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Slowenien: Corona-Maßnahmen verfassungswidrig? Antrag auf Prüfung

Slowenien: Antrag auf Prüfung

Sind regionale Quarantäne und nächtliche Ausgangssperren verfassungswidrig? Zwei Juristen finden, ja – und haben einen Antrag auf Prüfung beim slowenischen Verfassungsgerichtshof gestellt.

Wien, 21. Oktober 2020 | Im Land dürfe man Maßnahmen wie regionale Quarantäne oder nächtliche Ausgangsperren nur anwenden, wenn im Land der Ausnahmezustand ausgerufen sei, sind sich Verfassungsjurist Andraz Tersek und Anwalt Damijan Pavlin, die am gestrigen Dienstag laut Medien den Prüfungsantrag stellten, einig:

“Wenn der Ausnahmezustand nicht ausgerufen ist und die Bewegung im Land verboten ist, ist das verfassungswidrig”,

argumentiert Tersek auf seiner Internetseite. Mit dem Antrag möchten die Juristen erreichen, dass das Verfassungsgericht zwei Maßnahmen prüft – nämlich die Regelung, wonach Bewohner ihre jeweilige Region nicht verlassen dürfen, sowie die Ausgangsperre, die im ganzen Land zwischen 21.00 und 6.00 Uhr gilt.

Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein

Solange es im Land keinen Ausnahmezustand gibt, kann die Bewegungsfreiheit laut Tersek per Gesetz “lediglich” eingeschränkt werden. Die Einschränkungen sind zwar möglich, wenn es darum geht, die Ausbreitung von Infektionskrankheiten zu verhindern. Allerdings müsse der Staat triftige Gründe vorlegen, dass die Maßnahmen notwendig und verhältnismäßig seien, betonte der Verfassungsexperte. Tersek hatte sich heuer um das Amt des Verfassungsrichters beworben, scheiterte jedoch im Juni bei der Wahl im Parlament.

Seit Montag: 30-tägiger Pandemie-Notstand

Die slowenische Regierung hat angesichts von rasant steigenden Infektionszahlen am Montag für das ganze Land offiziell einen 30-tägigen Pandemie-Notstand erklärt. Dieser ermöglichte die Aktivierung eines nationalen Schutz- und Rettungsplans, außerdem bildet er die Grundlage für lokal abgestufte Maßnahmen und Einschränkungen. Die rechtliche Grundlage dafür ist im Infektionskrankheiten-Gesetz verankert. Tersek hält allerdings auch die Regelung in diesem Gesetz für verfassungswidrig, weil sie dem Staat ermöglicht, ohne Ausnahmezustand der Bevölkerung die Bewegung zu verbieten, anstatt sie nur einzuschränken.

Protest gegen nächtliche Ausgangsperre

Die nächtliche Ausgangssperre trat am gestrigen Dienstag in Kraft. Während sich die Bevölkerung am ersten Abend größtenteils daran gehalten hat und die Straßen in slowenischen Städten laut Medienberichten nach 21.00 Uhr leer waren, gab es in der nordöstlichen Stadt Maribor eine Protestaktion. Ein paar Dutzend Menschen demonstrierten Berichten zufolge lautstark gegen die Sperrstunde.

Corona-Maßnahmen bereits im Frühjahr beim Verfassungsgericht

Das slowenische Verfassungsgericht hatte schon zuvor die Verfassungskonformität einiger Corona-Maßnahmen geprüft. Im Fall einer Verordnung, mit der in der ersten Welle im Frühjahr das Verlassen der eigenen Wohngemeinde verboten war, stellte das Höchstgericht fest, dass diese Maßnahme nicht gegen die Bewegungsfreiheit verstoßen hat.

(apa)

Titelbild: APA Picturedesk

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