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ÖVP-Abtreibungsstatistik – Grüne gegen türkisen Fundi-Wahn

ÖVP-Abtreibungsstatistik

Die türkisen Ministerinnen Susanne Raab und Christine Aschbacher sprechen sich für eine Bürgerinitiative der „Aktion Leben“ aus, die eine Statistik zu Häufigkeit und Motiven von Schwangerschaftsabbrüchen fordert. Grüne und Frauenrechtsorganisationen sehen einen Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht der Frau – und beziehen deutlich Stellung.

 

Wien, 25. November 2020 | Der radikal-katholische Verein „Aktion Leben“ hatte im September die bereits vor sechs Jahren gestartete Bürgerinitiative „Fakten helfen!“ erneut im Parlament eingebracht. Zuletzt bekundeten die Ministerinnen Susanne Raab (ÖVP) und Christine Aschbacher (ÖVP) ihre Unterstützung für die Initiative, die eine bundesweite Statistik über Schwangerschaftsabbrüche und deren Motive fordert. Die grüne Frauensprecherin Meri Disoski stellt sich deutlich gegen den Koalitionspartner.

Raab & Aschbacher: Statistik „sinnvoll“

Die Stellungnahme der beiden Ministerinnen findet eindeutige Unterstützung: Schwangerschaftsabbruch sei „immer noch ein Tabuthema, weshalb es von Interesse ist, mehr über Motive und Gründe, die sich dahinter verbergen, in Erfahrung zu bringen, um Frauen in dieser Konfliktsituation besser unterstützen und begleiten zu können“, so die Stellungnahme der Ministerinnen. „Daher wird die Einführung einer anonymisierten Statistik über Schwangerschaftsabbrüche und deren Gründe für die Weiterentwicklung von Präventionsmaßnahmen sowie bedarfsgerechten Unterstützungsangeboten für ungewollte bzw. ungeplante Schwangerschaften als sinnvoll erachtet.“. Raab und Aschbacher verweisen allerdings auf die Zuständigkeit des Anschober-Ministeriums, „in dessen Kompetenz eine entsprechende Statistik fallen würde.“

Susanne Raab, ÖVP-Frauenministerin und bekennende Nicht-Feministin.

Im Regierungsprogramm selbst ist eine derartige Statistik über Schwangerschaftsabbrüche und Motivforschung nicht vorgesehen. Auch darauf verweisen die Ministerinnen, die ihre Stellungnahmen an den Petitionsausschuss des Parlaments im Vorfeld der nächsten Sitzung am 3. Dezember abgaben.

Grüne deutlich gegen ÖVP

Die Frauensprecherin der Grünen, Meri Disoski, bezog nach Bekanntwerden der Stellungnahmen sogleich Position:

ZackZack fragte nach, ob es bezüglich Abtreibungsstatistik türkis-grüne Gespräche gäbe. Disoski sieht keine Notwendigkeit für ein Gespräch: „Ich nehme zur Kenntnis, dass Ministerinnen Raab und Aschbacher private Meinungen haben, die spiegeln sich aber nicht im Regierungsübereinkommen wider.“

Die Motive von Schwangerschaftsabbrüchen seien bereits hinreichend erforscht, zur Statistik meint Disoski:

„Schwangerschaftsabbrüche sind privat zu finanzierende medizinische Leistungen, daher gilt für sie keine Meldepflicht. Wenn die Kosten des Abbruches von der Sozialversicherung übernommen würden, gäbe es eine Statistik.“

Viel wichtiger seien Präventionsmaßnahmen wie flächendeckende Sexualpädagogik und kostenfreier Zugang zu Verhütungsmitteln.

Meri Disoski, Grünen-Sprecherin für Frauen und Gleichstellung bezieht klar Stellung für Frauenrechte.

Auch Grünen-Abgeordneter Michel Reimon positionierte sich klar für das Selbstbestimmungsrecht von Frauen:

https://twitter.com/michelreimon/status/1331175098745819137

Pro Choice Austria: „Ungewollt Schwangere sind niemandem Rechenschaft schuldig“

Die Aktion „Pro Choice Austria“, eine Plattform, die sich für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch einsetzt, ist über den ÖVP-Vorstoß empört. Würden die Kosten eines Abbruchs durch die Krankenkassen getragen, wäre eine Statistik über deren Häufigkeit leicht erhältlich, betont auch Pro Choice Austria:

Darüber hinaus verweist auch Pro Choice Austria auf die dringende Notwendigkeit von umfassend sexueller Bildung von Kindern und Jugendlichen sowie kostenfreiem Zugang zu Verhütungsmitteln.

Die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs sind von den Betroffenen selbst zu tragen und belaufen sich in Österreich auf zwischen 350 und 800 Euro. Im Zuge eines Schwangerschaftsabbruchs besteht darüber hinaus kein Anrecht auf einen Krankenstand.

Selbstbestimmungsrecht von Frauen unter Beschuss

Das Selbstbestimmungsrecht von Frauen über ihren eigenen Körper gelangt immer wieder zwischen linke und rechte Fronten, und führt zu heftigen Debatten – je rechtslastiger die Politik im Land, desto mehr geraten Menschen- und Frauenrechte in Bedrängnis, wie zuletzt am Beispiel Polen deutlich sichtbar wurde. Legaler Schwangerschaftsabbruch ist eine der Lieblings-Zielscheiben nationalkonservativer Politik. Auch in Österreich haben sich radikal-religiöse Kräfte über die ÖVP Einfluss verschafft – mit dem Ziel, das Selbstbestimmungsrecht von Frauen zu untergraben, so die Kritik.

Über die Verbindungen zwischen türkisen ÖVP-Politikern und religiösen Fundamentalisten berichtete ZackZack bereits mehrfach. Der Bundeskanzler selbst hatte zudem ein deutliches Zeichen gesetzt, als er in der Stadthalle von evangelikalen Fundamentalisten gesegnet worden war. Wenig überraschend scheint daher die Unterstützung der beiden ÖVP-Ministerinnen für die Bürgerinitiative.

(lb)

Titelbild: APA Picturedesk

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