Donnerstag, April 18, 2024

US-Sender stoppen Fake-News-Rede – Trump-Sohn: „Totaler Krieg um Wahlen“

Trump-Sohn: „Totaler Krieg um Wahlen“

Politdrama auf den letzten Metern der Auszählung: der US-Präsident verbreitet in einer Rede eine Reihe an Falschmeldungen, er sieht eine Wahlbetrugsverschwörung. Einige US-Sender stoppen daraufhin die Übertragung. Sein Sohn schlägt derweil wie wild um sich und wählt Nazi-Rhetorik. Doch der Sieg ist Biden fast nicht mehr zu nehmen.

 

Update 14:58 Uhr: Joe Biden geht in Pennsylvania in Führung, der Sieg des Demokraten ist zum Greifen nah. Noch ist aber nichts endgültig entschieden.

Wien, 06. November 2020 | Unmittelbar nach der US-Wahl am Dienstag hatte sich der rechtspopulistische Amtsinhaber Donald Trump zum Sieger erklärt, die Auszählung dauert aber aufgrund des hohen Anteils an Briefwahlstimmen seit Tagen an. Trump, der gestern vor die Kameras trat, sprach von Betrug, ohne diesen zu belegen. Er knöpfte sich Orte vor, in denen noch Briefwahlstimmen ausgezählt werden. Bei diesen liegt Biden teils meilenweit vor ihm, gerade in den Großstädten. Das könnte ihm am Ende den Wahlsieg bringen.

Wahlverschwörung: Medien fassungslos

Trump witterte gestern deshalb die große Verschwörung:

„Detroit und Philadelphia, die als die politisch korruptesten Orte in den USA bekannt sind, können nicht dafür verantwortlich sein, den Ausgang einer Präsidentschaftswahl zu konstruieren.“

Der Präsident stellte zudem die unbelegte Behauptung auf, man würde ihm die bereits gewonnene Wahl stehlen:

„Wenn man die legalen Stimmen zählt, gewinne ich mit Leichtigkeit. Wenn man die illegalen Stimmen zählt, können sie versuchen, uns die Wahl zu stehlen.“

Ein beispielloser Vorwurf – mit Folgen. Mehrere Sender, darunter MSNBC, ABC, NBC, CBS oder USA Today, schalteten daraufhin die Rede ab. CNBC-Moderator Shephard Smith unterbrach Trumps Rede mit den Worten: „In nichts, was er gesagt hat, hat auch nur ein Fünkchen Wahrheit gesteckt.” Auf CNN lief die Rede in voller Länge, wobei Moderator John Berman den Auftritt als „traurig“ und eines Präsidenten unwürdig bezeichnete. Selbst Hardcore-Republikaner Rick Santorum, der zu Gast im CNN-Studio war, plädierte zumindest für das vollständige Auszählen der Stimmen.

Sohn will „totalen Krieg“ um Wahlen

Santorum, der grundsätzlich Verständnis für Trumps Verschwörungstheorie zeigte, tat sich schwer, den Präsidenten zu verteidigen. Leichter tat sich Präsidentensohn Donald Trump Jr. Der twitterte nämlich eine völlig irre Nachricht, in der er seinen Vater in Nazi-Rhetorik aufforderte, einen „totalen Krieg um die Wahlen“ zu führen.

Screenshot Twitter: Trump-Sohn ruft Vater zum “totalen Krieg” um Wahlen auf, spricht von einer Bananenrepublik – die sein Vater noch regiert.

Weiters warf der panische Donald Jr. Parteikollegen seines Vaters vor, untätig zu sein. Die Zurückhaltung vieler Republikaner dürfte auch daran liegen, dass ein Sieg Joe Bidens immer wahrscheinlicher wird. Einige republikanische Politiker positionieren sich bereits eindeutig gegen den amtierenden US-Präsidenten. Marylands Gouverneur Larry Hogan sagte, es gebe „keine Rechtfertigung für die Äußerungen des Präsidenten heute Abend, die den demokratischen Prozess untergraben“. Floridas Senator Marco Rubio, Ex-Gegenspieler für die Nominierung als republikanischer Präsidentschaftskandidat, betonte, das legale Zählen von Stimmen sei definitiv kein Betrug.

Bewaffnete wollten Kongresszentrum stürmen

Die Trump-Saat des Gewaltaufrufs scheint indes aufzugehen: in Philadelphia hat die Polizei in der Nähe des Kongresszentrums, wo Stimmen der US-Präsidentenwahl ausgezählt werden, zwei Männer mit Waffen in ihrem Fahrzeug festgenommen. Die Behörden äußerten sich zunächst nicht zu den Hintergründen. Der Lokalsender WPVI berichtete in der Nacht auf Freitag (Ortszeit), die Polizei habe einen Hinweis bekommen, wonach ein Angriff auf das Kongresszentrum geplant worden sein könnte.

Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie einer der Männer abgeführt wurde. In Philadelphia sind die Regeln zum Mitführen von Waffen etwas strenger als im Rest des Bundesstaates Pennsylvania – dafür ist eine Erlaubnis erforderlich. Der Sender Fox News berichtete, die Bundespolizei FBI habe die Ermittlungen übernommen.

Am Vortag waren bereits im Bundesstaat Arizona bewaffnete Personen bei einer Demonstration von Trump-Anhängern vor einem Gebäude für die Stimmenauszählung dabei. In Arizona ist das offene Tragen von Waffen erlaubt.

In Arizona protestieren Trump-Anhänger und fordern auf einmal, die Zählung fortzusetzen, da Trump dort leicht aufholt. In allen anderen Staaten, in denen Biden gegenüber Trump aufholt, fordern sie das Gegenteil.

Der vermutlich nächste Präsident der USA mahnt zur Geduld. Bild: APA Picturedesk.

Biden überholt Trump in Georgia

Demokrat Joe Biden ist der Sieg kaum mehr zu nehmen: in Georgia hatte Trump lange geführt, jetzt überholte Biden ihn bei einem Auszählungsstand von 99 Prozent. Nur wenige hundert oder tausend Stimmen dürften am Ende den Ausschlag geben. Biden führt zudem in Nevada und Arizona, wobei in letzterem Bundesstaat der Vorsprung zuletzt schmolz. Der Demokrat braucht zwei der drei Staaten, in denen er führt oder – was nicht unwahrscheinlich ist – er holt sich Pennsylvania, um der nächste Präsident der Vereinigten Staaten zu werden.

(wb/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

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