Freitag, März 29, 2024

„Sehr viele wollen von Novomatic Unterstützung“ – Automatentag im Ibiza-Ausschuss

Automatentag im Ibiza-Ausschuss

Automatentag im Ibiza-Ausschuss. Über viele Stunden zog sich eine zähe, aber brisante Befragung von Novomatic-Generalsekretär Stefan Krenn. Doch der rhetorisch geschickte Manager parierte die Fragen und stellte seinen Konzern als Unternehmen mit hoher ethischer Verantwortung dar.

Wien, 02. Dezember 2020 | Am späten Donnerstagnachmittag wurde es im Ibiza-U-Ausschuss spannend: Novomatic-Generalsekretär Stefan Krenn war als Auskunftsperson geladen. Vor seiner Glücksspielkarriere hatte er im Kabinett von ÖVP-Lopatka gearbeitet. Krenn soll vor 15 Jahren den ominösen „Masterplan Novomatic“ geschrieben haben – zu dieser Zeit war Krenn bei der Lobbyagentur von Peter Hochegger beschäftigt gewesen.

Masterplan Novomatic

Im „Masterplan“ heißt es etwa:

„Verbündete Politiker stellen eine schnelle Einbindung in den Gesetzgebungsprozess sicher. Politiker werden in der Regel erst dann tätig, wenn sie für sich einen konkreten Nutzen darin sehen.”

Im U-Ausschuss sagte Krenn, er habe das Strategiepapier nur ausformuliert. Jedoch ist der Plan die letzten Jahre streng verfolgt worden, das zeigt der Werdegang der Novo. Gilt am Ende vielleicht Straches Satz auf Ibiza: “Die Novomatic zahlt alle”?

„Nein, Novomatic zahlt nicht alle, aber sehr viele wollen Unterstützung von Novomatic“,

schloss Krenn sein Eingangsstatement. Dass er über den damaligen Novo-General Harald Neumann „Liebe Grüße“ an „Hanni“ (Johanna Mikl-Leitner, Landeshauptfrau Niederösterreich, Anm.) ausrichtete, liege daran, dass die Novomatic in Niederösterreich den Hauptsitz habe und deshalb dort besonders aktiv sei. Etwa, indem man einmal Sponsoring und Catering einer Veranstaltung des ÖVP-Vereins „Wir Niederösterreicherinnen“ übernommen habe. Auch Parteispenden würde er grundsätzlich in Ordnung finden, wenn es „transparent“ passiere, doch die Novomatic hätte das ohnehin nicht gemacht.

Das taktische Hirn

Das Alois-Mock-Institut sei nur einer von 3.000 Vereinen, über die sich der Automatenkonzern „gesellschaftlich engagiert.“ Damit würde man auch den Wert des Konzerns steigern, und mit dem Namen Mock würde man „sehr gerne assoziiert“ werden, so Krenn. Auch der „Verein zur Förderung des Journalismus in Niederösterreich“ wurde mit 36.000 Euro in den Jahren 2018 und 2019 vom Konzern finanziert. Sobotka unterband dazu weitere Fragen, der Verein sei nicht Untersuchungsgegenstand. Ebenso verhielt es sich mit dem Waidhofner Kammerorchester (Dirigent Sobotka): Wenn Jan Krainer (SPÖ) besonders hartnäckig nachbohrte oder Nina Tomaselli (Grüne) nach Zahlungsausgängen eines Unternehmens fragte, das Krenn gehört.

Ausgewiesen ist die Novomatic-Unterstützung auf der Vereinshomepage des Journalistenvereins jedenfalls nicht. Kassier desselben:  “Kurier”-Chefredakteur Richard Grasl.

Einschlägige Sponsoren und Partner des “Vereins zur Förderung des Journalismus in Niederösterreich”.

Mit kaltschnäuziger Abgebrühtheit parierte Krenn allerlei brisante Fragen. Wenn es eng wurde, äußerte er sich auch patzig. “Frotzelei”, antwortete er einmal Stephanie Krisper (NEOS).

Krenn wirkte wie das Hirn der Novomatic und der strategische Leitwolf eines umstrittenen Konzerns. Je länger die Befragung dauerte, umso leichter war Krenns strategische Rolle zu verstehen. Eines aber blieb stets unerwähnt: Die unzähligen Schicksale Automatensüchtiger, die den Weg zum Milliardenschatz von Novo-Eigentümer Johann Graf und Co. säumen.

Entschlagungsorgie

Zuvor war ein anderer Novomatic-Manager geladen. Die dritte Auskunftsperson, FPÖ-Vereinsdrehscheibe und Sigma-Vorstand Markus Braun, sagte “coronabedingt” ab.

Alexander M. wird in der Casinos-Affäre als Beschuldigter geführt, unter anderem aufgrund des Verdachts der Bestechlichkeit (es gilt die Unschuldsvermutung). Wie im Vorfeld erwartet, entwickelte sich im Laufe der Befragung eine Entschlagungsorgie.

Entschlagung gab es zum Beispiel in der Frage der Glückspielnovelle unter Türkis-Blau: im Raum steht der Vorwurf, M. habe als Novomatic-Manager mitgewirkt. Wie er bei der Bestellung des Casag-Vorstandes involviert war? Entschlagung. Ob sich M. mit dem damaligen Novomatic-General Harald Neumann über die Casag unterhalten habe? Entschlagung.

So ging es über Stunden. Ermittler vermuten, dass M. über einen Mittelsmann einen heißen Draht zum damaligen FPÖ-Staatssekretär Hubert Fuchs gehabt haben könnte. Zuflüsterer oder Strohmann von Fuchs könnte dieser Mittelsmann gewesen sein, jedenfalls: eine gute Verbindung der Novomatic zur FPÖ. Doch zum Strache-Satz, wonach der Glücksspielriese „alle“ zahle, meinte er, der Konzern mache „so etwas nicht.“

Sobotka wieder eingeschlafen

Brisant: Schon letzte Woche war Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka während der Befragung kurz eingenickt, am gestrigen Mittwoch verfiel er schon eher in einen Tiefschlaf. Hatte es letzte Woche noch kaum jemand bemerkt, intervenierte diesmal Jan Krainer (SPÖ), während einer Befragungsrunde der ÖVP:

„Kann bitte jemand den Vorsitzenden aufwecken.“

Alle Augen richteten sich plötzlich auf den schlafenden Sobotka. Der schlief einfach weiter, Verfahrensrichter Pöschl weckte die ÖVP-Bastion dann aber auf.

Der Nationalratspräsident wirkte zunächst äußerst verwirrt – träumte er etwa gerade von einarmigen Banditen? Dann wich die Verwirrung, Krainer zischte: „Jede Frage der ÖVP ist unterstellend, sie müssen das unterbinden.“ Plötzlich blitzte etwas auf, was man von Sobotka nicht mehr erwartet hat: Dass er bei seiner Träumerei auf frischer Tat ertappt wurde, dürfte sogar ihm, bei dem sonst alles abprallt, peinlich gewesen sein.

(ot)

Titelbild: APA Picturedesk

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