Dienstag, April 16, 2024

Deutsche Pressestimmen über Tirol – “Das ist inkonsequent”

“Das ist inkonsequent”

Die deutschen Medien verfolgen gespannt die Entwicklungen und Maßnahmen in Tirol. Einige befürchten ein Ischgl 2.0. Ein Überblick.

Wien, 10. Februar 2021 |

“Süddeutsche Zeitung” (München):

“Was die Regierung in Wien beschlossen hat, ist besser als nichts. Tirol soll nur noch mit negativem Corona-Test verlassen werden dürfen, weil die südafrikanische Variante dort häufiger auftritt als sonstwo, mit Ausnahme von Südafrika. Tagelang hatten Tiroler Landespolitiker sich wegen drohender Quarantäne wild aufgeführt, tagelang hatte Kanzler Kurz sich im Streit um einen verschärften Lockdown in Tirol zurückgehalten. Nun kam das Machtwort, im Ton freundlich, in der Sache mittelmäßig entschieden. Ja, es wird Ausreisekontrollen geben; Straßen und Bahnhöfe werden verstärkt kontrolliert. Das ist sinnvoll. Nur: Losgehen soll das Ganze erst am Freitag.

Bis dahin könnten also Tausende aus Tirol ins restliche Österreich reisen; deutsche Urlauber, die in ihren Zweitwohnungen sitzen, können nach Hause fahren und das Virus mitbringen. Etwa so war es in Ischgl auch, wenngleich die Rechtslage eine andere war: Damals galt die Quarantäne quasi ab sofort, wurde aber erst später umgesetzt. Nun gilt sie ab Freitag. Man darf gespannt sein, ab wann sie wie umgesetzt wird. In einem Punkt hat die bayerische Landesregierung recht: Die Inzidenz ist in Österreich immer noch hoch. Gleichwohl wird der Lockdown gelockert – bei verschärften Kontrollen in Tirol: Das ist inkonsequent.”

“Frankfurter Allgemeine”:

“Im Stellenprofil eines Tiroler Landeshauptmanns ist Trotz eine wichtige Eigenschaft. Platter dürfte den Erwartungen daheim durchaus entsprochen haben, als er eine Entscheidung über eine drohende Totalquarantäne für sein Bundesland lange hinausgezögert und eine bis zu einem homöopathischen Rechtsgehalt verwässerte Version erreicht hat, gegen die er dann immer noch Stellung bezog. Eine Rolle mag dabei gespielt haben, dass er den heißen Atem ehrgeiziger jüngerer Parteifreunde im Nacken spürt. Wie zum Beispiel den eines regionalen Wirtschaftsfunktionärs, der im ORF-Fernsehen unter Gebrauch kehliger Konsonanten und eigenwilliger Fakten drohte, Wien werde ‘uns richtig kennenlernen’, wenn es irgendetwas Widriges über Tirol beschließe. So wirkt Platter in all der Verhaltensauffälligkeit, die sein Bundesland seit einem Jahr in der Pandemie zeigt, nicht immer souverän, sondern bisweilen wie ein Getriebener.”

“Münchner Merkur”:

“Man interessiere sich nicht mehr für die ‘Rülpser aus Wien’, poltert Tirols politische Führung im Streit um mehr Corona-Schutz. Das soll selbstbewusst klingen, es ist aber nur ordinär – und kurzsichtig. Tirol ist drauf und dran, das Ischgl-Desaster von 2020 sehenden Auges zu wiederholen. Infektionszahlen, diesmal mit der gefährlichen südafrikanischen Mutation, werden kleingeredet, Ausreisesperren verhindert und der Skibetrieb wird um jeden Preis am Laufen gehalten. Die tiefe Verfilzung von ÖVP und Fremdenverkehrsindustrie brachte Tirol lange Zeit große Gewinne im Tourismus ein. In der Pandemie führt sie direkt in interessengesteuerte Rücksichtslosigkeit – auf mittlere Sicht ein riesiger Standortnachteil.”

“taz” (Berlin):

“Der Aufstand des Bergvolkes erinnert an die Ereignisse vom vergangenen März, als Hoteliers gegenüber ihren Gästen behauptet hatten, es gäbe im Ort keine Coronafälle – und sich dann das Virus von Ischgl und St. Anton aus in den Körpern Tausender Urlauber über ganz Europa verbreitete. Die Behörden hätten ‘alles richtig gemacht’, wie der Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) damals beharrlich behauptet hatte, wurde zum geflügelten Wort.”

(apa/bf)

Titelbild: APA Picturedesk

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Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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19 Kommentare

  1. Was scheren uns die Kommentare der deutschen Politiker und Zeitungen?

    Merkel, Söder, Spahn etc. und deren Sprachrohre will ich in Österreich gar nicht haben. Besinnen wir uns doch auf eine Politik, die für alle Sinn macht.
    Wenn die Tiroler noch ihren Mumm von früher hätten, würden sie nicht lange herumlamentieren. Sie würden ihre Risikopersonen sorgfältig schützen, alle Corona-Kranken vernünftig medikamentös behandeln und ihre Inzidenz noch viel weiter senken.
    Sie könnten kurzfristig alle unnötigen Tests einstellen, könnten das Impfen auf Freiwilligkeit und eigenes Risiko begrenzen und alle Beschränkungen im Bundesland aufheben.
    Ich wette, die Grenzen zu den Nachbarländern würden nicht lange zu bleiben!

  2. Warum “inkonsequent”? Das ist die Garnatie für die Ausrede vom nächsten Lockdown! … oder von der Fortsetzung des jetztigen. Wenn’s die sogenannte Regierung nicht bald zerreißt haben wir zusätztlich zum Staatrbankrott auch noch dauerlockdown bis St. Nimmerleinstag – überwacht von Frontex, wenns so weiter geht.

  3. Denen bleibt ja gar nichts anderes übrig. Das Hochfahren der Schigebiete kostet Millionen alleine die Beschneiung. Die sind so derartig hochgerüstet die müssen aufsperren sonst sind sie pleite. Und für dieses super “Geschäftsmodell” wird ganz Österreich bezahlen müssen. Die ersten Coronafälle in unserem Bezirk ließen sich alle nach Ischgl zurückverfolgen. Und der Mutant ist vermutlich auch schon auf dem Weg zu uns.

    • In der TT war vor wenigen Tagen ein langer Artikel zu lesen, in welchem der Lawinenwarndienst bzw. die ZAMG vor Lawinenabgängen vor allem bei jenen Pisten warnt, welche vor dem 26.12. geschlossen waren und kaum präpariert wurden. Auch vor Touren wird abgeraten. Grund ist, dass das Wetter immer wärmer wird und der Schnee immer nässer wird. Wenn also nicht vorher schon präpariert wurde, ist es sinnvoller, nur tagsüber und nicht erst am frühen Abend abzufahren.

    • Die Tiroler zahlten mit diesem Geschäftsmodell Jahr für Jahr einen ganzen Berg von Steuern.
      Heuer bekommen sie ein wenig an Almosen zurück, wofür aber die BR verantwortlich ist.

      Im Übrigen hat Tirol trotz Mutation gemeinsam mit OÖ die deutlich niedersten Inzidenzwerte.

      • Ja aber diese Steuern rechtfertigen nicht die massive Umweltzerstörung die in den Schigebieten passiert. Geld ist nicht alles.

        • Natürlich ist es an manchen Orten übertrieben worden – aber Hysterie ist nicht angebracht.
          Wenn die Umwelt soo zerstört wäre, würden die Gäste im Sommer wohl nicht in Scharen kommen.

  4. Die Inzidenz ist in Österreich immer noch hoch. Gleichwohl wird der Lockdown gelockert auszug aus der sueddeutschen zeitung
    Die heutigen 7-Tages-Inzidenzen österreichweit lt. AGES 14:00 Uhr:
    https://covid19-dashboard.ages.at/?area=10
    Tirol liegt an der Spitze österreichweit………

    • “Die Sequenzierung wird in Wien durchgeführt und die dauert ziemlich lange, um die 14 Tage. Als die Zahlen der Mutationen vorlagen, waren sehr viele Menschen aber bereits wieder gesund”
      Wie sehr müssen wir uns eigentlich vor einem Virus fürchten, wenn sehr viele Erkrankte bereits nach 14 Tagen wieder gesund sind?
      Wenn es sich nicht um Tirol handelte, würde sich niemand aufregen.
      “In Innsbruck haben wir etwa eine 7-Tages-Inzidenz von 47. Im ganzen Bundesland verbessert sich die Lage.””

      • Ich verfolge die Zahlen schon seit Ischgl. Täglich. Weiss also, wo welche 7-Tages-Inzidenz ist.
        Das Problem an der Südafrika-Mutation ist, soweit ich lesen konnte nicht Tirol, sondern die Tatsache, dass Astra Zeneca auf diese Mutation nur eine Wirkung von etwa 20% haben soll. Wir sallten das also doch ernst nehmen.

        • PS: Im übrigen kann ich mir vorstellen, wie es den Menschen im Bezirk Schwaz geht, wenn ihr Bezirk immer mit der Südafrika-Mutation genannt wird, lebe ich doch im Bezirk Landeck, welcher im Frühjahr duch St.Anton und Ischgl im Schussfeld war. Das war für uns damals auch nicht lustig.

        • Warum regt man sich dann auf, wenn die Tiroler einen besser schützenden Impfstoff haben wollen. Würde doch für ganz Österreich gut sein. (Wenn man überhaupt etwas von den nur bedingt zugelassenen Impfstoffen hält)

      • Sehr viele, um nicht zu sagen “die meisten” von den “Erkrankten” sind “symtomlos Erkrankte”.

        • Früher hat man Gesunde dazu gesagt, aber das gibt es heutzutage nicht mehr

          • PS: um es noch einmal zu sagen: wie sehr müssen wir uns um ein besonders gefährliches Virus fürchten, wenn die Infizierten gesund bleiben?

          • Es gibt auch Leute die nicht gesund bleiben sondern daran sterben, schon vergessen?

      • Also im Ursprungsland der Mutation scheint die Lage nicht so rosig auszusehen. Wir haben in Österreich jetzt einige wenige Erkrankte davon kann man nicht ableiten die Mutation wäre nicht gefährlich

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