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Pilz am Sonntag: Corona, Terror? Ein Ferrari für Nehammer

Pilz am Sonntag

Regierungshandeln ist vor allem auch die Abwehr lebensbedrohlicher Gefahren. Peter Pilz kommentiert, wie das derzeit in Österreich läuft.

 

Wien, 15. November 2020 | Die rechtzeitige Abwehr einer Gefahr kennt zwei Voraussetzungen: das frühe Erkennen der Gefahr, und den schnellen und gezielten Einsatz der geeigneten Mittel. Das gilt für beide, für den Terroristen und für das Virus.

Die rechtzeitige Abwehr der Gefahr von COVID19 war ebenso möglich wie die Abwehr des drohenden Anschlags am 2. November. Beides ist nicht passiert. Warum haben zwei Minister Österreich nicht schützen können?

Versagen 1: Covid-19

Über Fehler und Pannen während der ersten Welle ist berichtet worden, vom späten Erkennen der Gefahr, dem Chaos bei den Masken, den gesetzwidrigen Verordnungen und dem fehlenden Schutz des medizinischen Personals. Der Gesundheitsminister war einer von vielen, die von der ersten Welle überrascht wurden. Aber das österreichische Gesundheitssystem war stark genug, die erste Welle ohne Vorbereitung zu überstehen.

Die zweite Welle ist keine Überraschung. Einen ganzen Sommer lang hatte die Regierung Zeit, Österreich auf sie vorzubereiten. In dieser Zeit hätte auf Basis genauer Daten eine Strategie für den Herbst entwickelt werden müssen. Das ist nicht geschehen. Jetzt stellt sich heraus, dass verlässliche Daten fehlen. Der Minister weiß nicht mehr genau, wo wir stehen und was uns droht. Am Beginn einer möglichen Katastrophe geht der Gesundheitsminister in den Blindflug.

Versagen 2: Terror

Für die Abwehr terroristischer Gefahren gibt es eine Behörde: das BVT, das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Im August 2020 musste das BVT wissen, dass in Wien ein Anschlag vorbereitet wird:

  • Der verurteilte Terrorist und spätere Attentäter Kujtim F. wurde observiert.
  • Die Observierung durch das LVT Wien ergab geheime Treffen mit ausländischen Djihadisten.
  • Im Deradikalisierungsprogramm wurde er plötzlich wieder auffällig.
  • Der mit ihm verurteilte Terrorist Burak K. war in engem Kontakt mit ihm und galt gemeinsam mit seiner Frau als besonders gefährlich.
  • Kujtim F. versuchte sich in Bratislava Munition für eine Kalaschnikow zu besorgen.
  • Er verfügte zu diesem Zeitpunkt offensichtlich bereits über die halbautomatische Waffe.

Im Gegensatz zum Gesundheitsminister befand sich der Innenminister im August 2020 in einer komfortablen Lage. Nehammer und sein BVT hätten nur eine offensichtliche Vorbereitung eines Anschlags dem Staatsanwalt melden müssen, dann wäre der Anschlag verhindern worden.

Der Fall „Anschober“

Anschobers Aufgabe war komplizierter. Der Gesundheitsminister wusste längst, dass er verlässliche Daten nur dann bekommen könnte, wenn es ihm gelänge, den Widerstand der Länder zu brechen. Dasselbe galt für den Schutz der besonders gefährdeten Gruppen, für das bundesweite Tracing und für den Ausbau der Intensivmedizin. Aber in fast allen Landeshauptstädten saßen Landesräte, die den Gesundheitsminister lieber sabotierten als ihm zu folgen.

Rudi Anschober ist gescheitert, weil er sich nicht durchsetzen konnte. Er ist der Machtprobe mit den Ländern, der Wirtschaftskammer und der ÖVP ausgewichen. Jetzt muss er als macht- und hilfloser Minister für das Versagen der Corona-Provinz die Verantwortung übernehmen.

Der Fall „Nehammer“

Im Gegensatz zu Anschober ist es Nehammer nie um „die Sache“ gegangen. Als der terroristische Anschlag im Sommer vorbereitet wurde, interessierte sich Nehammer nicht für das BVT. Er bekämpfte mit dem Roten Wien einen anderen Feind. Der Attentäter und seine Komplizen blieben in ihren Vorbereitungen ungestört. Nach dem Anschlag, den er und sein BVT nicht verhindert haben, fordert Nehammer neue Vollmachten.

Rudi Anschober erinnert an einen Radfahrer, der auf einer langen Strecke mit Gegenwind immer müder wird. Karl Nehammer ähnelt dem Porsche-Fahrer, der betrunken sein Auto demoliert hat und jetzt daraus die Konsequenz zieht: den Kauf eines Ferrari.

Aber es gibt noch etwas dahinter: Parteipolitik. Die Stärke von Sebastian Kurz liegt auch darin, dass er Probleme nicht löst, sondern nützt. Kurier-Chefredakteur Richard Grasl ist bereits auf Anschober losgelassen. Wenn es Kurz gelingt, den angeschlagenen Gesundheitsminister zu demontieren und gleichzeitig Nehammer und somit ihm die ÖVP zu stärken, ist der Weg zur Entsorgung der Grünen frei. Dann ist der nächste Konkurrent ruiniert und der Weg frei.

Und Corona? Da wird es wohl irgendwann eine Impfung geben. Sebastian Kurz wird die erste Ampulle persönlich nach Wien begleiten. Und dann in einer Sondersendung…

Titelbild: APA Picturedesk

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