Donnerstag, März 28, 2024

Bald: Wohnzimmertests statt Lockdown – Sind die Tests der wahre „Gamechanger“?

Sind die Tests der wahre „Gamechanger“?

Österreichs Impfplan ist Geschichte. Gibt es jetzt Lockdown bis zum Sankt-Nimmerleinstag? Nein. Der neue Plan heißt „Wohnzimmertests“.

 

Thomas Walach

Wien, 27. Jänner 2021 | Die Impfstoffhersteller können erst einmal nicht liefern, Österreichs ursprünglicher Impfplan ist dadurch gescheitert. Jede Woche Lockdown kostet laut Berechnung des IHS rund 1,5 Milliarden Euro und vernichtet Existenzen. Es braucht einen neuen Plan.

Das schafft jeder

Er heißt „Wohnzimmertests“. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner macht sich schon seit Wochen dafür stark, international setzen sich angesehene Virologen dafür ein. Jeder in Österreich soll gratis Antigentests erhalten, um sich selbst mehrmals wöchentlich zu Hause zu testen.

Die Anwendung dieser Tests ist kinderleicht. Nicht umsonst werden sie seit vergangener Woche vom Bildungsministerium unter anderem an Volksschüler verteilt. Im Gegensatz zu den verbreiteten Staberltests ist das Ganze nicht unangenehm und in weniger als einer Minute erledigt. Das Staberl muss nur ein bis zwei Zentimeter weit in die Nase – das ist wirklich “wie Nasenbohren”, wie es in den Anleitungsvideos für Schüler heißt. Eine Viertelstunde später hat man das Ergebnis. In den Schulen laufen die Selbsttests nach gehörigen Anfangsschwierigkeiten für die Logistik gut.

Die gängigen Tests erinnern an Riesenlollys. Nach 15 Minuten ist das Ergebnis da. Bild: ZackZack

Die Hersteller geben die Zuverlässigkeit der Tests mit etwa 98 Prozent an. Selbst wenn – wie einige Studien nahelegen – die Trefferquote tatsächlich darunter liegen sollte, könnte durch den großflächigen Einsatz verhindert werden, dass Menschen andere anstecken, weil sie nicht wissen, dass sie das Coronavirus in sich tragen. Wer beim Wohnzimmertest positiv ist, bräuchte wie üblich einen aufwendigeren PCR-Test zur Überprüfung.

Kann das klappen?

Die meisten falsch-negativen Ergebnisse bei Antigentests kämen daher, dass die Viruslast so gering sei, dass von der betroffenen Person ohnehin keine Ansteckungsgefahr ausgehe – das sagen 74 Virologen, die gemeinsam die Initiative Rapidtests gegründet haben. Keine Maßnahme gegen das Virus müsse perfekt sein. Es reiche, wenn sie in Summe funktioniere.

Wie viele müssten mitmachen, damit die Pandemie eingedämmt werden kann? Harvard-Professor und Epidemiologe Michael Mina ist international der bekannteste Befürworter der Wohnzimmertest-Strategie. Mina sagt: „Wenn sich die Hälfte der Bevölkerung alle vier Tage selbst testet, können wir einen ähnlichen Effekt wie die Impfung erzielen.“

Pamela Rendi-Wagner setzt sich seit Wochen für die Wohnzimmertests ein. Bild: APA Picturedesk

Auch Gerry Foitik vom österreichischen Roten Kreuz zeigt sich auf ZackZack-Anfrage hoffnungsvoll: Er vertraue den Experten – allen voran Mina, aber auch den Simulationen Niki Poppers und Peter Klimeks. Alles spräche dafür, dass die Selbsttests ein „Riesenschritt“ wären. Schon durch diese Maßnahme alleine ließe sich die Pandemie bis zur Impfung „gut in den Griff bekommen“. In Kombination mit anderen Maßnahmen wie FFP2-Masken und Abstandhalten hätte man einen „enorm dämpfenden Effekt.“

Ohne Zwang

Doch ist nicht die Regierung bereits mit ihrer „Freitesten“-Strategie gescheitert? SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner betont gegenüber ZackZack, dass der Wohnzimmertest-Plan auf freiwilligem Mitmachen beruhe. Würden sich die Menschen zur Angewohnheit machen, sich zweimal pro Woche etwa vor dem Zähneputzen selbst zu testen, könne man die Infektionszahlen trotz Lockdownlockerung deutlich senken. Zwang oder Strafen will Rendi-Wagner nicht. Die SPÖ-Chefin appelliert an die vielzitierte „Eigenverantwortung“ der Menschen. Auch Gerry Foitik ist zuversichtlich. „Bei solchen Maßnahmen machen nie alle mit“, sagt der Rotkreuz-Chef. Das sei in den epidemiologischen Simulationen schon eingepreist.

Letzter Unsicherheitsfaktor: Mutationen

Einen Strich durch die Rechnung könnten allenfalls die neu aufgetretenen Mutationen des Coronavirus machen, warnt Foitik. Sollten gängige Antigentests nicht in der Lage sein, eine potenziell ansteckende Viruslast zu erkennen, müsse man auf die ungleich aufwändigeren PCR-Tests ausweichen. Das sei schwieriger, aber auch machbar, wenn es „wirklich gut organisiert wird“, so Foitik.

Gerry Foitik sieht in den Selbsttests einen “Riesenschritt” zur Eindämmung der Pandemie. Bild: APA Picturedesk

In Österreich Apotheken werden Antigenselbsttests derzeit um über 20 Euro angeboten, im Netz kann man sie als Großpackung um unter fünf Euro pro Stück beziehen. Im Rahmen einer österreichweiten Teststrategie wären sie gratis für alle.

Volkswirtschaftlich wäre der Tausch Wohnzimmertest gegen Lockdownende lohnend. Ein solcher Test kostet laut Michael Mina in der Produktion weniger als einen Dollar. Jedem in Österreich wöchentlich mehrere Tests zur Verfügung zu stellen, würde nur einen Bruchteil der Kosten für den Lockdown bedeuten.

Die Wohnzimmertests kommen

Eine politische Mehrheit für den neuen Plan zeichnet sich ab, einem entsprechenden Entschließungsantrag der SPÖ stimmen auch die Regierungsparteien zu. Der Jubel bei Pamela Rendi-Wagner ist – typischerweise – zurückhaltend: „Ich freue mich, dass die politische Bereitschaft da ist.“

Es wird absehbar einige Wochen dauern, bis eine österreichweite Testung anlaufen kann. Doch dann könnten die Wohnzimmertests bedeuten: Endlich kein Lockdown mehr.

Titelbild: APA Picturedesk

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33 Kommentare

  1. und wieder hecheln unsere Experten der Entwicklung hinterher.
    Warum ständig in der Nase rumstochern und die Schleimhäute irritieren.
    Es gäbe da ja den Sucktest von Medical United (österreichisches Unternehmen).
    Statt Nasebohren ein bisserl lutschen.

  2. Kann’s einfach nicht glauben ;-). Da schimpfe ich immer über die (exponentielle) Unfähigkeit von Bundesschlaubi Anschober und muss feststellen, dass es auf dem neuen Impf-Dashboard schon die Zahlen gibt, die ich am 12. Jänner von ihm gefordert hatte: “Herr Anschober, Sie sind nicht nur unfähig, sondern eine Gefahr für die Menschheit! Darüber hinaus sind Sie nicht wirklich lernfähig: https://info.gesundheitsministerium.at/ Jetzt gibt’s ein Impf-Dash-Board. Wow. Die Daten sind wiedereinmal vollkommener Schrott! Warum? Weil jede Person zweimal (!) –ich wiederhole für den
    schlafenden Gesundheitsminister: 2x– geimpft werden müssen. Also sollte doch zumindest eine Zahl “teilgeimpft” aufscheinen.”

    P.S. Früher war ich viel netter …

    • Sie sind jetzt auch noch ausgesprochen höflich. Man muss einfach die Dinge beim Namen nenne, auch wenn das Vokabular dabei in Fäkalsprache abzudrifen droht.

  3. Eine feine Geschichte:
    Prof. Mina spricht von Herstellkosten von weniger als 1,- €, verkauft werden sie derzeit um 5,- € bis 20,- € !
    Sehr optimistisch nehme ich an, die Regierung kauft die Tests mit unserem Steuergeld um 10,- €. Dann sagt man uns natürlich “Die Tests sind kostenlos zur Verfügung!” und dann testen sich wirklich 5 Mio. Menschen in Österreich 7 bis 8 x pro Monat.
    Kosten im Februar: 350 Mio.€, Kosten im März: 400 Mio.€, Kosten im April: 400 Mio.€, ergibt zusammen 1,15 Mrd.€. Klingt lächerlich gegenüber Lockdown-Kosten von 19 Mrd.!

  4. Niemand garantiert uns allerdings, was die Tests wirklich bringen werden? Sie nützen uns 0,garnix !!!
    Ich würde ungefragt die Garantie abgeben, daß sich die Pharma-Wirtschaft und jeglicher Zwischenhandel etc. dumm und dämlich verdient, wenn wir so dämlich wären, wie Pamela Rendi-Wagner uns einschätzt.

    • Ich empfehle Ihnen Bruno Latours Buch “Wir sind nie modern gewesen”. Besonders hervorheben möchte ich das “Dreieck” Gesellschaft-Politik-Wissenschaft. Ja, die Pharma-Wirtschaft wird, so, wie Elsevier & Co. viel Geld verdienen. Aber nachdem das Ärgste vorbei ist, wird’s eine Diskussion darüber geben (müssen)! Wer bildet den den Wissenschaftler*innen aus? Welche Studien werden (finanziert mit öffentlichen Geldern) NICHT veröffentlicht? Demokratie ist ein Prozess, der NIE (!) abgeschlossen ist. Wir brauchen viel mehr Diskurs …

      • Nachdem uns die Pharmaindustrie derzeit so am Gängelband führt, wird vielleicht auch endlich darüber gesprochen werden wie erpressbar wir sind…

  5. Schlussendlich wird unser Hl Sebastian dann vor die Presse(n) treten und sich selbst beweihräuchernd die Idee von PRW auf seine Fahnen heften. Würg!

  6. “Gamechanger” – ??? – never – !!! – only Moneymaker !!!
    Lediglich der Nachweis von T-Zellen, die eine lang anhaltende Immunität gegen alle Arten von Corona-Viren garantieren, wäre aussagekräftig. Aber wenig Kapazität, sehr teuer, unnötig, etc.
    Ein radikaler Strategiewechsel ist nötig:
    1. Risikopersonen vor Infektionen schützen (Beispiel Tübingen – hier ist Testen sinnvoll),
    2. körpereigenen Abwehrkräfte aller Menschen verbessern (Vitamin C, Vitamin D3, Zink etc.),
    3. Krankheits-Symptome sofort beim Hausarzt begutachten lassen und rasch mit den besten Medikamenten behandeln.
    “IVERMECTIN+3” wird (Studien und Erfahrung seit Sommer 20) außerhalb Europas höchst erfolgreich angewendet!

    • NS … das Problem ist nur der Preis: in Indien wird das Behandlungs-Paket für 2,20 € pro Person abgegeben, in Europa vielleicht ca. 4,- €, daher – leider undurchführbar! ;-(

  7. Die Wohnzimmertests sehe ich als Ausweg aus der Sackgasse, in die sich unsere Regierung verrannt hat. Wenn nicht mehr öffentlich getestet wird, gibt es vorläufig keine erschreckenden Zahlen und eines Tages ist der Spuk vorbei;-)) ich glaube (nicht: weiß), dass es immer Viren gegeben hat und geben wird, die an der großen Mehrheit der Bevölkerung im Land spurlos vorübergehen und an der einige wenige schwer erkranken oder sogar sterben.
    Die freiheitsberaubenden Randerscheinungen bleiben vermutlich so weit und so lange aufrecht wie es die mündidge Bevölkerung zulässt und auch mitverantwortet.

    • Ja, aber die Politik wird sich mit so etwas wie “Einsicht” schwer tun ;-). Auf einmal sind wir mit so vielen Dingen gleichzeitig konfrontiert. Das überfordert jede Gesellschaft. Und man muss auch (bald) die Chancen sehen …

  8. Ja, ich denke das diese WZ Tests der wahre Gamechanger sind! Impfung verhindert nicht die Weitergabe des Virus, PCR Tests auf Befehl nein danke ..Zerstörung der Wirtschaft (ist eh großteils schon passiert), unbedingt die Menschen wieder „raus lassen“ denn es köchelt schon gewaltig! PRW dir sei noch ins Stammbuch geschrieben: Freitesten/Reintesten ist das Gleiche !

  9. Der Lockdown muß ein Ende haben. Österreich ist bankrott. Damit kann der Lockdown sofort beendet werden.

  10. Pamela for president, das für mich gescheiteste was ich in Sachen Corona seit langer Zeit gehört habe. PRW hat bereits gestern in einem Interview gefordert die Impfstoffproduktion sofort auch auf andere Firmen auszudehnen und die Patentrechte zu klären weil es nicht sein könne, dass die ganze Welt von einigen Pharmafirmen abhänge……find ich gut weil da viel öffentliches Geld investiert wurde und es nicht sein kann, dass man die ganze Welt warten lässt nur damit eine Hand voll Firmen das exclusive Recht darauf haben reicher als reich zu werden…….

    • Sie meinen im Sinne der USA oder Frankreich? Weil unsere Präsidenten (wäre eh ‘mal Zeit für eine Präsidentin) sind eher passiv …

  11. Ja, voll super. Eh toll.

    Wie wär’s mal mit Antikörpertests, so zur Abwechslung? Oder interessiert niemanden die tatsächliche Immunität?

    • Falls ich mich dazu entschließen sollte mich impfen zu lassen, so ich den irgendwann an die Reihe komme, werde ich mich vorher durch Bluttest auf Immunität testen lassen. Vielleicht sollte man ja ganz Österreich auffordern sich mittels Bluttest auf Immunität testen zu lassen. Vielleicht wäre dann die Sache mit der Herdenimmunität auch einmal geklärt. Ob diese Maßnahme aber sinnvoll ist oder nur einfach teuer? Ich denke die Experten gehen anhand der Infektionszahlen plus Dunkelziffer davon aus, dass die Herdenimmunität ohnehin noch viel zu gering ist.

      • Man kann von viel ausgehen. Aber das sind Annahmen. Oder etwas lockerer formiuliert: Glauben. Das passt zum Opus Dei und dem Gesalbten, aber nicht zu Wissenschaftlern. … Ich weiß, die “Experten” sind keine Wissenschaftler, sondern PR-Fuzzis.

        • Ich glaub schon dass das Wissenschaftler sind, aber wenn alles durch die ÖVP PR Maschinerie gelaufen ist bleibt nicht mehr viel übrig ….nur das was einem politisch am wenigsten schadet weil man möchte ja wieder gewählt werden…..

  12. Eine sehr sinnvolle Idee, man kann nur hoffen, dass es gelingt, diese möglichst breit in der Bevölkerung zu verankern. Und Kampagnen á la “Babyelefant” sind dabei wohl eher kontraproduktiv.

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