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Internationale Pressestimmen zur Bestätigung Bidens als US-Präsident

Mit der Festlegung der Wahlmänner auf den Demokraten Joe Biden ist es amtlich: Er wird der nächste US-Präsident. So reagierte die Internationale Presse auf die Entscheidung.

Wien, 16. Dezember 2020 |

“Times” (London):

“Es ist wahr, dass Donald Trump sich immer noch nicht dazu durchringen kann, seine Niederlage ebenso wie seine Vorgänger einzuräumen. Aber Republikaner im Kongress haben es getan und damit bewiesen, dass Amerikas Kontroll- und Schutzmechanismen gegen Tyrannei – sei es die der Mehrheit oder die einer Einzelperson – dauerhafter sind, als die lautstarken Proteste des scheidenden Präsidenten und seiner eingefleischten Anhänger es vermuten lassen.

Ungeachtet der Furcht vor Unruhen konnten die Wahlmänner ihre Pflicht in Ruhe erfüllen und ihr Entscheid ist respektiert worden. In einer echten Demokratie gibt es keine fundamentalere Verpflichtung, als dass Verlierer ihre Niederlage akzeptieren müssen. Sonst wird die Demokratie überall in Zweifel gezogen und damit ausgehöhlt.”

“Jyllands-Posten” (Aarhus):

“Die restlichen Zweifel sind also aus dem Weg geräumt: Joe Biden kann am 20. Jänner als 46. US-Präsident ins Weiße Haus einziehen. Der krampfartige Versuch seines Vorgängers, den demokratischen Prozess zu behindern, hat letztlich Schiffbruch erlitten. Donald Trump ist bald Vergangenheit, Biden ist – zumindest formal – die Zukunft. Trump geht, aber seine vielen Wähler bleiben. Er bekam sogar mehr Stimmen als vor vier Jahren. Die Polarisierung zu überwinden wird Joe Bidens wichtigste Aufgabe sein. Und das lässt sich nicht in vier Jahren bewerkstelligen. Die US-Bevölkerung ist beinahe in der Mitte geteilt, und dabei geht es nicht nur um Trump. Er ist der große Katalysator gewesen, aber die Spaltung und extreme Polarisierung war da schon lange unterwegs. In der Hinsicht sind die USA in diesen Jahren ein Schreckensbild für andere – auch für uns in Europa.”

“De Telegraaf” (Amsterdam):

“Wenn Trump nicht schnell zur Besinnung kommt, wird er in die Geschichte als der schlechte Verlierer eingehen, der die Demokratie fast zerstört und ihre Säulen – eine unabhängige Justiz und eine freie Presse – ins Wanken gebracht hat. Trump hat nicht einmal so getan, als wäre er ein Präsident für alle Amerikaner: Es war ein “wenn du nicht für mich bist, bist du gegen mich”. (…)

Trumps fortgesetzte Leugnung seiner Wahlniederlage ist gefährlich. Demokratie baut auf Vertrauen auf, und nicht darauf, womit man durchkommen könnte. Die Tatsache, dass ein großer Teil der Republikanischen Partei lange Zeit geschwiegen hat, ist verwerflich.”

“Sme” (Bratislava):

“Wenn nun sogar (der russische Präsident Wladimir) Putin (dem Sieger der US-Präsidentschaftswahl Joe) Biden gratuliert hat, ist wohl augenscheinlich, dass es nach der Wahlleute-Abstimmung außer Trump und seinen eisernsten Anhängern auf der Straße niemanden mehr gibt, der das Wahlergebnis anzweifeln würde. (…) Damit hören auch die Überlegungen auf, was wäre, wenn einige Wahlmänner anders abstimmen würden, als die Wähler entschieden haben. (…)

Auch die Entwicklung nach der Wahl bestätigt somit paradoxerweise, dass die Meinung unbegründet ist, wie schwer Trump die US-Demokratie beschädigt habe. (…) Selbst das Höchstgericht, in das Trump drei neue, konservative Richter nominiert hatte, wischte beispielsweise die Anfechtung des Wahlausgangs in Texas in drei Sekunden als unbegründet vom Tisch. Dass rund 50 anderer Klagen auf unterschiedlichen Ebenen ähnlich endeten (…), das alles zusammen ist genug Munition um zu sagen, dass die amerikanische Demokratie vier Jahre permanenter Angriffe durch Trump zumindest auf juristischer Ebene ehrenvoll überstanden hat.”

“El Periodico” (Madrid):

“Die Bestätigung sollte dem ungewöhnlichen Spektakel von Donald Trump definitiv ein Ende setzen. Aber es ist unwahrscheinlich, dass dies geschehen wird, denn der scheidende Präsident hat schon vor Wochen den Wahlkampf für 2024 gestartet. Dabei will er seine Rede vom Wahlbetrug so lange am Leben erhalten, wie es der Fahrplan für Amtsübergabe zulässt. Deshalb ist absehbar, dass Trump auch die Mitteilung des Wahlergebnisses an den Kongress am 6. Jänner nutzen wird, um wieder ordentlich Wellen zu schlagen, obwohl seine Chancen, sich durchzusetzen, gleich Null sind. (…)

Die Demokratie hat den Winkelzügen derer widerstanden, die die Legitimität des Sieges der Demokraten infrage stellen wollen. Aber es ist nicht weniger wahr, dass die Spannungen zwischen den rivalisierenden Seiten bestehen bleiben, vielleicht noch verstärkt wurden. Die künftigen Kosten dieser Konfrontation in den USA sind so unvorhersehbar wie beunruhigend.”

(apa)

Titelbild: APA Picturedesk

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