Freitag, März 29, 2024

“Ermittlungen gegen ÖVP-Spitze werden torpediert” – Ibiza-U-Ausschuss

Ibiza-U-Ausschuss

Schockierende Enthüllungen rund um den Zustand der österreichischen Justiz im Ibiza-U-Ausschuss: Ermittlungen gegen die ÖVP-Spitze würden “torpediert”, urteilte die Opposition nach der Befragung der Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Man fordert Justizministerin Zadic auf, sich endlich schützend vor die Behörde zu stellen.

Wien, 03. Dezember 2020 | Ibiza – Das ist mehr als ein betrunkener Ex-Vizekanzler im Strandleiberl. Für den ehemaligen Innenminister Wolfgang Peschorn sei es einer „der spannendsten Kriminalfälle in der Geschichte der Zweiten Republik.“

Die Abgeordneten erhofften sich am Donnerstag einiges an Erhellung: Die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, Ilse-Maria Vrabl-Sanda, war im Ibiza-Ausschuss geladen.

„Unwägbarkeiten von außen“

Ob die Politik versuche, ins Casinos-Verfahren einzugreifen, wollte Stephanie Krisper (NEOS) wissen und erwähnte dabei den Namen Pilnacek. Vrabl-Sanda wollte dazu aber nichts vor Medien erläutern. Doch die Korruptionsjäger hätten innerhalb des Justizsystems nicht nur Freunde, ihr Job verlange vieles ab, es gebe Querschüsse (man kennt ÖVP-Pläne gegen die WKStA). Mittlerweile wurde der Kanzler selbst dazu schon von der WKStA einvernommen. Zu den umfangreichen Ibiza-Ermittlungen mit einer Vielzahl an Strängen stellte sie diplomatisch fest: es gebe „Unwägbarkeiten von außen.“

Dann kam der Knalleffekt: Jedenfalls gibt es ein „sehr junges Verfahren“, in dem die WKStA ermittle. Vrabl-Sanda erwähnte dieses „junge Verfahren“ im Rahmen von Fragen zu „politischer Einflussnahme“. Mehr wollte sie in einer medienöffentlichen Sitzung dazu nicht sagen, eine ausführliche geheime Sitzung folgte.

Fehlende Akten

Das Justizministerium gab im Laufe des Tages bekannt, dass diesem ein solches Verfahren nicht bekannt sei. Laut „Standard“-Recherchen könnte der Fall aktuell bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck liegen.

Zu möglichen Falschaussagen von Ex-Kurz-Vize und Casag-Chefin Bettina Glatz-Kremsner waren keine Fragen zulässig, so sehr SPÖ-Krainer auch dagegen rebellierte. Doch Vrabl-Sanda bestätigte, dass es eine Weisung gebe, dem U-Ausschuss keine Akten dazu zu liefern. Ähnlich verhält es sich offenbar mit dem Schredderverfahren. Auch dazu meldete sich heute das Justizministerium: man werde diese Akten dem U-Ausschuss liefern.

„Torpedierung von Ermittlungen“

Dann ist da noch Staatsanwältin Christina Jilek. Diese Woche wurde bekannt, dass sie nicht mehr in der WKStA tätig ist. Laut Krainer habe sie „das Handtuch geworfen.“ Nach Auskunft von Vrabl-Sanda dürfte sie nicht nur im Schredderverfahren die Ermittlungen geführt haben, sondern auch im Fall „Alois-Mock-Institut“ und im Fall „Insider-Anzeige“ gegen Sebastian Kurz und Co.

Stephanie Krisper zeigte sich nach der Befragung schockiert über die Vorgänge innerhalb der Justiz:

„Ich fordere, dass sich die Justizministerin endlich schützend vor die WKStA stellt.“

Die Oberstaatsanwaltschaft würde sich in einigen Fällen schützend vor die ÖVP stellen, etwa im Fall Glatz-Kremsner. Sie kündigte parlamentarische Anfragen an, um herauszufinden, welche Akten dem U-Ausschuss per Weisung vorenthalten werden. Auch eine Falschaussage von Pilnacek im U-Ausschuss erwähnte die NEOS-Fraktionsführerin.

Justitia unter Beschuss

Offenbar sei es stehts zu einer „Torpedierung“ gekommen, wenn es um “Kurz und die ÖVP-Spitze geht“, so Krainer mit Bezug auf Staatsanwältin Jilek. Sebastian Kurz habe aktiv um Millionen von Milliardären geworben und diesen dann auch geliefert.

Die Kämpfe innerhalb der Justiz wirken nicht geringfügig. Auf Verlangen der Oberstaatsanwaltschaft Wien habe Vrabl-Sandra eine Rüge in ihre Personalakte eingetragen bekommen. Das Justizministerium nahm diese dann aber wieder zurück, das Schlagwort “Mobbing” fiel in diesem Zusammenhang auch. Es bleibt schwierig, innerhalb der österreichischen Justiz, oder sind wir einfach eine „Schnitzelrepublik“?

(ot)

Titelbild: APA Picturedesk

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