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Andritz-Milliardär mit heißem Draht zu Kurz – ÖVP-Privatsachen im Ibiza-Ausschuss

ÖVP-Privatsachen im Ibiza-Ausschuss

Andritz-Milliardär Wolfgang Leitner hat einen heißen Draht zu Sebastian Kurz. Schon vor Jahren lernte er ihn kennen, traf ihn irgendwann einmal „zufällig“ im Urlaub. Seine Frau übernahm während Türkis-Blau den Privatstiftungsverband, eine Gesetzesänderung verhinderte das Ibiza-Video. Auch Kokain war Thema.

Wien, 26. November 2020 | Als zweite Auskunftsperson musste am Donnerstag der Manager Wolfgang Leitner im Ibiza-Ausschuss aussagen. Das offizielle Familien-Vermögen wird auf knapp 2 Milliarden Euro geschätzt, als Chef der Andritz-Gruppe zahlte er in diesem Jahr eine stattliche Dividende aus – trotz Kurzarbeit und Steuergeld für sein Unternehmen.

Andritz-Milliardär mit heißem Draht zum Kanzler

Vor Jahren war Wolfgang Leitner „zufällig“ mit Sebastian Kurz auf Urlaub. Seit wann er ihn genau kenne, wisse er nicht mehr, so Leitner. Wie oft er mit dem Kanzler Kontakt habe? Sichtlich genervt antwortete der Milliardär: „Es gab eine Reihe von Videokonferenzen im Zuge der Covid-Krise.“

Wie oft der Kanzler bei Leitner zu Hause zu Besuch sei, wisse er nicht mehr. Auch nicht, wie oft er mit ihm telefoniere. Der Milliardär war merklich in Bedrängnis, als David Stögmüller (Grüne) nach seinem Verhältnis zum Kanzler fragte. Stögmüller fragte, wie gut er ÖVP-General Axel Melchior kenne – dieser soll sich darum gekümmert haben, die türkise Wahlkampfkassa zu füllen. „Gar nicht“, sagte Leitner, nachdem die Frage beinahe abgedreht wurde. Sobotka und der Verfahrensrichter waren sich nicht sicher, ob das zum Untersuchungsgegenstand zählt. Sobotka verlor sich während der Befragung gar in ein kleines Schläfchen.

Passierte dem Nationalratspräsidenten aber auch schon mal im Plenum, wie Selma Yildirim (SPÖ) kommentiert.

Superreicher mit Maske

Der Milliardär behielt seine FFP3-Maske (damit schützt man sich zwar selbst, gefährdet aber möglicherweise die anderen) während der Befragung als erster der Auskunftspersonen auf – was es sehr schwer machte, seiner Aussage zu folgen. Man konnte aber von ihm hören, dass er keine Gelder an die „sehr gute Partei“ ÖVP überwiesen habe. Und er betonte, was schon andere Milliardäre vor ihm erzählt hätten: Die türkise ÖVP würde sich für Wirtschaft interessieren und ihm zuhören. Eine Zahlung seiner Familie an Kurz ist dennoch bekannt: Das Hotel seiner Frau überwies die für Superreiche eher bescheidene Summe von 10.000 Euro. Im ÖVP-Strategiepapier „Projekt Ballhausplatz“ führte man Wolfgang sowie Cattina Leitner als potenzielle Spender aus.

Die Familie Leitner soll sich für eine Änderung des Privatstiftungsgesetzes eingesetzt haben. Welche Gespräche hat er mit seiner Frau darüber geführt? Immerhin wurde sie 2019 Präsidentin des Österreichischen Stiftungsverbandes. Seine Antwort: Derartige Gespräche seien „Privatsache.“ Die geplante Änderung des Stiftungsgesetzes war unter der türkis-blauen Ibiza-Regierung fast fertig, doch das Ibiza-Video kam dazwischen.

ÖBAG-Aufsichtsrätin vorgeladen

Die ÖBAG-Aufsichtsrätin und Wirtschaftswissenschaftlerin Susanne Höllinger war vor Leitner die erste Auskunftsperson im Ibiza-U-Ausschuss am Donnerstag. Ihre Karriere führte sie unter anderem in den Nachhaltigkeitsrat der Raiffeisen, beim Bank-Konzern wurde sie auch „Diversity-Botschafterin.“ Sie ist Mitglied der ÖVP-Organisation ÖAAB, Wolfgang Sobotka (Ausschuss-Vorsitzender) ist Landesobmann der ÖAAB Niederösterreich.

Über die ÖBAG und ihren Chef Thomas Schmid sprach sie nur in besten Tönen. Wenn es eng wurde, etwa als Helmut Brandstätter (NEOS) nach Kokain bei Kurz-Intimus Thomas Schmid fragte, sprang Sobotka zur Seite. „Drogenangelegenheiten des Herrn Schmid (ÖBAG-Chef, Kurz-Freund, Anm.) greifen in die Persönlichkeitsrechte ein“ – so drehte zunächst Verfahrensrichter Pöschl die Fragen von Helmut Brandstätter (NEOS) nach dem Drogenkonsum ab. Dann half Sobotka: „Ist der Vorwurf erwiesen?“ Er sei es nicht, weshalb die Frage nicht zulässig sei.

Privatsache Kokain

Brandstätter änderte dann die Fragestellung bei Susanne Höllinger von der ÖBAG: „Ist im ÖBAG-Aufsichtsrat über das Thema Kokain gesprochen worden?“ Auskunftsperson Höllinger berief sich zunächst auf das Geschäftsgeheimnis: „Über den Inhalt von Aufsichtsratssitzungen darf ich nicht sprechen.“ Ob man die Medienberichte rund um den Drogenverdacht von Schmid nicht mibekommen habe? Daraufhin meinte Höllinger doch, dass dies auch dem Aufsichtsrat nicht entgangen wäre.

Auf das Aktiengesetz – nachdem sie über Interna im Aufsichtsrat nicht sprechen dürfe – beief sich Höllinger während der Befragung immer wieder. Gegen Thomas Schmid wird in der „Causa Casinos“ ermittelt (es gilt die Unschuldsvermutung). Wie geht der ÖBAG-Aufsichtsrat damit um? Dafür gebe es „Gesetze“ und man gehe damit äußerst „akkurat“ um.

Doch wie Dokumente, die ZackZack vorliegen, zeigen soll sich ÖBAG-Aufsichtsratschef Helmut Kern im Dezember 2019 – als erste Enthüllungen rund um die türkise Casinos-Affäre bekannt geworden waren – explizit für Thomas Schmid ausgesprochen haben. Seine Abberufung sei nicht nur „nicht erforderlich“, sondern „sogar kontraproduktiv.“

(ot)

Titelbild: APA Picturedesk

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