Donnerstag, März 28, 2024

Covid-Tests an Schulen: Nasenbohrer-Test erkennt nur vier von zehn Asymptomatischen

Covid-Tests an Schulen

Die Schnelltests, die an Schulen zum Einsatz kommen sollen, erkennen nur vier von zehn asymptomatisch Corona-Positiven. Besser als nix, sagt das Bildungsministerium unter Berufung auf eine Studie der AGES. Kritik an der Faßmann-Teststrategie kommt von der unabhängigen Lehrergewerkschaft.

Wien, 04. Februar 2021 | Montag und Mittwoch ist nach den Semesterferien an Österreichs Schulen Testtag: Nur wer dann einen “Anterio-Nasal-Test” durchführt, darf am Präsenzunterricht teilnehmen. Diese Antigentests taugen allerdings nur als “grobes Sicherheitsnetz”, betont Mikrobiologe Michael Wagner von der Uni Wien im Gespräch mit der APA. Auch im Bildungsministerium weiß man um die eingeschränkte Aussagekraft, deshalb seien die Tests auch nur eine Maßnahme neben Maskenpflicht und Schichtbetrieb.

“Jeder positive Fall, der frühzeitig und schnell erkannt wird, hilft, die Infektionsketten zu unterbrechen”,

betont man im Bildungsministerium den Nutzen der Tests. Ohne diese würden diese Fälle gar nicht erkannt werden und vermutlich weitere Ansteckungen verursachen.

Nur 41 Prozent Trefferquote bei Asymptomatischen

Eine aktuelle Studie der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) zeigt allerdings, dass die Sensitivität von Antigentests bei diesem Verfahren zwar bei Hospitalisierten bei über 93 Prozent und bei Massentest-Teilnehmern mit leichten Symptomen bei 76 Prozent liegt. Bei gänzlich asymptomatischen (aber potenziell infektiösen) Personen wurden allerdings nur mehr 41 Prozent der Positiven erkannt. Dennoch, so die AGES im Zuge ihrer Studie, bringen’s die Nasenbohrer-Tests:

„Die Schnelligkeit des Vorliegens von positiven Testresultaten erlaubt unverzügliche Isolierung potentiell hochinfektiöser Personen, ein Vorteil, der die geringere Sensitivität bei gänzlich asymptomatischen Personen weit überwiegt, da diese nur eine untergeordnete Rolle bei der SARS-CoV-2-Übertragung spielen.“

Qualitätsunterschiede bei Tests

„Es ist wichtig, dass Kinder, Jugendliche und Eltern wissen, dass ein negatives Testergebnis überhaupt kein Freibrief ist”, warnt Wagner vor einem falschen Sicherheitsgefühl. Es sei eher unwahrscheinlich, dass sich bei einem Abstrich im vorderen Nasenraum bei allen infektiösen Schülern genug Virusmaterial findet, um diese zu erkennen.

Gerade infizierte Kinder seien häufig asymptomatisch und könnten im vorderen Nasenraum, auch wenn sie infektiös sind, relativ wenig Viren haben. Zudem sind große Qualitätsunterschiede auch innerhalb der zugelassenen Antigentests bekannt. Aus diesen Gründen sei es besonders wichtig zu untersuchen, wie sensitiv die an den Schulen eingesetzten Tests von Lepu Medical beim Nachweis asymptomatisch infizierter Kinder mit hoher Virenlast mittels Abstrich aus dem vorderen Nasenbereich tatsächlich sind.

“Wenn man die Schulen offenhalten will, muss man zumindest mit diesem groben Netz immer wieder durchgehen, damit man zumindest regelmäßig infektiöse Kinder identifizieren kann.” Ohne ein PCR-gestütztes begleitendes Montoringprogramm werde man jedoch nicht wissen, wie wirkungsvoll diese Maßnahme tatsächlich ist, so Wagner, der die derzeit bis Ostern ausgesetzte Schul-“Gurgelstudie” koordiniert.

Falsch-positive Testergebnisse

Nicht so tragisch findet Wagner, dass mit der großen Zahl an Testteilnehmern – 342.000 Volksschüler werden zweimal, die anderen 793.000 Schüler einmal wöchentlich getestet – auch falsch-positive Ergebnisse zu erwarten sind. “Das ist eine Art Vortest, ein erstes Screening.” Hier sei es wichtig, Schulen und Eltern zu beruhigen und ihnen zu vermitteln, dass erst der PCR-Test ein endgültiges Ergebnis liefert. “Aber das wird ohnehin nicht unser größtes Thema sein beim zu erwartenden Anstieg an Infektionen.” Mittelfristig plädiert er für einen Umstieg auf Gurgeltests, die pro Klasse im Pool mit der sensibleren PCR-Methode ausgewertet werden. Dann seien auch falsch-positive Ergebnisse kein Thema mehr.

Unabhängige Lehrergewerkschafter kritisieren Faßmanns Teststrategie

Mit großer Skepsis reagieren die unabhängigen Lehrergewerkschafter von der ÖLI-UG auf die Teststrategie des Bildungsministeriums: Die “Nasenbohrertest” würden nicht einmal jede zweite Infektion erkennen. Dass gleichzeitig die Schul-“Gurgelstudie” ausgesetzt wurde, die einen Aufschluss über das reale Infektionsgeschehen an den Schulen gibt, sei “grob fahrlässig”.

Die ÖLI-UG-Vertreter fordern in einer Aussendung eine tatsächliche Halbierung der Klassen und wehren sich gegen medial angekündigte Pläne von AHS- und BMHS-Direktoren, ganze Klassen oder Jahrgänge ins Haus zu holen.

(apa/lb)

Titelbild: APA Picturedesk

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6 Kommentare

    • Vereinfacht würde ich es auch so beschreiben, weil es das Chaos auf den Punkt bringt. Bis heute gibt es keine Qualitätskriterien, wie man z.B. mit falsch positiven Tests umgeht. Das Ganze ist halt auch kompliziert und lässt sich nicht so einfach (öffentlich) transportieren. Aber wie Sie sagen: Postitiv getestet heißt nicht unbedingt infiziert, nicht unbedingt erkrankt, etc. Und selbst dann, wenn man erkrankt ist (nur Ärzt*innen dürfen Diagnosen stellen), muss man nicht unbedingt ins Krankenhaus, etc. Es hat viele Monate gedauert, bis selbst der Bundesschlaubi Anschober das begriffen hat. Probleme löst man damit keine. Genau so wenig, wie man mit “Chemie” das Problem der Antibiotika-Resistenz in den Krankenhäusern in den Griff bekommt …

  1. Die sauteuren Tests müssen unter die Leute! Ganz einfach! Ob die was helfen oder nicht … ob die was anzeigen oder nicht … egal! Weg müssen die Tests weil ja gekauft und aus! Was schert es da einen Kurz was sich die Kinder denken!

    • Wir sollten zusammenstehen und uns gegen diese sinnlosen Tests wehren!

      Nachdem ich bis jetzt keine Legitimation des BK für den teuren Hau-Ruck-Einkauf dieser Tests gefunden habe, soll er die Tests nach Möglichkeit gegen Kosten-Rückvergütung zurückgeben und den Rest gemeinsam mit seinen Einflüsterern mit eigenem Geld kaufen.

      Was er dann damit macht kann uns egal sein, solange kein Steuergeld dafür verschwendet wird.

      • Gut, darum wird man sich später, in einem Covid-U-Ausschuss kümmern müssen. Bitte erinnern Sie uns –nach den Neuwahlen in ein paar Monaten– hier im Forum daran! Denn ob der vielen Probleme ist’s gar nicht so einfach den Überblick zu behalten (seufz).

  2. In der Liste der evidenzlos eingeführten tollen Wirtschaftswunderwuzzisachen ist das ja noch ein harmloser Ausrutscher. Wär’ aber trotzdem interessant tz wissen, wie hoch die Falsch-Positiv Rate ist.

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