Dienstag, März 19, 2024

Platters halbherzige “Entschuldigung” – Währenddessen klagt ÖVP Rechercheblog

Währenddessen klagt ÖVP Rechercheblog

Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hat am Donnerstag bei einer Pressekonferenz mit einer halbherzigen “Entschuldigung” für Aufsehen gesorgt. Er bedauert, dass sich zu Beginn der Coronakrise so viele Menschen beim Apres-Ski in Ischgl angesteckt haben. Verbraucherschützer Peter Kolba wendet sich zu dem Thema mit einem offenen Brief an Kanlzer Kurz, während die ÖVP den Rechercheblog “Semiosis” auf 10.000 Euro verklagt.

 

Wien, 25. September 2020 | Auf der Pressekonferenz am Donnerstag verteidigte Günther Platter (ÖVP) sein Bundesland und sagte, das Virus sei nicht in Ischgl entstanden, sondern wurde von außen nach Österreich getragen. “Es tut mir leid, sehr leid”, so Platter auf die Frage einer deutschen ZDF-Journalistin, warum es ihm so schwerfalle, das Wort “Entschuldigung” in diesem Zusammenhang in den Mund zu nehmen. Sie musste die Frage mehrmals stellen. Direkt fügte er hinzu “Aber bei einer Pandemie kann nicht eine Person die Schuld auf sich nehmen”.

Gleichzeitig verteidigte der Landeshauptmann die auf 22.00 Uhr vorverlegte Sperrstunde, die Tirol gemeinsam mit Vorarlberg und Salzburg ab Freitag einführen wird. Man müsse den Gästen zeigen, dass man für “ihre Gesundheit” sorge.

Platters Lösung für den Winter-Tourismus: Ski ohne Après Ski

Er befürworte überdies sehr, dass Après-Ski in diesem Winter in der herkömmlichen Form nicht mehr stattfinden werde. Après-Ski mache nur einen sehr geringen Teil des Tiroler Tourismus – drei Prozent – aus. Der Rest sei Skifahren, Erholung, Kulinarik, Kultur und sonstige Aktivitäten, die heuer alle stattfinden können und so Jobs im Tourismus sichern sollen. “Es kann nicht sein, dass drei Prozent den Rest gefährden”, sagte Platter.

Große Sorge: Erhaltung der Jobs in der Tourismus-Branche

Auch Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer betonte am Donnerstag, dass es bei den angekündigten Maßnahmen vor allem um die Erhaltung von Jobs gehe. “Wir kämpfen mit diesem Konzept um jeden Job,” so Mahrer am Donnerstag. Denn es gehe bei den Maßnahmen auch um die Erhaltung der Existenzgrundlage für viele Menschen, die im Tourismus oder in einer davon abhängigen Branche – beispielsweise im Handel – tätig sind. “Wir reden von 675.000 Vollzeitjobs, die direkt oder indirekt an der Branche dranhängen”, so Mahrer.

Im Zusammenhang mit den Infektionen mit SARS-CoV-2, die in Ischgl weltweit für Schlagzeilen gesorgt haben, hat der Verbraucherschutzverein (VSV) über seinen Rechtsanwalt Alexander Klauser vorerst vier Amtshaftungsklagen von Covid-19-Geschädigten beim Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen eingebracht. Das gab VSV-Obmann Peter Kolba am Mittwoch in einer Pressekonferenz in Wien bekannt.

Im Rechtsweg vertritt der VSV vorerst 1.000 Betroffene. Insgesamt haben sich 6.000 Personen aus 45 Staaten gemeldet, die angegeben haben, sich während des Skiurlaubs in Ischgl mit dem Coronavirus infiziert und Covid-19 in die Heimat getragen zu haben.

Offener Brief an Kurz

In einem offenen Brief wird Kurz ersucht, “diese Sache in die Hand zu nehmen”. Wörtlich heißt es: “Es wäre für den Ruf von Österreich als Tourismusland in der Welt und für Tirol ebenso hilfreich wie für die vielen Geschädigten, die auf ein Einbekenntnis der Fehler, eine Entschuldigung und Schadenersatz warten.”

Das Gesundheitsministerium wäre davor bereits am 4. Februar darüber informiert worden, dass eine isländische Reisegruppe aus Ischgl in die Heimat zurückgekehrt war und im Anschluss zwölf Personen Covid-19 positiv getestet wurden. Nachdem in Tirol nichts unternommen worden sei, hätte Anschober tätig werden müssen, lautete der Vorwurf: “Der Gesundheitsminister ist an der Spitze der Hierarchie, er hätte mit einer Weisung reagieren müssen”, sagte Kolba.

Rechercheblog „Semiosis“ wird von ÖVP auf 10.000 Euro verklagt

Der ÖVP-Nationalratsabgeordnete und Multi-Funktionär Franz Hörl klagt den unabhängigen Rechercheblog “Semiosis” auf 10.000 Euro wegen angeblicher übler Nachrede. Er sehe sich in ein falsche Licht gerückt aufgrund einer Recherche von Anfang April über die Situation im Zillertal,  schreibt “Semiosis”. In dem Text werden die Umstände der kurzzeitigen Schließung und Wiedereröffnung von Franz Hörls Hotel „Gaspingerhof“ hinterfragt. Hörl würde sich laut des Schriftsatzes seines Anwalts daran stören, dass Fragen gestellt werden. Sie seien ihm unangenehm.

“Semioses” sieht in der Klage die Pressefreiheit gefährdet:

“Wir werten diese völlig substanzlose Klage als einen Einschüchterungsversuch, der auch hinsichtlich der Presse- und Meinungsfreiheit problematisch ist.”

Bislang habe noch keine Verhandlung stattgefunden. Auch hatte der Rechercheblog noch keine Gelegenheit, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen . Dennoch seien sie zu einer Mitteilung gemäß § 8a Abs 5 Mediengesetz gezwungen.

(apa/jz)

Titelbild: APA Picturedesk

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