Mittwoch, April 17, 2024

Ibiza-Vertuschung um Pilnacek – “Wovor hat Kurz Angst?”

“Wovor hat Kurz Angst?”

Schon vor Monaten berichtete ZackZack. Nun veröffentlichen „ORF“, „Profil“ und „Standard“ einen Mailverkehr, u. a. mit Christian Pilnacek, der zeigt, wie die WKStA schon in den ersten Tagen nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos ausgeschaltet wurde. Der Verdacht auf Amtsmissbrauch steht im Raum.

 

Wien, 14. Jänner 2021 | In den Tagen nach der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ entbrannte innerhalb der Justiz ein heftiger Kampf. Auf der einen Seite stand die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), auf der anderen ÖVP-Netzwerke. ZackZack berichtete bereits vor mehr als einem halben Jahr ausführlich über das „ÖVP-Kommando Ibiza“.

Amtsmissbrauch von Pilnacek?

Die ZackZack-Enthüllung zeigt, wie die WKStA bei der Erstellung der SOKO ausgeschalten und der ÖVP-nahe Andreas Holzer (seit kurzem Chef des Bundeskriminalamtes) zum Leiter der Ibiza-Ermittlungen wurde. Seither kämpft die WKStA, um zum umfangreichen Akt Ibiza ohne Störfeuer zu ermitteln. „Unwägbarkeiten von außen“ gebe es, das Verfahren sei „politisch durchdrungen“, schilderte WKStA-Leiterin Ilse-Maria Vrabl-Sanda im Ibiza-Ausschuss. Bei ihrer Befragung sprach sie auch von einem neuen, „sehr jungen“ Verfahren gegen Personen innerhalb der Justiz.

Dieses bezieht sich offenbar auf die ersten Tage nach der Ibiza-Bombe. „ORF“, „Profil“ und „Standard“ veröffentlichten nun einen Mail-Verkehr zwischen Christian Pilnacek und dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs. Fuchs war es auch, der mittels „geheimer Weisung“ Ermittlungen in der Schredderaffäre torpedierte.

Anti-WKStA

In den Mails schreibt Pilnacek, dass man der WKStA keine aktive Rolle zukommen lassen solle. Pilnacek und Fuchs sollen dieses Vorgehen im U-Ausschuss verschwiegen haben. Sie wurden auch aufgrund möglicher Falschaussage im U-Ausschuss angezeigt.

Pilnacek schreibt in einem Mail an Fuchs: “Wir bitten dich, der WKStA den Auftrag zu erteilen, das gesamte Bildmaterial von den beteiligten Medien anzufordern.” Und weiters: “HBM (Anm. Herr Bundesminister, also Josef Moser) wünscht auch, dass die Kommunikation ausschließlich über OStA Wien läuft.” Der WKStA solle man keine aktive Rolle zukommen lassen.

Zu den Mails ist die Strafverfolgungsbehörde gekommen, weil ein ehemaliger Kabinettsmitarbeiter diese dort deponiert hatte. Ein entsprechender Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Innsbruck, die mit dem Fall befasst wurde, liegt den Medien vor.

Reagiert Kogler?

Pilnacek und Fuchs wollten sich bisher nicht zu den Vorwürfen äußern. Aus der Pressestelle des Justizministeriums hieß es auf Anfrage am Donnerstag, dass die Angelegenheit noch geprüft und es danach eine Stellungnahme geben werde.

Die Opposition verlangt dagegen die unverzügliche Suspendierung von Christian Pilnacek und Johann Fuchs. Aktuell ist Vize-Kanzler Werner Kogler (Grüne) Justizminister, Alma Zadic ist in Babypause.

ÖVP-Einflussnahme

„Die ÖVP kann politische Einflussnahme auf das wichtigste Korruptionsverfahren dieser Republik nun wahrlich nicht mehr abstreiten“, sagt Stephanie Krisper, NEOS-Fraktionsführerin im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss, nach jüngsten Medienberichten, wonach das Justizministerium und die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien dem Untersuchungsausschuss gezielt Beweismittel vorenthalten hätten. Kogler müsse der Oberstaatsanwaltschaft Wien sofort die Aufsicht über das Verfahren entziehen und die Berichtspflicht der WKStA abschaffen, so Krisper per Aussendung.

Nun sei „der Tiefpunkt einer skandalösen ÖVP-Affäre“ erreicht, schreibt SPÖ-General Christian Deutsch. Nun zeige sich „dass alarmierende Ausmaß, mit dem die ÖVP Einfluss auf die die unabhängige Justiz und laufende Ermittlungen nehmen möchte. Was den Ibiza-Skandal betrifft, gelte es jetzt mehr denn je, einer zentralen Frage nachzugehen: „Wovor hat Kanzler Kurz Angst?“

„Nach den aktuellen Enthüllungen über offenbar vertuschte Weisungen des ehemaligen Justizministers Moser mit dem Ziel, die Ermittlungen zum Ibiza-Video in die für die ÖVP ‚richtigen‘ Hände zu legen, ist im BMJ Feuer am Dach. Die einzig mögliche Konsequenz ist die sofortige Suspendierung von Sektionschef Pilnacek und dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs. Vizekanzler Kogler hat diese in Vertretung von Justizministerin Zadic sofort vorzunehmen“, forderte der FPÖ-Fraktionsvorsitzende im Ibiza-Ausschuss, Christian Hafenecker.

(ot/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

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