Freitag, April 19, 2024

Japans Regierungspartei lädt Frauen zu Sitzung – Aber nur, wenn sie nicht reden

Wichtige Parteitreffen der japanischen Regierungspartei finden künftig in der Anwesenheit von fünf Frauen statt. Zu sagen haben diese aber nichts.

Wien, 17. Februar 2021 | Japans Regierungspartei reagierte auf einen Sexismus-Streit, den der Chef der Olympischen Spiele in Tokio ausgelöst hatte. Er hatte gesagt, dass Frauen bei Sitzungen zu viel reden würden. Nun wolle Japans liberaldemokratische Regierungspartei Frauen bei wichtigen Treffen dabei haben – aber nur, wenn sie nicht reden.

Fünf Beobachterinnen zum „Anschauen“

Toshihiro Nikai, der 82-jährige Generalsekretär der Partei, sagte am Dienstag, er habe die Kritik gehört, dass der Vorstand der Partei von Männern dominiert werde, fügte aber hinzu, dass die Vorstandsmitglieder gewählt würden. Es sei wichtig für die weiblichen Mitglieder der Partei, sich den Entscheidungsprozess der Partei “anzuschauen”, sagte er. Deshalb werden in Zukunft fünf Frauen bei wichtigen Sitzungen der Partei anwesend sein.

“Es ist wichtig, zu verstehen, welche Art von Diskussionen stattfinden. Schauen Sie sich das an, darum geht es”, sagte Nikai auf einer Pressekonferenz am späten Dienstag. Die Beobachterinnen dürfen während der Sitzungen nicht sprechen, können aber ihre Meinung separat beim Sekretariat einreichen, berichtete die Tageszeitung “Nikkei”.

Yoshiro Mori, der Chef des Organisationskomitees für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio, war vergangene Woche zurückgetreten, nachdem abfällige Bemerkungen über Frauen, die bei Sitzungen zu viel sprechen und diese zu lang machen, im In- und Ausland Gegenreaktionen ausgelöst hatten.

Frauen in Japan weit abgehängt

Die Äußerungen des 83-jährigen ehemaligen Premierministers sind eines der Beispiele, die zeigen, wie tief der Sexismus in der japanischen Gesellschaft verwurzelt ist. Auf dem Global Gender Gap Index 2020 des Weltwirtschaftsforums liegt Japan auf Platz 121 von 153 Ländern – der schlechteste Wert unter den fortgeschrittenen Ländern – und schneidet bei der wirtschaftlichen Teilhabe und der politischen Mitbestimmung von Frauen schlecht ab.

Diese Woche forderte eine Gruppe weiblicher Abgeordneter der Liberaldemokratischen Partei Nikai auf, den Anteil von Frauen in Schlüsselpositionen der Partei zu erhöhen. Auch dass die Frauen im Gremium zum Schweigen verdammt werden, brachte einen Shitstorm ein.

Erst meint es die Regierung mit der Maßnahme nicht, so Kritiker. “Die Leute werden die Frauen einfach als eine Art PR-Übung hinstellen”, sagte Belinda Wheaton, eine Kultursoziologin an der Universität von Waikato in Neuseeland, zu Reuters. “Ich denke, es ist wahrscheinlich an der Zeit, Fragen zu stellen, warum wir das Gefühl haben, dass Männer in ihren 70ern oder 80ern diese Rollen besser erfüllen können als ein Mann in ihren 40ern oder 50ern oder eine Frau”, sagte Wheaton.

(dp/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

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DanielPilz
DanielPilz
Taucht gern tiefer in komplexe Themengebiete ein. Lebt trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm und verpasst fast kein Fußballspiel.
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13 Kommentare

  1. Wie die Japaner ihre Gesellschaft organisieren, können wir eigentlich vollständig den Japanern überlassen. Dieses geistige Einmarschieren überall, wo es nicht nach unseren Moralvorstellungen geht, diesen Zeitgeistimperialismus – das sollten wir uns komplett sparen.

    • Diese Gesellschaft organisieren nicht die Japaner sondern die alten Japanischen Männer, das ist der feine Unterschied. Und besonders die Japanischen Frauen sind alles andere als glücklich drüber. Wenn ihnen das egal ist, ist das ihre Sache. Mir jedenfalls nicht, ich habe schon den Ansporn über den Rand meines Suppentellers hinauszuschauen und deshalb mache ich mir Gedanken darüber. Wenn sie sich den bösen “Zeitgeistimperialismus” sparen wollen könnte man ihnen das auch als Bequemlichkeit, Egoismus oder einfach nur Desinteresse ausgelegen.

      • Als was Sie das umdeuten, ist mir relativ egal. Das denken Sie sich ja rein selbst aus. Ich habe Ihnen meinen tatsächlichen Standpunkt dargelegt. Würden Sie mit dieser Attitüde eigentlich auch bei einem indigenen Stamm irgendwo im Regenwald einmarschieren? Bist du deppert. Solche kulturellen Planierwalzen waren ja nicht einmal die ärgsten Imperialisten der Vergangenheit.

        • Ein indigener Stamm im Regenwald beeinflusst uns in Europa wohl kaum. Der asiatische Raum sehr wohl.

    • Sie stehen anscheinend für einen geistigen Nihilismus. Nein, unsere Welt ist vernetzt. Kulturen beeinflussen sich und werden exportiert und importiert. Natürlich muss man heute weltweit denken – und auch mal Japan kritisieren wenn es sein muss

      • Ist es Nihilismus, wenn ich meine Kultur und meine Weltanschauung nicht jedem anderen aufdrängen will? Wohl kaum. Anti-Kolonialismus und Liberalismus sind dafür die richtigen Bezeichnungen.

        • Liberalismus in politischer Hinsicht ist eine Chimäre. Vor allem in Kombination mit Anti-Kolonialismus. Die Kolonialgeschichte war ja par excellence Folge eines zunehmenden Liberalismus (wirtschaftlich). Der Standpunkt des Laissez-faire bedient natürlich immer die Interessen, die gerade dominant sind. Ändern wird man mit diesem Liberalismus nicht viel. Als der Liberalismus aufkam, war er natürlich modern, weil man sich aus theologischen, monarchistischen und protektionistischen Verhältnissen gelöst hat. Heute bedeutet Liberalismus das Recht das Stärkeren – und dieses gilt es tendenziell immer zu bekämpfen, wenn man eine lebendige Demokratie bevorzugt

  2. Wusste gar nicht, dass es einen Global Gender Gap gibt. Mann wir haben da Jahr 2021! Da hält einen auch nur der Gedanke an die Wiedergeburt (als Mann) aufrecht.

    • Tja, die Asiatischen Kulturen sind das Vorbild im Bildungsystem. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

      • In China gibt es Massenhaft Selbstmorde von Schülern die dem Leistungsdruck nicht mehr gewachsen sind, super Bildungssystem. War da nicht mal der Gesalbt zu Besuch in so einer Schule….?

        • Ja … er vergaß zu erwähnen, dass der Digatilisierungswahn in Schulen in Cihna gerade eine Umkehr erfährt. Smartphones für Schüler sind sein 1029 verboten, die gesamte Computerzeit pro Tag auf maximal 6 Stunden begrenzt – wer mehr vor der Schüssel sitzt, kommt in eine Entziehnungsanstalt aka Bootcamp. Grund für das Smartphonevverbot waren die ~ 80% kurzsichtigen Schüler – und die von denen verursachten Konsten. Homeschooling hat die nächste Kuzsichtigkeitspandemie ausgelöst – mal schaun wie sie sich da rauswinden. Ach, in Österreich gibt’s dazu natürlich keine Wahrehmung.

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