Dienstag, April 23, 2024

Die intransparenten Stunden vor der Lockdown-Verkündung

Keine Info für SPÖ-Länder – Hintergrundgespräch

Die 24 Stunden vor der Lockdown-Verkündung am Samstag waren für die Regierung ein Kommunikationsdesaster. SPÖ-geführte Länder erhielten den Verordnungsentwurf nicht vorab. Der Kanzler lud am Vorabend hingegen ausgewählte Chefredakteure zu einem “informellen Lagebericht”.

 

Wien, 02. November 2020 | Der jeweilige Zeitpunkt, an dem die einzelnen Akteure von der neuen Lockdown-Verordnung erfuhren, wirft Fragen auf. Nachdem am Donnerstag die Verkündungspressekonferenz für Samstag angekündigt worden war, tauchten am Freitag in einzelnen Medien Verordnungsentwürfe auf. Die Entwürfe waren zuerst auf dem Kurznachrichtendienst Twitter zu sehen.

“Informeller Lagebericht” für Ausgewählte

Noch am selben Tag lud Bundeskanzler Sebastian Kurz ausgewählte Chefredakteure zum sogenannten „Hintergrundgespräch“. „Die Inhalte des Gesprächs sind nicht für die Berichterstattung verwendbar“, ließ der Kanzler in fettgedruckten Lettern wissen. Es handle sich um einen “informellen Lagebericht”. Zum selben Zeitpunkt hatten die SPÖ-Bundesländer Wien, Kärnten und Burgenland noch keine Entwürfe der Verordnung vorliegen, geschweige denn konkrete Infos zu den das ganze Land betreffenden Plänen.

Die Einladung zum “informellen Lagebericht”

Screenshot: Florian Klenk/Twitter

Das führt jetzt zu harscher Kritik aus den sozialdemokratischen Ländern. Diese

„haben kein Verständnis dafür, dass sämtliche Informationen über die Covid-Maßnahmen ausschließlich via Pressemeldungen an diese Länder kommen”,

lässt man den Kanzler per gemeinsamer Aussendung wissen. Burgenlands Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil erhielt laut eigenen Aussagen erst am Samstag den Verordnungsentwurf, um 01:20 Uhr – Stunden, nachdem ausgewählte Chefredakteure oder deren Vertretungen im Kanzleramt zum Hintergrundgesprächen geladen waren. Auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser erhielt die Verordnung nicht am Freitag.

Doskozil-Kritik am Kanzler

Nur wenige Stunden vor der Verkündung der neuen Maßnahmen kam es dann zur Videokonferenz zwischen Regierung und Landeshauptleuten. In der Konferenz soll es zu lautstarker Kritik, insbesondere von Doskozil, gekommen sein. Dieser soll Sebastian Kurz unter anderem spöttisch als „PR-Kanzler“ bezeichnet haben.

Gegenüber ZackZack wird die Kurz-Kritik aus dem Büro Doskozil noch einmal bestätigt:

„So ein Vorgehen des Kanzlers entbehrt jeglichem Leadership und macht die Planung für Länder, Gemeinden und auch die Unternehmen, die die Maßnahmen umsetzen müssen, unmöglich“.

Über die samstägliche Besprechung zwischen Regierung und Bundesländer meint Doskozil, dass die Diskussion bei der Videokonferenz nicht nur jeglichen Inhalts entbehrte, sondern “in seinen Augen (Sebastian Kurz, Anm. d. Red.) als reine Formsache veranstaltet wurde, um der Ankündigung vom Donnerstag, sich mit den Ländern abzustimmen, nachzukommen“.

Auch Ludwig mit Kritik

Ungewohnt klare Kritik kommt ebenfalls von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, der sich bis dato meistens staatsmännisch zurückhielt. Die Vorgehensweise der türkis-grünen Bundesregierung könne er nicht nachvollziehen. “Es wäre sinnvoll gewesen, die Bundesländer – und zwar alle Bundesländer – mit einzubeziehen, auch die Sozialpartner. Wir sind alle nur sehr kurzfristig informiert worden und von daher ist das eine Verordnung, die auch von der Bundesregierung zu tragen sein wird”, äußert sich der Wiener Bürgermeister über Twitter.

(bf)

Titelbild: APA Picturedesk

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