die ÖVP in Wien eine führende Kraft. Blümels Social Media-Team gefiel die Kritik scheinbar gar nicht. Der Kommentar Menasses ist mittlerweile verschwunden. Es gilt als wahrscheinlich, dass der Kommentar von der Volkspartei gelöscht wurde.

User posten Menasse-Kommentar unter Blümel

Die User wehren sich jedoch gegen den gelöschten Kommentar. In Massen posten Nutzer unter Beiträgen von Blümel den Kommentar des Schriftstellers.

Menasse schießt sich besonders auf den Wahlspruch Blümels ein: „Wien wieder nach vorne bringen“. Menasse möchte klare Antworten von Blümel, wann dieses „vorne“ denn gewesen sein soll:

„Meinen Sie die Zeit VOR dem roten Wien, als die Stadt einen antisemitischen Bürgermeister hatte, von dem Hitler lernte? Können Sie sich bitte konkret ausdrücken?“

So sieht die Kommentarsektion bei Gernot Blümel momentan aus

Screenshot: Facebook

Was alles mit ÖVP nicht möglich gewesen wäre

Menasse zählt auf, was mit einer ÖVP-Beteiligung in Wien alles nicht möglich gewesen wäre:

„Es gäbe keine Fußgängerzonen (ich erinnere mich, wie die ÖVP schon gegen die erste Fußgängerzone, am Graben, mobilisiert hat), es gäbe keine U-Bahn (ich erinnere mich, wie die ÖVP gestänkert hat, dass mit der U1 jetzt Proleten in 10 Minuten in die City kommen können…), es gäbe keine Donauinsel (ich erinnere mich, wie die ÖVP dagegen mobilisiert hat, zum Glück hilflos!), es gäbe keine UNO-City und kein Konferenz-Zentrum (die ÖVP hat ein Volksbegehren gegen Wien als Internationale Metropole gestartet), und es gäbe keine Stadterneuerung.“

Auch Blümels Performance als Finanzminister kritisiert Menasse scharf. Auffällig sei Blümel nur gewesen, als er sechs Nullen vergaß oder nicht imstande war, ein EU-Formular korrekt auszufüllen.

Menasse schließt ab mit: „Ich empfehle Ihnen zu schweigen.“

Der gesamte Menasse-Post im Wortlaut:

Lieber Gernot Blümel, was meinen Sie mit “Wien wieder nach vorne zu bringen”? Was ist “vorne”? Wo ist dieses “vorne”? Wieso “wieder”? Das bezieht sich offenbar auf die Geschichte der Stadt – wann war Ihrer Meinung nach Wien “vorne”, und daran müsse man nun “wieder” anschließen? Meinen Sie Zeit VOR dem roten Wien, als die Stadt einen antisemitischen Bürgermeister hatte, von dem Hitler lernte? Können Sie sich bitte konkret ausdrücken?
Ich möchte Sie an Folgendes erinnern: So gut wie alles, was Wien heute so lebenswert macht und international bewundert und von den Wienern geliebt wird, hätte es mit Christdemokratischer bzw ÖVP-Regierung nicht gegeben: Gemeindebauten, sozialer Wohnbau (und dadurch immer noch einigermaßen leistbares Wohnen), denn Christdemokraten haben nie gezeigt, dass sie in Wien bauen können oder wollen, sie haben nur gezeigt, dass sie in Gemeindebauten hineinschießen, weiters: es gäbe keine Fußgängerzonen (ich erinnere mich, wie die ÖVP schon gegen die erste Fußgängerzone, am Graben, mobilisiert hat), es gäbe keine U-Bahn (ich erinnere mich, wie die ÖVP gestänkert hat, dass mit der U1 jetzt Proleten in 10 Minuten in die City kommen können…), es gäbe keine Donauinsel (ich erinnere mich, wie die ÖVP dagegen mobilisiert hat, zum Glück hilflos!), es gäbe keine UNO-City und kein Konferenz-Zentrum (die ÖVP hat ein Volksbegehren gegen Wien als Internationale Metropole gestartet), und es gäbe keine Stadterneuerung (die ÖVP wollte, dass Hauseigentümer abreißen und demolieren können, wenn es Spekulantenprofit verspricht), und und und und – und Sie, Herr Blümel, wagen es, Wien schlecht zu machen und glauben im Ernst, dafür gewählt zu werden? Sie, als Vertreter einer Partei, die, zum Glück erfolglos, die Entwicklung Wiens zu einer lebenswerten und bunten Metropole bekämpft hat, wollen Wien in ein “vorne” bringen, das Sie selbst nicht genauer definieren können, das aber nach allen Erfahrungen mit Ihrer Partei näher beim Mittelalter ist als bei den Bedürfnissen der Zeitgenossen. Als Finanzminister wurden Sie auffällig als einer, der sechs Nullen vergisst. Dann waren Sie nicht imstande, ein EU-Formular korrekt auszufüllen. Ich empfehle Ihnen zu schweigen.
Passt in diesem Fall besonders gut zu Mag. phil Blümel: Si tacuisses, philosophus mansisses.
Für alle Nichtlateiner: Soll heißen: Hättest du geschwiegen, wärst du Philosoph geblieben.
Danke Robert Menasse!

(bf)

Titelbild: APA Picturedesk

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