Die steigenden Corona-Zahlen werfen die Frage der verfügbaren Intensivbetten und der Triage auf. Ein Überblick über die Lage in Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Kärnten und Vorarlberg.
Wien, 10. November 2020|
Wien: Kapazitäten noch verfügbar
In Wien gibt es einen mehrstufigen Versorgungsplan, der regelt, wie und wo Kapazitäten für Covid-Patientinnen und -Patienten freigemacht werden. Abhängig von der jeweiligen Stufe werden weitere Bettenkapazitäten geschaffen. Engpässe gibt es in Wien aktuell nicht, versicherte eine Sprecherin des Wiener Gesundheitsverbundes der APA am Dienstag: “Bei uns werden alle Patienten, die akut ein Spitalsbett brauchen, die spitalspflichtig sind, auch behandelt.”
In Wien gebe es definitiv keine Triage in dem Sinne, dass ausgewählt wird, ob und welche Patientinnen und Patienten behandelt werden, unterstrich die Sprecherin: “Wenn jemand ein Intensivbett braucht, wenn sein Gesundheitszustand derart ist, dass er ein Intensivbett benötigt, dann bekommt er es auch. Lässt aber der Gesundheitszustand es zu, auf ein Normalbett verlegt zu werden, dann werden die Personen verlegt. Entscheiden tut das letztendlich der Arzt im Einzelfall. Das ist eine individuelle Entscheidung des behandelnden Teams.” Sie könne auch ausschließen, dass Personen, die ein Intensivbett brauchen würden, in Normalbetten liegen.
Aktuell befindet man sich in Wien im Normalbettenbereich bei Stufe fünf und im Intensivbettenbereich bei Stufe vier von sechs. Das bedeutet, dass aktuell 150 Intensiv- und 600 Normalbetten für Covid-Patientinnen und -Patienten zur Verfügung stehen. Belegt sind derzeit 126 Intensiv- und 471 Normalbetten. Sollten diese Kapazitäten erschöpft sein, könne man schrittweise weitere Betten freimachen, hieß es.
Vorarlberg stockt auf
Vorarlberg beginnt angesichts der nach wie vor hohen Zahl an Covid-19-Neuinfektionen mit der Aufstockung der Intensivkapazitäten. In einem ersten Schritt werden zwölf zusätzliche Intensivbetten geschaffen, informierte am Dienstag Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). Besonders schwierig gestaltete sich aktuell auch die Personalsituation an den Vorarlberger Spitälern. 188 Mitarbeiter waren am Dienstag am Coronavirus erkrankt oder befanden sich in Absonderung.
In den Vorarlberger Krankenhäusern stehen grundsätzlich 51 Intensivbetten zur Verfügung. Diese Kapazität wurde nun um zwölf Betten erweitert, in einem zweiten Schritt – bei Bedarf – würde die Aufstockung auf 75 Intensivbetten erfolgen. Insgesamt könnte auf 104 Plätze mit Beatmungsgeräten aufgerüstet werden. Mit Stand Dienstagmittag waren 18 Intensivbetten frei.
Am Dienstag wurden 147 Corona-Patienten in den Vorarlberger Krankenhäusern versorgt, davon 30 auf den Intensivstationen. 17 der 30 Intensivpatienten mussten beatmet werden. Von den 1.900 Vorarlberger Spitalbetten auf den Normalstationen sind 430 für Covid-19-Erkrankte reserviert. Um zusätzliche Kapazität zu schaffen, befindet sich auf dem Messegelände in Dornbirn ein Notversorgungszentrum mit weiteren 200 Betten im Aufbau. Das Notversorgungszentrum war schon im Frühjahr errichtet, letztlich aber nicht benötigt worden.
Oberösterreich: Bis jetzt keine Triage
Angesichts immer vollerer Intensivstationen in OÖ rückt das Thema der Triage in den Fokus. Es wurde aber versichert, dass dies nicht nötig sei. In den Anfragen und Beschwerden an die Patientenanwaltschaft gab es bisher keine Hinweise, dass jemand kein Intensivbett bekommen hätte. Allerdings werden zwei andere Folgen der Spitalsbelastung deutlich: Schmerzpatienten klagen über verschobene Eingriffe und rasche Entlassungen führen bei alten Leuten zu Nachsorge-Problemen.
Spekulationen, dass die Triage bereits begonnen habe oder bald beginnen werde, halten sich hartnäckig u.a. in sozialen Medien. Laut Jens Meier, Vorstand der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin am Linzer Kepler Universitätsklinikum und Koordinator der Intensivbetten im Bundesland, seien in Oberösterreich derzeit aber keine Triage-Maßnahmen nötig und “im Moment noch ausreichend intensivmedizinische Kapazitäten vorhanden”. Es gebe allerdings Fälle, in denen auf eine intensivmedizinische Behandlung verzichtet werde, wenn eine palliative Behandlung sinnvoller sei, betonte er.
Niederösterreich: Triage „relativ weit weg“
In Niederösterreichs Landeskliniken sind Triagierungsentscheidungen nach Einschätzung von Patientenanwalt Gerald Bachinger aktuell “relativ weit weg”. “Diese Frage stellt sich nicht”, sagte er am Dienstag auf APA-Anfrage mit Verweis auf Reserven in der Intensivversorgung. Für den Fall einer etwaigen regionalen Knappheit an Intensivbetten forderte er Solidarität unter den Bundesländern und eine Umverteilung der Erkrankten ein.
Bachinger appellierte außerdem an das Gesundheitsministerium und verlangte österreichweit einheitliche Triage-Kriterien. Es dürfe “nicht von der Postleitzahl abhängen, ob der Unfall- oder der Schlaganfallpatient das freie Intensivbett bekommt”, betonte der Patientenanwalt. “Niemand will in die Situation kommen”, sagte er. Sollten dennoch in Österreich Triage-Maßnahmen nötig werden, bringe es nichts, den Schuldigen zu suchen. Es gelte dann vielmehr “möglichst gerecht mit der Situation” umzugehen.
Kärnten: Keine Kapazitätsprobleme
In Kärnten sind in den Spitälern insgesamt 351 Betten für die Behandlung von Coronapatienten “reserviert”, die Zahl der Intensivbetten liegt bei 40. Dabei würden nicht einzelne Stationen “umfunktioniert”, hieß es bei der Krankenanstalten-Betriebsgesellschaft Kabeg am Dienstag auf Anfrage der APA. Kapazitätsprobleme gibt es derzeit noch keine. Mit Stand Dienstagfrüh waren 176 Menschen im Spital, 14 davon auf der Intensivstation. Daher sei die Triage derzeit “überhaupt kein Thema”, hieß es.
(apa)
Titelbild: APA Picturedesk