Hardliner-Schaulaufen mit Kugler, Sobotka und Raab
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) lädt nächste Woche zum gemeinsamen Gebet ins Parlament. Das sorgt für Kritik. SPÖ und NEOS sagten nach anfänglicher Zusage ab.
Wien, 03. Dezember 2020 | Es ist nur eineinhalb Jahre her, als sich Bundeskanzler Sebastian Kurz in der Wiener Stadthalle – mitten im Wahlkampf – von christlichen Fundamentalisten segnen ließ. Nun sorgt Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka mit einer Einladung für Wirbel: Gemeinsam mit Bundesratspräsidentin Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP) lädt er zu einer „gemeinsamen adventlichen Online-Gebetsfeier“. Das „Gebetsfrühstück“ am 8. Dezember um 20.00 Uhr soll „Hoffnung in der Krise“ vermitteln.
Die Segnung aus der Stadthalle
Bild: Screenshot/Youtube
Alles, was Rang und ÖVP-Buch hat, mit dabei
Neben den beiden Präsidenten wird auch Kultusministerin Susanne Raab (ÖVP) Eröffnungsworte sprechen.
Die rein christliche Rednerliste wird von der ehemaligen steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic (ÖVP) sowie Georg Mayr-Melnhof, Jugendleiter der Erzdiözese Salzburg sowie Gründer der Loretto-Gemeinschaft, ergänzt.
Hardlinerin Kugler moderiert
Moderiert wird die Veranstaltung von der ÖVP-Nationalratsabgeordneten Gudrun Kugler. Kugler ist vehemente Abtreibungsgegnerin. Ihr Mann war als Pressereferent der katholisch-fundamentalistischen Gruppe “Opus Dei” tätig. Auch von der Ehe zwischen Homosexuellen ist Hardlinerin Kugler kein Freund. Die ÖVP-Kandidatin hatte in der Zeitschrift “Couleur” geschrieben, dass die Homo-Ehe “unweigerlich zu schrittweisen Erweiterungen” führe, etwa einer “Ehe unter Geschwistern”.
2015 hatte der ehemalige Wiener ÖVP-Chef Manfred Juraczka – der die Volkspartei in Wien mit 9 Prozent fast versenkt hatte – davon gesprochen, dass Leute wie Kugler die “Vielfalt einer Partei” ausmachen würden.
Christen-Ultra Gudrun Kugler gemeinsam mit Sebastian Kurz
Bild: APA
SPÖ und NEOS ziehen zurück
Nach anfänglicher Zusage aller Parlamentsparteien zum ÖVP-Parlamentsgebet, ziehen nun Abgeordnete von SPÖ und NEOS diese zurück. Schon mehrmals hatte Sobotka im Parlament zum “Gebetsfrühstück” geladen, und damit auch Kritik, etwa an mangelnder Trennung von Staat und Kirche sowie – auch zur kommenden Veranstaltung in den sozialen Medien – Hohn geerntet.
Auch die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) kritisiert die Veranstaltung im Hohen Haus. Gegenüber dem Standard sagt sie, dass sie in die Organisation „überhaupt nicht eingebunden“ gewesen sei. Sie selbst “vertritt die Auffassung, dass Österreich aufgrund seiner Geschichte sehr sensibel mit dem Thema der Trennung von Staat und Religion umgehen sollte”.
Scharfe Kritik kommt auch vom Verein “Religion ist Privatsache”. In einer Aussendung schreibt dieser:
“Während sich die Zweite Republik inmitten der schlimmsten Krise ihrer Geschichte befindet, intensivieren christlich-fundamentalistische Aktivisten und erzkonservative Politiker ihre Bemühungen, das Österreichische Parlament für ihre Zwecke zu vereinnahmen. So plant das selbsternannte „Komitee des Nationalen Parlamentarischen Gebetsfrühstücks“ am 8. Dezember, unter dem vorgeschobenen Credo „Hoffnung in der Krise“, eine religiöse Veranstaltung abzuhalten bei gleichzeitigem Vortäuschen einer Schirmherrschaft des Österreichischen Parlaments. Zu diesem Zweck tragen die Einladungen zur Gebetsfeier das offizielle Emblem des Österreichischen Parlaments sowie die dazugehörige Überschrift „Republik Österreich – Parlament“.
Die Trennung von Staat und Kirche (Säkularität) ist übrigens noch nicht in Österreichs Verfassung festgeschrieben.
(bf)
Titelbild: APA Picturedesk