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Will Merkel-Regierung Journalisten überwachen? – BND-Gesetz mit Riesen-Einfallstor

Will Merkel-Regierung Journalisten überwachen?

Das Portal „netzpolitik.org“ berichtete über einen neuen Entwurf des vom Verfassungsgericht einkassierten BND-Gesetzes. Darin gibt es einen Paragraphen, der das Redaktionsgeheimnis garantieren soll, es aber in einem Absatz sofort wieder aufweicht – zum Zwecke der „politischen Unterrichtung“.

 

Wien, 21. Oktober 2020 | Ein Bericht des Portals „netzpolitik.org“ liest sich beängstigend: so soll der neueste Referentenentwurf des umstrittenen Bundesnachrichtendienst-Gesetzes (BND-Gesetz) internationale journalistische Kooperationen faktisch verunmöglichen. Konkret geht es um den Schutz der journalistischen Arbeit im Ausland, denn das Gesetz schütze laut Bericht wenn überhaupt nur deutsche Journalisten.

Das Portal schreibt:

„Geht es nach dem federführenden Bundeskanzleramt, soll sich am Schutz für Journalist:innen künftig wenig bis nichts ändern.“

Genau das sei aber einer der Gründe gewesen, weshalb das deutsche Bundesverfassungsgericht die erste Fassung des BND-Gesetzes im Mai für verfassungswidrig erklärt hatte.

Wertloser Schutz-Paragraph für Redaktionsgeheimnis

Hintergrund des Paragraphen 23, der die Medienwelt erzittern lässt, ist eine besondere Art der nachrichtendienstlichen „Aufklärung“. Anders als bei gezielter Überwachung bereits verdächtiger Personen „wird bei der sogenannten strategischen Fernmeldeaufklärung eher mit Suchbegriffen in Datenströmen nach relevanten Informationen geforscht“, heißt es im „netzpolitik.org“-Bericht.

Gibt ein Agent also die Mail-Domains von ZackZack, „Falter“ oder „Profil“ in einem entsprechenden Programm ein, bestehe die Möglichkeit der massenhaften Mail-Überwachung von Journalisten – und zwar immer dann, wenn scheinbar außen- und sicherheitspolitische Interessen der Bundesrepublik betroffen sind. Auf diese Art der Überwachung bezieht sich auch der Paragraph 23 des BND-Gesetzes, der den versprochenen Schutz selbst aushöhlt:

ZackZack-Faksimile. Entscheidend ist Absatz (5), der sich für die Ausnahme auf §21 (1) 1. bezieht. Darin ist die Erlaubnis zur technischen Verarbeitung personenbezogener Daten von Ausländern im Ausland auf Grundlage der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung fixiert.

Die Formulierung in Absatz 5, „zum Zwecke der politischen Unterrichtung“, meint übersetzt: Immer dann, wenn die Bundesregierung oder Bundeskanzlerin Merkel höchstpersönlich etwas aus „nationalem Interesse“ wissen möchte, kann sie das dem BND anordnen. Die Definition ist so breit gefasst, dass sich laut Portal im konkreten Fall immer eine Rechtfertigung konstruieren lasse. Der deutsche Auslandsnachrichtendienst BND steht direkt unter der politischen Aufsicht des Bundeskanzleramtes und ist nicht etwa im Auswärtigen Amt oder dem Verteidigungsministerium angesiedelt. „Strategische Aufklärungsmaßnahmen“ sind also immer Chefinnensache.

Vierte Gewalt kaltgestellt?

„Netzpolitik.org“ sieht in diesem Einfallstor ein schutzloses Ausgeliefertsein ausländischer Journalisten gegenüber dem BND, aber auch für deutsche Medien sei das „implizit auch ein Angriff auf das Redaktionsgeheimnis deutscher Medien“.

„Die Politik verschafft sich einen strukturellen Informationsvorsprung gegenüber journalistischen Medien, wodurch die Kontrolle staatlicher Organe durch Journalist:innen erschwert wird“,

wird vom Autor resümiert. Größere internationale Recherchekooperationen verschiedener Medien, wie im Falle der „Panama Papers“, würden mit diesem Gesetz ungemein erschwert. Der Entwurf ist letzten Freitag an die Ministerien verschickt worden.

Hier geht es zur konsolidierten Fassung des Entwurfs, der von der NGO „Gesellschaft für Freiheitsrechte“ online bereitgestellt wird.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk

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