Samstag, März 16, 2024

Desinformation im Agententhriller – Über die Gefährdung, die keine sein soll

Über die Gefährdung, die keine sein soll

Ein Agent des türkischen Geheimdienstes stellt sich dem Verfassungsschutz und sagt, er habe einen Mordauftrag gegen eine österreichische Politikerin. ZackZack berichtet exklusiv. Danach beginnt der Agententhriller groteske Wurzeln zu schlagen. Tenor in einigen Medien: Keine Gefährdung. Wer betreibt die Desinformation?

 

Benjamin Weiser

Wien, 25. September 2020 | Gegen die Grüne Berivan Aslan gibt es laut Agenten einen Mordauftrag. ZackZack berichtet, veröffentlicht die wichtigsten Teile der Agenten-Aussagen und Kontext, den nur Eingeweihte wissen können. Nicht einmal eine halbe Stunde später fangen große Medien an, die Geschichte aufzugreifen. Mit einem ganz eigenen Dreh.

Das geschah wirklich – laut wem?

Innerhalb kürzester Zeit wird so aus einem Agenten des türkischen Geheimdienstes ein verwirrter Italiener mit türkischen Wurzeln – als hätte ZackZack nicht ohnehin über die Herkunft und Staatsangehörigkeit von Ö. informiert. Es gebe keinerlei Anlass zur Beunruhigung, Berivan Aslan und andere potenzielle Opfer seien nicht gefährdet. Woher wissen die Kollegen das? „Polizeikreise“, heißt es.

Die erzählen die Geschichte eines verwirrten Mannes und verharmlosen die Aussagen des Agenten. Dessen Kontaktperson habe auch Sebastian Kurz im Visier. Also alles halb so wild, aber der Kanzler ist gefährdet, weil nicht sein kann, dass es nur Grüne und Rote trifft? Seltsam, dass Kurz und Nehammer, mitten im Wien-Wahlkampf, nicht auf diese für sie aufgelegte Geschichte aufspringen.

Personenschutz und Desinformation in selber Hand?

ZackZack weiß: Berivan Aslan wurde bis gestern Abend bei Terminen außer Haus von Personenschützern des Landesamtes für Verfassungsschutz im Auftrag des BVT begleitet. Neun Tage lang sagte die grüne Politikerin alle Wahlkampftermine ab und verließ das Haus gut bewacht nur in wenigen Fällen. Über das „Ende der Gefährdung“ wurden nur Medien informiert. Auf das Opfer wurde bis heute vergessen.

Diese gezielte Desinformation ist nicht neu: Schon in der BVT-Affäre wurden Medien von „Insidern“, „Polizeikreisen“ und „hochrangigen BVT-Beamten“ mit Geschichten gefüttert. Über Gerüchte wurde berichtet, Fakten wurden angezweifelt. Den Aufklärern wurden Showeinlagen vorgeworfen, ganz wie derzeit im Zuge des Ibiza-U-Ausschusses von der ÖVP und den ihr wohlgesonnenen Medien suggeriert. Doch die politische Agitation kommt offensichtlich einmal mehr aus anderer Ecke.

Teile des Staates, der seine Bürgerinnen und Bürger schützen soll, stehen immer mehr im Verdacht der gezielten Desinformation. Ein Innenminister, der den Staat und seine Bürgerinnen und Bürger schützt, müsste jetzt für Ordnung im BVT sorgen. Aber der Innenminister heißt Karl Nehammer und der muss zuvor die Frage beantworten, ob sein Kabinett über die BVT-Desinformation informiert war.

Titelbild: Wiki Commons.

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