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Polen: Stopp für Abtreibungsverbot? Etappensieg für Frauenrechtsbewegung

Polen: Etappensieg für Frauenrechtsbewegung

Es sind die größten und heftigsten Proteste seit dem Fall des Kommunismus in Polen – mit erstem Erfolg: Die Frist für das verschärfte Abtreibungsgesetz ist verstrichen, das Gesetz noch nicht in Kraft. Die rechtsnationale Regierungspartei könnte angesichts des laut Umfragen massiven Stimmenverlusts kalte Füße bekommen.

 

Wien, 04. November 2020 | Rudert die nationalkonservative PiS-Partei jetzt zurück und versucht, die geplante Verschärfung im Abtreibungsrecht zu stoppen? Am Montag hätte die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs jedenfalls in Kraft treten sollen. Damit hätte es Frauen selbst in Fällen von embryonalen Fehlbildungen verboten werden sollen, einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen. Doch die Frist für die Veröffentlichung ist mit Montag verstrichen, das Gesetz nicht in Kraft.

Proteste und Ausnahmezustand in Polen

Hunderttausende Demonstranten weichen seit dem Entscheid des Verfassungsgerichts nicht von Polens Straßen. Ihr Anliegen fand europaweit Solidarität. Gleichzeitig formierten sich rechtskonservative und radikale Gruppierungen im Land als „Nationalwache“, um gegen die Demonstranten vorzugehen. Der mächtige Chef der Regierungspartei PiS, Jarosław Kaczyński, forderte in einer offiziellen Ansprache nach Beginn der Proteste die Bevölkerung dazu auf, „Kirchen, Polen und Patriotismus“ gegen die Demonstrationen zu verteidigen. Drei Tage später ließ man sogar das Militär in den Straßen Warschaus aufmarschieren. Polen befindet sich im Ausnahmezustand.

Zur Großansicht klicken: Rund 100.000 Menschen protestierten in Polen am 31. Oktober gegen die nationalkonservative Regierung sowie das geplante de facto Abtreibungsverbot. Bild: Screenshot Facebook

PiS bekommt kalte Füße: „Zeit für Dialog“

Premierminister und Kaczyński-Parteifreund Mateusz Morawiecki (PiS) appellierte am Montag an die Opposition, sich mit der Regierung an einen Tisch zu setzen. Zu den heftigen Protesten im Land stimmte er in den Spin seiner Partei ein, Demonstranten als reine Gesundheitsgefährder zu diffamieren: „Möge unser Streit sich nicht auf den Straßen abspielen, und möge er nicht zur Ursache weiterer Erkrankungen werden.“

Derzeit würden hinsichtlich der geplanten Verschärfung des Abtreibungsgesetzes im Land Gespräche stattfinden, ließ Morawieckis Kollege Michał Dworczyk am Dienstag verlautbaren. Es sei wichtig, sich Zeit für den Dialog und die „Suche einer neuen Position in dieser Situation, die schwierig ist und viele Emotionen hervorruft“ zu nehmen, so der nationalkonservative Politiker.

10 Prozent in Umfragen eingebüßt

Seit der Entscheidung des Verfassungsgerichts, in dem PiS-Anhänger eine knappe Mehrheit haben, hat die PiS-Partei von Regierungschef Kaczyński so viel Zustimmung wie noch nie innerhalb kürzester Zeit verloren: Laut einer Umfrage von United Survey im Auftrag der Wirtschaftszeitung “Dziennik Gazeta Prawna” wollten im September noch 40,5 Prozent der Polen ihre Stimme der PiS geben, momentan sind es nur noch 30,9 Prozent.

Rudert die PiS zurück?

So könnte die PiS laut Beobachtern (trotz der Androhung langjähriger Haftstrafen für die Protestierenden) angesichts der andauernden Unruhen und Proteste noch weiche Knie bekommen. Der Unmut in der Bevölkerung ist groß, die Solidarität mit den von der Frauenrechtsbewegung ausgelösten Protesten schlug europaweit Wellen und lässt sich von den scharfen Corona-Maßnahmen im Land nicht unterdrücken.

(lb)

Titelbild: APA Picturedesk

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