“Feldversuch der Pharmaindustrie”
Die polarisierende Corona-Rede von FPÖ-Klubchef Herbert Kickl am Mittwoch im Nationalrat wurde von Google-YouTube gelöscht. Nun fordert die FPÖ ein Verfassungsgesetz zum Schutz vor einer solchen Zensur. Auch SPÖ-Lercher verteidigt Kickl gegen den Big-Tech-Riesen.
Wien, 15. Jänner 2021 | Laut Google-YouTube verstößt die FPÖ gegen die „Richtlinie zu medizinischen Fehlinformationen über COVID-19“. Und die Plattform lässt diese Richtlinie auch für gewählte Parlamentarier gelten: Weil Herbert Kickl (FPÖ) im Nationalrat am Mittwoch unter anderem von einem „Lockdown-Fetisch“ sprach, löschte die Big-Tech-Plattform kurzerhand das Video und sperrte gleich noch einen FPÖ-Kanal. Die Kanal-Sperre wurde jedoch danach widerrufen.
„Testapartheid“, „Maskenzwang“, „Feldversuch“
„Wir haben klare Vorgaben, die Videos verbieten, die den örtlichen Gesundheitsbehörden oder der WHO widersprechen, und wir entfernen schnell Videos, die gegen diese Richtlinien verstoßen, wenn sie uns gemeldet werden“, teilte ein YouTube-Sprecher am Donnerstag der APA mit.
Widersprochen hat der FPÖ-Klubobmann jedenfalls in gewohnter Kickl-Manier. In Klassenzimmern herrsche ein „unmenschlicher Maskenzwang“, Österreich gleite in „Totalitarismus“ ab. Die Impfung sei „ein Feldversuch der Pharmaindustrie“ und die „Testapartheid“, die durch die „sinnlosen“ Massentests eingeführt werde, bringe die SPÖ „im Komplizenmodus“ auf den Weg: „Welcher türkise Teufel ist denn da in sie gefahren?“, fragte er Richtung Sozialdemokratie. Die Begründung YouTubes hat Substanz: Kickl stellt sich jedenfalls klar gegen die Position der Gesundheitsbehörden und der WHO.
Für die FPÖ ist die Löschung nun eine Steilvorlage. FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst erachtet diese als “ungeheuerlich“:
„Die Richtlinie ist an sich bereits ein unglaublicher Akt der Zensur, denn sie erklärt die medizinischen Informationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder lokaler Gesundheitsbehörden zur alleingültigen Wahrheit, an der offenbar keinerlei Kritik geduldet wird. Völlig ungeheuerlich ist es, dass sich ein amerikanischer Medienkonzern dazu aufschwingt, die Verbreitung parlamentarischer Reden zu verbieten. Dies stellt eine massive Einmischung in die österreichische Politik dar und ist nicht hinzunehmen.“
Deshalb fordern die Freiheitlichen nun ein Verfassungsgesetz zum Schutz vor solcher Zensur.
SPÖ-Lercher stellt sich gegen Google
Auch SPÖ-Lercher stellt sich am Freitag gegen Google:
„Kickl hat zwar einen Holunder dahergeredet. Aber das ist Meinungsfreiheit. Es ist inakzeptabel, dass ein US-Konzern nach Gutdünken Privatzensur übt. Ich habe das schon bei US-Präsident Trump falsch gefunden, bei Kickl kippt das nun ins absurde. Denn ich finde zwar oft nicht richtig, was Kickl sagt. Aber das Recht, es sagen zu dürfen, werde ich als Demokrat immer verteidigen“, schreibt Lercher auf Facebook.
Auch „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk verteidigte Kickl gegen Google-Youtube: „Nein. Youtube soll keine Parlamentsrede sperren. Youtube soll das Video „flaggen“ und auf die mögliche Unwahrheit hinweisen. Aber dem Volk die Möglichkeit zu nehmen, via Youtube die Rede eines Abgeordneten zu hören, ist Wilkür. Auch wenn es Kickl ist“, schreibt er auf Twitter.
Auf Facebook ist die Rede des FPÖ-Klubchefs dagegen noch abrufbar.
(ot)
Titelbild: APA Picturedesk