Polizei schaute zu
In Wien-Josefstadt kam es am Sonntag zu einer geschmacklosen Störaktion. Ein bekannter rechter Publizist spielte auf seinem Fahrzeug via Lautsprecher Muezzin-Rufe ab, gefolgt von Maschinengewehrsalven. Begleitet wurde er von zwei Polizeiautos.
Wien, 09. November 2020 | Für Bestürzung sorgte am Sonntag die Aktion eines rechten Publizisten und ehemaligen PEGIDA-Sprechers im 8. Wiener Gemeindebezirk Josefstadt. Aufnahmen in den Sozialen Medien, unter anderem von SPÖ-Bezirksrat Omar Al-Rawi, zeigten den Mann auf einem Fahrzeug, während dieser Gewehrsalven und Muezzin-Gebetsrufe über Lautsprecher abspielte. Kritik gab es auch daran, dass die Störaktion von zwei Polizeiautos begleitet wurde, die nicht einschritten.
Polizei-Eskorte sorgte für Unverständnis
Die Aktion – sechs Tage nach dem Terroranschlag mit vier Toten in Wien – setzt die Landespolizeidirektion unter Zugzwang. Diese rechtfertigte sich zu dem Vorfall Sonntagmittag auf Twitter. Demnach sei die Kundgebung mit zehn Personen und unter dem Titel “Toleranz und Vielfalt” für den Zeitraum 9.00 bis 10.00 Uhr angemeldet gewesen. Zum Zeitpunkt der Versammlungsanzeige sei kein Untersagungsgrund vorgelegen, betonte die Polizei.
Vor Abmarsch wurde laut Eigenangaben mit dem anwesenden Verantwortlichen Rücksprache gehalten. Dieser gab an, dass die Lautsprecher lediglich zum Abspielen orientalischer Musik verwendet werden, hieß es vonseiten der Polizei. Nach Abfahrt der Kundgebung um 09:20 Uhr sei auch anfänglich orientalische Musik gespielt worden. Allerdings seien im Verlauf der Kundgebung vier Mal für die Dauer von ein bis zwei Minuten Maschinengewehrsalven und antimuslimische Parolen wiedergegeben worden, berichtete die Polizei.
Noch während die anwesenden Polizisten den Sachverhalt mit Beamten vom Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) abgeklärt hätten, sei die Kundgebung um 10.00 Uhr beendet worden. Gegen die anwesenden Personen wurde unter anderem wegen Störung der öffentlichen Ordnung Verwaltungsanzeige erstattet, sowie wegen des Verdachts der Verhetzung.
Die heutige #Kundgebung in der #Josefstadt und das polizeiliche Handeln hat zu Kritik geführt. Jedenfalls werden entsprechende Anzeigen gelegt & weitere Erhebungen gegen die Teilnehmer*innen geführt. Auch eine interne Aufarbeitung ist bereits eingeleitet worden. pic.twitter.com/LpIl8AJ9qp
— POLIZEI WIEN (@LPDWien) November 8, 2020
Wiener Bürgermeister veurteilt Störaktion
Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) verurteilte die Störaktion. Diese sei “völlig inakzeptabel”. Man lasse sich aber nicht spalten. Wien halte zusammen, zeigte sich Ludwig überzeugt.
Auch der Grünen-Abgeordnete David Stögmüller zeigte sich, wie viele andere auf Twitter, fassungslos und kündigte eine parlamentarische Anfrage an.
“Unfassbar – ein paar Tage nach dem Anschlag in Wien. Hier muss umgehend eingegriffen werden!”
Die Bewohner der Josefstadt quittierten die Aktion des rechten Störenfrieds übrigens mit Buh-Rufen.
Kurz davor hat er sich gegen die “islamisierung” ausgesprochen. Und wurden gebuht. Hier kannst einen Teil hören. pic.twitter.com/qKssfPuIsg
— Maz (@mazin_power) November 8, 2020
(bf/apa)
Titelbild: APA Picturedesk