Samstag, Oktober 5, 2024

Dramatischer Verteilungskampf um Impfstoff – Bundesländer

Bundesländer

Aufgrund des Impfengpasses wackelt in Österreich vor allem der wichtige zweite Stich. Jetzt beginnt unter den Bundesländern ein knallharter Verteilungskampf. Grund: viele sind dem überhasteten Impf-Befehl aus dem Kanzleramt gefolgt. Selbst Parteifreunde setzen Kurz jetzt unter Druck.

Wien, 26. Jänner 2021 | Am 6. Jänner übernimmt Kanzler Kurz das Covid-Kommando und gibt den Marschbefehl ins Impfdesaster: “Was geliefert wird, muss sofort verimpft werden!” Einige Bundesländer folgen seinem Befehl und müssen wohl ihre Impfintervalle verlängern, denn es fehlt jetzt an Impfstoff für die zweite Dosis. Die Nervosität steigt, man will die noch vorhandenen Impfdosen bestmöglich nutzen. Das Problem daran: jedes Bundesland hat seinen eigenen Plan.

Am 25. Jänner wendet sich Bundesheer-Generalmajor Andreas P. an die Impfkoordinatoren der neun Bundesländer: „Ein Bundesland ist an mich herangetreten mit der Frage, ob es möglich ist, in den Kalenderwochen 5 und 6 ca. 1.000 Impfdosen mehr zu bekommen.“ Man habe auf Bundesebene “keine Reserven als Puffer”, deshalb sollen jetzt die Länder untereinander umschichten.

ZackZack weiß: das ansuchende Bundesland ist Wien. Bislang habe sich laut Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) aber noch niemand zurückgemeldet. Laut Hacker-Sprecher wolle man in Wien den Plan beschleunigen, um mit den Pflegeheimen in Wien früher fertig zu werden. Schichte man 1.000 zusätzliche Impfdosen für die Erstimpfung auf Kalenderwoche 5 und 6 um, könne man die Zweitimpfung entsprechend eine Woche früher starten. Die hinten raus übrig bleibenden Dosen könne man dann anderweitig verwenden oder an andere Länder verteilen.

“Wir haben alle zu wenig”

Ob das Ansuchen Gehör findet, ist aber mehr als fraglich. Aus der Steiermark heißt es knapp: “Es gab unter den Bundesländern eine neutrale Anfrage, ob eines der Länder mit 1.000 Impfdosen aushelfen kann.” Auf die Frage, ob man aushelfen werde, kam aber keine Antwort. Aus Niederösterreich heißt es auf ZackZack-Anfrage gar: “Wir haben alle zu wenig”. Laut Pressestelle des Notrufs Niederösterreich, der die Impfungen im Land abwickelt, werde permanent “hin- und hergetauscht”; beispielsweise habe Niederösterreich mit Oberösterreich Moderna gegen Pfizer getauscht.

“Wir wollen nicht riskieren, dass der zweite Stich gefährdet ist”, heißt es. Dies scheint nicht immer gewährleistet zu sein. Dass Niederösterreich auf Wiens Bitte eingeht, ist also unwahrscheinlich. Man habe noch nicht einmal die Lieferungen für nächste Woche erhalten, so ein Sprecher des Notrufs.

Platter in Krisensitzung: “Stimmung kippt”

Pikant: Die Anfrage aus Wien kam just an dem Tag (25. Jänner), als laut Insidern eine dramatische Sitzung mit Kurz, Anschober und Kogler stattgefunden haben soll. Besonders Hermann Schützenhöfer (ÖVP) soll sich mit kritischen Nachfragen Richtung Kurz hervorgetan und über Bonelli & Co. gespottet haben: Was Büroleiter unter sich ausmachen würden, sei nicht relevant. Nicht nur den zugeschalteten Landeshauptleuten sei aufgefallen, dass es neben Schützenhöfer auch seinem Tiroler Kollegen Günther Platter (ebenfalls ÖVP) reiche. Der Tiroler Landeshauptmann soll demnach berichtet haben, dass es immer mehr private Feiern gebe. Und:

„Die Stimmung in der Bevölkerung kippt.“

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) versuchte dem Vernehmen nach, auf Einheitlichkeit in den Ländern zu drängen. Die meisten scheinen dem Kurz-Impfbefehl, alles sofort zu verimpfen, blind gefolgt zu sein.

“März komplett unklar”

Die Stimmung der Sitzung sei frostig gewesen, schildern uns Insider. Kurz und Anschober hätten dabei versucht, die Kollegen zu besänftigen. Kurz:

“Am Donnerstag im Rat (der EU, Anm.) war noch alles eitel Wonne. Am Freitag haben wir dann erfahren, dass AstraZeneca plötzlich nur ein Drittel der versprochenen Menge liefert. Jetzt überlegen Deutschland und USA schon Exportverbote für Impfstoffe.”

Niemand könne abschließende Aussagen treffen, wann welche Impfstoffe kommen würden, sagte der Kanzler Insidern zufolge.

Laut Anschober sei der “März komplett unklar”. Ob die Mengen, die jetzt fehlen, überhaupt nachgeliefert werden, ist: “nicht sicher”.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk

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