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Was ist legal an den Ausgangsbeschränkungen? Was nicht?

Das ist ein Unterüberschrift

Juristen äußern Bedenken bezüglich der Ausgangsbeschränkungen in der neuen Corona-Verordnung. Einige Bestimmungen dürften wohl nicht halten. Auch öffentliche Äußerungen einzelner Regierungsmitglieder haben keine gesetzliche Basis.

 

Wien, 06. November 2020 | Auch unter Juristen ist unbestritten, dass eine Eindämmung der Corona-Pandemie dringend nötig ist. Doch die Maßnahmen der Regierung müssen legal sein, fordert Rechtsanwalt Florian Horn. Auf Twitter spricht er von einer „eklatanten Missachtung des Rechtsstaats“.

Wo liegen die Probleme?

Einer der wichtigsten Knackpunkte sind die Regelungen zum privaten Wohnbereich. Die Covid 19- Schutzmaßnahmenverordnung verbietet das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs von 20 Uhr bis 6 Uhr – mit den bekannten Ausnahmen. Auch das Verweilen außerhalb des privaten Wohnbereichs ist verboten.

Die Gesetze, auf denen die Verordnung von Gesundheitsminister Rudi Anschober beruht, geben dieses Verbot nicht her. Eine Verordnung regelt, wie ein bestimmtes Gesetz anzuwenden ist – hier das Covid 19-Maßnahmengesetz und das Epidemiegesetz. Sie kann also nichts regeln, was nicht zum Gesetz gehört. Das wäre Aufgabe des Gesetzgebers, also des Parlaments.

Knackpunkt Privatwohnung

Das Covid 19-Maßnahmengesetz besagt ausdrücklich, dass der private Wohnbereich durch das Gesetz nicht geregelt werden kann. Folglich kann es auch keine solche Verordnung auf Basis des Gesetzes geben. Ähnliches gilt für das Epidemiegesetz, das ein „Zusammenströmen großer Menschenmengen“ verhindern soll. „Das sind weder sechs Personen und ganz sicher keine Privatbesuche“, sagt Florian Horn.

Der Wiener Rechtsanwalt Thomas Fraiß macht ZackZack auf weitere Ungereimtheiten aufmerksam: Während das Covid 19-Maßnahmengesetz eine Regelung zum Verlassen des privaten Wohnbereiches ermöglicht, ist das Verweilen außerhalb der eigenen vier Wände nicht geregelt.

„Daher darf sich jeder zwischen 20 Uhr und 6 Uhr im privaten Wohnbereich eines anderen aufhalten, und solange dadurch keine größere Menschenmenge zusammenströmt, sind auch private Feiern erlaubt“, sagt Fraiß.

Auch Horn hält die Regelungen für problematisch. Die Polizei könnte nun versuchen, die Einhaltung der Verordnung auch im privaten Wohnbereich zu kontrollieren. Das darf sie jedoch nicht, weil die gesetzliche Grundlage fehlt.

Was gehört zum privaten Wohnbereich? Gesundheits- und Innenminister wollen, dass Garagen, Keller und Gärten nicht dazuzählen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieht das anders: Laut seinen Entscheidungen gehören die genannten Bereiche sehr wohl zum privaten Wohnbereich.

Kein Bier nach 20 Uhr?

Und was ist mit der Ankündigung von Innenminister Nehammer, dass streng bestraft würde, wer nach 20 Uhr draußen mit einem Bier „erwischt“ wird? Illegal, sagt Rechtsanwalt Thomas Fraiß. „Wer nach 20 Uhr seine Wohnung verlässt, um im Prater laufen zu gehen, darf während des Laufens oder am Weg nach Hause ein Bier trinken, ebenso auf dem Weg zur oder von der Arbeit und vor oder nach dem Einkaufen.“

Zusammengefasst gilt:

  • Laut Gesetz darf man die Zeit zwischen 20 und 6 Uhr im eigenen privaten Wohnbereich oder dem einer anderen Person verbringen. Dort dürfen auch mehrere Personen zusammenkommen, jedoch keine „größere Menschenmenge“.
  • Zum privaten Wohnbereich gehören auch Keller, Garagen und Gärten.
  • Wer zur psychischen oder physischen Erholung nach draußen geht, darf ein Bier trinken.

Wer deswegen eine Geldstrafe erhält, soll sich unbedingt anwaltlich beraten lassen, sagt Thomas Fraiß. Lässt man sich auf ein Organstrafmandat ein, kann man dieses übrigens nicht bekämpfen. Dazu muss man eine Anzeige verlangen, was potenziell teurer kommen kann.

(tw)

Titelbild: APA Picturedesk

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