Donnerstag, April 25, 2024

Neues Corona-Gesetz – Ausgangssperren wieder möglich

Ausgangssperren wieder möglich

Am Mittwoch beschloss der Nationalrat mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und SPÖ das neue Corona-Gesetz. Die NEOS sehen zu viel Macht für den Gesundheitsminister. Die SPÖ sieht hingegen durch die von ihr eingebrachten Veränderungen eine Verbesserung zum umstrittenen Entwurf.

 

Wien, 24. September 2020 | Schon im Vorfeld erhitzte das Covid-Maßnahmengesetz die Gemüter. Am Mittwoch kam es im Parlament zum Höhepunkt. NEOS und FPÖ wehrten sich vehement gegen die von der Regierung und der SPÖ beschlossene Novellierung. Nach zwei Begutachtungsverfahren, über 16.400 Stellungnahmen und einem Expertenhearing wurden die Novellen zum Epidemie-, Tuberkulose- und COVID-19-Maßnahmengesetz nun im Parlament mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und SPÖ beschlossen.

Ampel-Gesetz mit Lockdown-Perspektive

Das neue Gesetz räumt den Behörden der Bundesländer mehr Macht ein. Es wird gesetzlich festgelegt, dass sie – etwa im Zuge einer Ampelschaltung – schärfere Regeln als vom Bund vorgesehen einführen können. Künftig werden Coronavirus-Tests auch bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten möglich sein. Mit 30. Juni 2021 soll das Gesetz wieder außer Kraft treten. Bis dahin wäre eine Ausgangssperre (also ein sogenannter “Lockdown”) rechtlich wieder möglich, die Verordnungen vom März wurden bekanntlich durch den Verfassungsgerichtshof gekippt. Die Maximallänge eines solchen Lockdowns sind, jedoch auf 10 Tage begrenzt.

Jedoch kann durch eine Verordnung der Bundesregierung – „sofern dies aufgrund der epidemiologischen Situation unbedingt erforderlich ist“ – das Gesetz bis maximal 31. Dezember 2021 verlängert werden. Die Verordnung hierzu muss durch den Hauptausschuss des Nationalrats. Diesen Punkt reklamierte die SPÖ in den Verhandlungen mit ÖVP und Grünen hinein, zuvor hatte das neue Corona-Gesetz den Anschein eines Ermächtigungsgesetzes.

NEOS sehen zu viel Macht für Anschober

Vor allem die NEOS kritisierten, dass der Gesundheitsminister Rudolf Anschober durch das Gesetz „zu viel Macht in die Hand gegeben werde“. Kritik gab es etwa von NEOS-Verfassungssprecher Nikolaus Scherak. Dieser befürchte, dass „auf Basis der Betretungsverbote, über die Hintertür wieder ein Lockdown verordnet werden kann.“  Scherak spricht darauf an, dass Anschober gemeinsam mit einem Bezirkshauptmann Betretungsverbote aussprechen kann. Verfassungsrechtliche Bedenken wurden von den NEOS ebenfalls des Öfteren geäußert.

Der Gesundheitssprecher der NEOS, Gerald Loacker, schoss in dieselbe Richtung:

“Keiner macht ein Gesetz, dass Ausgangssperren regelt, wenn er nicht Ausgangssperren plant. Dem Gesundheitsminister, der ein halbes Jahr bewiesen habe, dass er keine Verordnung ´gescheit auf die Reihe kriegt´, werden so weitreichende Kompetenzen in die Hand gegeben, dass er sogar die Benutzung von Privat-PKW verbieten oder Straßensperren verhängen könne.“

Die Justizsprecherin der SPÖ, Selma Yildirim,  zeigt sie sich zufrieden, dass der Absatz zu möglichen Hausdurchsuchungen bei Anwälten und Journalisten konkretisiert wurde und „das Berufsgeheimnis nun auf Drängen der SPÖ gewahrt wird“, meint Yildirim gegenüber ZackZack. Wie die Behörde das Gesetz letztlich exekutiert, wird sich dann aber ohnehin erst zeigen.

Auch Yildirim sieht Eingriffe in Grundrechte kritisch

Ursprünglich war vorgesehen, dass die Behörde bei abgesonderten Personen erst nach 4 Wochen Quarantäne die Gerichte verständigen muss. Dieser Lapsus wurde auf 10 Tage verkürzt. Die Regierung argumentiert die Übergehung der Gerichte mit dem enormen Verwaltungsaufwand, mit dem sich die Justiz konfrontiert sehen würden. Dass die Regelung nun zumindest nur für bis zu 10 Tagen und nicht für 4 Wochen gilt, ist für Yildirim eine Verbesserung, „trotzdem sehe ich diesen Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte sehr kritisch.“

Sie fragt sich zudem, warum man keine „digitalen Möglichkeiten“ schaffe, um die Gerichte bei Quarantänebescheiden zu entlasten.

„Ganz grundsätzlich sollte man der Justiz mehr Mittel zur Verfügung stellen. Wenn sie diese elementaren Aufgaben nicht mehr erfüllen kann, läuft etwas falsch.“

Ob das Gesetz nun verfassungskonform ist? „Das entscheidet der Verfassungsgerichtshof, ich kann das nicht eindeutig sagen”, sagt Yildirm abschließend zu ZackZack.

(bf)

Titelbild: APA Picturedesk

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