Samstag, April 20, 2024

“Da holt uns der Teufel” – Impf-Notbremse von Kurz bei ORF und ÖBB

Impf-Notbremse von Kurz bei ORF und ÖBB

Am Montag, den 25. Jänner 2021, gehen Bundeskanzler Kurz und Gesundheitsminister Anschober mit ihrem alten Plan in die entscheidende Videokonferenz mit den Landeshauptleuten. Wenige Stunden später ist alles anders: die Impfstrategie wird auf den Kopf gestellt, ältere Menschen bekommen Priorität. Die umstrittene Durchimpfung der „kritischen Infrastruktur“ von ORF, ÖBB, Verbund und Großbanken wird wegen harten Widerstands aus den Ländern aufgegeben. Eine Recherche von ZackZack und “Krone”.

Wien, 27. Jänner 2021 | Am Abend des 25. Jänner sitzen hochrangige Expertinnen bei Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Vizekanzler Werner Kogler (beide Grüne) im Kanzleramt. Wenig später werden die Landeshauptleute zur Videokonferenz zugeschalten. ZackZack hat das Protokoll eines Teilnehmers.

Mikl-Leitner mit Machtwort für die Älteren

Die Landeshauptleute sind unzufrieden: kaum Impfstoff, kein Plan für den 8. Februar, falsche Prioritäten bei den Impfungen. Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) macht Kurz schnell klar, dass sich ihr Bundesland an „Alterskohorten“, an fixe Altersgruppen, hält. Sie will keine Ausnahmen „für jede Berufsgruppe, die glaubt wichtiger zu sein als alle anderen“ und lehnt jede Debatte, welche Berufsgruppe wichtiger wäre, ab.

Dann stellt Mikl-Leitner die entscheidende Frage:

„Was ist mit den staatsnahen Unternehmen?“

Es geht um den ORF, die ÖBB, den Verbund und die Großbanken, die alle unter dem Titel „kritische Infrastruktur“ auf schnellen Impfstoff hoffen. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat in einem Weihnachtsbrief Tausenden Mitarbeitern und ihren Familien baldige Impfungen versprochen.

Kurz knickt ein: ORF-Impfung “politischer Selbstmord”

Aber die Landeshauptleute gehen auf Distanz. Vorarlbergs Markus Wallner (ÖVP) hält ebenfalls nichts von „kritischer Infrastruktur“ und meint:

„Diese Diskussion gehört sofort abgestellt.“

Kurz versucht eine Antwort auf Mikl-Leitner. Jetzt gehe es um die Anpassung an Impfstoffverfügbarkeit. Aber auch er weiß nicht, wie viel Impfstoff in den nächsten Wochen in Österreich sein wird.

Der Widerstand aus den Ländern wächst, das ist in der Konferenz deutlich zu spüren. Kurz wird klar, dass die Bevorzugung von Wrabetz & Co. ein Fehler ist. Blitzartig schwenkt der Kanzler auf einen neuen Kurs um und erklärt, warum ORF, Verbund und die anderen Unternehmen der “kritischen Infrastruktur” nicht mehr oben auf der Impfstoffliste stünden –

weil: „da holt uns der Teufel“, das sei „politischer Selbstmord“.

Kurz folgt jetzt Mikl-Leitner und empfiehlt plötzlich eine „Entlanghantelung an der Alterskohorte“.

Verteilungskampf um Impfstoff immer härter

Bereits gestern berichtete ZackZack über einen immer härter werdenden Verteilungskampf der Länder um verfügbaren Impfstoff. Gerade der zweite Stich muss sitzen, doch das ist längst nicht immer klar. So wollte Wien 1.000 zusätzliche Dosen, um die Durchimpfung der Pflegeheime eine Woche früher abschließen und sich auf die nächsten Schwerpunkte konzentrieren zu können.

Vom Nachbarn aus Niederösterreich – das Land hat bereits mit Oberösterreich zur Sicherstellung des zweiten Stichs Dosen von Moderna gegen jene von Pfizer getauscht – ist jedenfalls keine Hilfe zu erwarten. “Wir haben alle zu wenig”, so der Hilferuf aus Niederösterreich gegenüber ZackZack. Die Lieferung für nächste Woche sei noch nicht einmal eingetroffen, heißt es vonseiten des Notrufs Niederösterreich.

Kurz unter Druck bei eigener Partei

Die Steiermark gab sich auf Nachfrage wortkarg, während die APA heute meldete, dass auch Salzburg seinen eigenen Weg fortsetzen werde. Landeshauptmann-Stellvertreter Christian Stöckl (ÖVP) gab dabei Fehler zu: “Wir haben gewarnt, nicht am Anfang alles auf Teufel komm raus zu verimpfen, weil wir an die Zweitimpfung denken müssen. Wir haben zwar zu Beginn auch alles verimpft, sind dann aber schnell in die Planung übergegangen, um genügend Reserven zu haben”. Ein Affront für den Kanzler, dem sein überhasteter Impf-Befehl immer mehr um die Ohren fliegt.

Anschober und Kurz haben noch keinen neuen Plan. Aber der Druck aus den Ländern hat zumindest bewirkt, dass Kurz dem Vernehmen nach bald einen Vorschlag ankündigt: Zuerst wird die Kohorte der über 80-Jährigen geimpft. Dann folgen die über 65-Jährigen. Danach kommt ein Impfdurchgang mit Polizei, Bundesheer und Pädagoginnen. Der ORF kann dann nur noch darüber berichten.

(pp/wb)

Morgen auf ZackZack: weitere Details zur dramatischen Krisensitzung mit Kurz, Anschober und den Landeshauptleuten.

Titelbild: APA Picturedesk

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50 Kommentare

  1. “… ältere Menschen bekommen Priorität …” ist interessant, wo es doch gar keinen Impfstoff mit statistisch nachgewiesener Wirksamkeit für über 75-Jährige gibt!

  2. Hoffentlich holt die der Teufel, Diese Schnöselpartie ist ja nicht mehr zum aushalten.

  3. Die nächsten Rechercheschritte zu den zwei Laptopfestplatten müssten wohl sein:

    Über die Festplattenseriennummer bei der zuständigen Bundesbeschaffugsstelle und HP ermitteln lassen, zu welchen konkreten Laptops sie gehört haben.

    Damit kann der Beweis erebracht werden, von wem sie stammen.
    Der UA hat die Möglichkeit dazu einen Ermittlungsauftrag zu erteilen.

    Go for it!

  4. Bald auch hierzulande im Einsatz. 😉

    China setzt nicht länger nur auf Gesichtserkennung, sondern auf die Erkennung von Gefühlszuständen. Unternehmen bieten verstärkt Systeme an, die Gesichtszüge, Stimmlagen und Körperbewegungen interpretieren. Sie werden z.B. bei der Polizei in Verhören und in Schulen zur Schülerüberwachung eingesetzt, wie die britische Menschenrechtsorganisation Article 19 berichtet. / Quelle: Guidants News https://news.guidants.com

  5. Liebe Redaktion von ZACKZACK

    bitte um einen Beitrag “Strafanzeige gegen Kurz und Co wegen Corona-Verordnungen” .. laut der Regierungszeitung “Die Presse” soll hier einiges am Laufen sein?

          • Hoffentlich! Ich wünsche es mir so sehr für Österreich! Für ein Österreich welches ich seit 57 Jahren kenne … denn das, was hier seit dem Jahr 2000 und besonders ab 2017 abläuft haben unsere Kinder und Enkel nicht verdient!

  6. Das versteh, wer will.
    Im Herbst hat sich der öst. bk bei VonDerLeyen für die schnelle und erfolgreiche Impfstoffbeschaffung bedankt. Dies nicht im Hinterzimmer, sondern via öffentlichem VideoCall. Ö hat wie die anderen EU-Staaten bei der Organisation mitgewirkt u damit Einblick in die Verträge. Und wenn dann die Beschaffung derart gelobt wird, dann darf man wohl vertrauen, dass sich Ö nicht zu fürchten braucht.

    Nun gut – Politik ist viel Show u Bilder sagen mehr als Worte. Bei dieser Pandemie gehts aber um Leben und um die Wirtschaft und da wär es das Mindeste, die Verträge unter die Lupe zu nehmen, anstatt die Öffentlichkeit am Schmäh zu halten, dass man alles im Griff hätte.

    • Vielleicht gehts eben nicht allen um Leben und/oder die Wirtschaft. Vielleicht gehts manchen nur um das Bedienen von Interessen und sich selbst?

      • Man sollte Politikern schon auch zugestehen, dass sie ihre eigene Klientel bevorzugen und so nebenbei ein bisschen in die eigene Tasche wirtschaften. Das Wesentliche dabei ist, ob sie nur etwas abzweigen oder ob sie die Abzweigungsmethoden zu eigenen Gunsten verändern.

        Die Pandemie selbst wird schon übertaucht werden. Das eigentlich Schlimme in dieser Zeit sind die durchgezogenen Änderungen in anderen Bereichen, die man nicht erfährt bzw bei denen man derzeit nicht erkennen kann, ob es Verbesserungen-für-den-Grossteil oder Verbesserungen-für-ein-paar-Auserwählte sind.

        • Dann trauen Sie sich einen Grössenschluss anzustellen. Je weniger Sie erfahren dürfen, desto mehr werden Interessen bedient, umstrukturiert und umverteilt.

  7. Ungern mache ich es, aber dieses Mal gebe ich Kurz vollkommen recht, wenn er meint: „da holt uns der Teufel“…..“das sei politischer Selbstmord!“ Dem füge ich nur noch hinzu: „Lieber heute als morgen!“

  8. Habe viele Jahre für das Gesundheitsministerium gearbeitet und kenne alle Minister seit Dr. Ingrid Leodolter und bis Pamela Rendi-Wagner. Aber Rudolf Anschober ist überfordert. Und Sebastian Kurz muss weg, so wie im Jahre 2019!
    Es ist vernünftig, mit den älteren Personen weiter zu machen. Bin 66 Jahre alt und hoffe auch, in den nächsten Monaten geimpft zu werden.

    • Wunderbar! Die Zeit können wir ja nicht zurückdrehen. Welche (ich denke vor allem an pragmatische) Akzente würden Sie setzen?

  9. Hat Kurz eigentlich einen Führerschein? Versuche mir gerade vorzustellen, wie es seinem Fahrlehrer, seiner Fahrlehrerin gegangen sein muss, als er bei angezogener Handbremse versucht vollgas zu geben. Und dann, auf der Überholspur auf der Autobahn bei 140 (Hofers Teststrecke 😉 eine Vollbremsung hinlegt …

  10. Der Spiegel schreibt schon
    “Österreich in der Kriese”
    Systemversagen

    • Das ist aber noch ziemlich diplomatisch ;-). In Ö1 hatte ich vor Kurzem jemanden aus Deutschland von einer JAUCHEGRUBE (bezüglich BVT) reden gehört …

      • Die Deutschen sollten sich nicht so weit rauslehnen. Die haben Kurz hofiert, dass einem schlecht werden konnte und sehr viel zu seiner Popularität beigetragen. Die Welt hat ihn als ‘Retter Europas’ bezeichnet.

        Aber ja- er hat das Land in eine Jauchgrube verwandelt. Das muss man ihm lassen. Es schmerzt.

    • Werden Steiner und Fleischmann intervenieren?
      Aufpassen Spiegel! 😁

  11. Tja, lieber (bald ohne Bundes-)Basti: Etwas nur nicht zu tun, weil’s politischer Selbstmord wäre, könnte sich bald als politischer Selbstmord erweisen. Beim Bundestotalversager Nehammer weiß ich, dass er sich mit einfachster Logik schwer tut. Ob Kurz sinnerfassend lesen kann?

    • Kurz, Kurz kann gar nichts! Aus NPL Gehabe und Stehsätze auswendig lernen!

      • Es ist nicht nur so, dass er nix kann. Er und seine masterminds sind gefährlich. Wirklich. Und es wollte lange Zeit niemand sehen.

  12. Die personifizierte Planlosigkeit! Und natürlich gibt’s kritische Berufsgruppen die schnell geimpft gehören: Krankenpfleger, Ärzte, Reinigungskräfte in Altersheimen und Krankenhäusern. Man merkt einfach wie daneben diese Volkspartei mittlerweile in inhaltlichen Fragen steht und das Kurz außer Inszenierung eigentlich nichts kann und auch die funktioniert zuletzt nicht mehr.

    • Da muss ich Ihnen leider widersprechen. Denn sein Motiv ist einfach nur widerwärtig! Es geht ihm nur um sich selbst (und den Erhalt seiner Macht). Er hätte es auch so nicht durchziehen können …

  13. Es sind schon bemerkenswert, dass der Bub immer spurt, wenn die Hanni was sagt. Die NÖ ÖVP ist in Wahrheit der Chef und bringt die freundlichsten Kreaturen hervor- wie Sobotka, Kurz und anno dazumal den Ernst Strasser.
    Der ist im Gefängnis gelandet.
    Bin gespannt, wer folgt.

    • Naja, jetzt fängt für ihn ein rauherer Wind zu wehen an. Wobei für den verwöhnten Buben schon ein Hauch zuviel sein könnte …

  14. Ich glaube von denen lässt sogar der Teufel die Finger. Alles wie immer bei den schwarzen, hinter jeder Entscheidung steckt politisches Kalkül.

  15. Irgendwann wird der schwarze Teil der ÖVP Kurz samt seinen Strippenziehern im Hintergrund wieder fallenlassen. Wie schnell das geht, wird wohl auch von mutiger Berichterstattung abhängen.

    • Irgendwann kommt das Projekt “Ballhausplatz 2” und Kurz mit seinen Komplizen verschwinden.
      Noch so viele PR-Mitarbeiter und Berater, und auch die Blackboxabteilung im Kanzleramt werden ihm helfen.

  16. Schwarz wird stärker. Das wird dem Bub nicht recht sein. Aber so war die Övp immer.
    Achtung Herr Kurz. Ich höre das Sägen.
    Gut so

    • Die sind nie zimperlich mit ihren Parteivorsitzenden umgegangen.
      Wehe wehe, wenn ich an das Ende sehe!

  17. Na, mit ein bischen Glück schickenb die ÖVP-Granden den Maturanten in die Wüste. Noch ein paar Abstürze auf der Beliebtester-PR-Fuzzi-aller-Zeiten-Skala und das Geilomobil wird wieder abgestaubt, betankt und seinem Besitzer überantwortet.

    • Ah, ja mit dem kann er dann durch die Länder tingeln…..Weil in Wien kann er sich damit nicht mehr sehen lassen. Und am Land behaupten die Leute mittlerweile ohnehin sie würden denn Mann nicht kennen und gewählt hätten sie ihn schon gar nicht…..

  18. Finde gut, dass die Angst vor politischen Folgen der Hauptantrieb hinter dem “Impfplan” ist… Wenn die Hanni morgen sagt, Tina etc jetzt abzuschieben wäre fatal, knickt Kurz dann auch ein?

    • Nein, ich finde das nicht gut. Denn der Schaden ist schon enorm! Freilich, jetzt gibt’s halt für den Bundespasti keinen Handlungsspielraum mehr. Aber das weiß er schon seit meinem Email vom 31. Oktober 2020: (…) Die Situation, in der Sie sich jetzt befinden, ist das, was man im Spiel “Mühle” als Doppel-Mühle bezeichnet. Sie können nur verlieren. Der (nicht nur wirtschaftliche) Schaden des Lock-Downs wird den (fragwürdigen) Nutzen in den Schatten stellen. Hätten Sie schon Ende März auf den Ratschlag eines “dummen” Bürgers gehört, gäbe es die Ampel schon seit einem halben Jahr und man hätte in der Sommerzeit nachdenken und Szenarien durchdenken können. (…)

    • Ich sag es mal so: Wenn er abgewählt wird, einen Misstrauensantrag wieder nicht überlebt… egal, dann geh ich jeden Tag ins BK und sag, dass ich ihn sprechen will. Einfach nur um zu hören, dass er nicht mehr Kanzler ist 😊

      • Wusste gleich, dass die Länder ihr Zugpferd wieder auf Kurs bringen.

    • Ich muss ständig daran denken wie jung der noch ist. Habe schon Visionen von Kurz 5 und 6….Bei den anderen konnte man wenigstens hoffen das sie irgendwann gesundheitlich schwächeln….

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