Myanmar im Ausnahmezustand
Zehntausende fordern Ende der Militärdiktatur
In Myanmar sind am Mittwoch wieder Zehntausende gegen die neue Militärdiktatur auf die Straße gegangen. Die Demonstranten blockierten Straßen und legten den Verkehr teilweise lahm. Nach dem Putsch vom 1. Februar fordern sie die Freilassung der entmachteten Regierungschefin Aung San Suu Kyi.
Wien/Rangun, 17. Februar 2021 | Beobachtern zufolge handelte es sich um die größte Kundgebung seit Tagen im südostasiatischen Land. Die Riesen-Demo in der ehemaligen Hauptstadt Rangun war an diesem Tag nicht die einzige in Myanmar.
Auch nahe Shwebo, nordwestlich von Mandalay, gab es eine Kundgebung mit Tausenden an Teilnehmern. In der Großstadt Mandalay selbst fuhren in der Nacht zahlreiche Militärfahrzeuge auf, wie auf Fotos auf der Plattform Twitter zu sehen war. Dennoch gab es auch dort am Mittwoch Massenproteste. Das Internet war zuvor landesweit die dritte Nacht in Folge gesperrt worden. Die Polizei und das Militär gingen immer wieder mit Gewalt gegen friedliche Demonstranten vor, wie Videos auf Twitter zeigen.
Myanmar Police and Soldiers are attacking a civilian who protests in peace. They are breaking Human Rights.🙏🙏😭😭#AgainstMyanmarMilitaryCoup #WhatHappeningInMyanmar #RejectMilitaryCoup #HelpMyanmar #savemyanamar #PresidentBiden pic.twitter.com/Nrtio2V59d
— Myat Min Khant (@MyatMin65004285) February 16, 2021
Thousands and thousands marching today in Myanmar to oppose the coup and demand the release of Aung San Suu Kyi and hundreds of other detainees. #WhatsHappeningInMyanmar @Myanmar_Now_Eng video pic.twitter.com/forNzXfDvt
— Matthew Tostevin (@TostevinM) February 17, 2021
“Die Welt marschiert heute mit euch”
Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen (UN), Tom Andrews, beobachtet die Lage vor Ort und warnt vor einer Zuspitzung:
“Ich befürchte eine weitere Zunahme der Gewalt in Myanmar, in einem größeren Ausmaß als wir es seit der illegalen Machtergreifung am 1. Februar gesehen haben.”
Er habe Informationen erhalten, wonach “Soldaten aus den umliegenden Regionen nach Rangun geschickt wurden”. Die fortgesetzte Unterdrückung der Grundfreiheiten und Menschenrechte des Volkes in Myanmar müsse sofort beendet werden. Hunderte wurden seit dem Putsch von der Armee festgenommen, viele von ihnen in nächtlichen Razzien. Unter den Festgenommenen befindet sich ein Großteil der Führungsspitze der Regierungspartei National League for Democracy (NLD).
“Die Menschen haben ein Recht, sich zu versammeln, ohne die Bedrohung von Festnahmen und Gewalt durch das Militär”, ruft Andrews auf Twitter zur Solidarität mit Myanmar auf. “Die Welt marschiert heute mit Euch.”
Many outraged people of Myanmar will converge in Yangon today to oppose the junta and its sham trial of Aung San Suu Kyi & Pres Win Myint. They have a right to do so without the threat of detention or violence at the hands of the Tatmadaw. The world marches with you today! pic.twitter.com/603BVaj9Ld
— UN Special Rapporteur Tom Andrews (@RapporteurUn) February 17, 2021
(Bilder: APA Picturedesk/AFP)
Land jahrelang unter Militärherrschaft
Der Putsch stoppt den erst vor wenigen Jahren eingeleiteten Demokratisierungsprozess und weckt Erinnerungen an fast ein halbes Jahrhundert Militärherrschaft. Nach dem Putsch 1962 hatte das Militär 49 Jahre lang geherrscht. 2011 hatte es begonnen, sich aus der Politik zurückzuziehen, allerdings gab es nie die Kontrolle über die zivile Regierung auf. Die Parlamentswahl im November war erst die zweite freie Abstimmung seit Ende der direkten Militärherrschaft im Jahr 2011.
Andrews sagte, er habe zudem “von einem Geheimprozess gehört”, der in dieser Woche gegen die De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi und Ex-Präsident Win Myint begonnen habe. Der unter Hausarrest stehenden Friedensnobelpreisträgerin wird nun auch ein Verstoß gegen das “Gesetz zum Management von Naturkatastrophen” vorgeworfen, wie ihr Anwalt Khin Maung Zaw zuvor mitgeteilt hatte. Die 75-Jährige war nach ihrer Festnahme bereits wegen Verstößen gegen Import-Export-Regeln angeklagt worden, weil bei einer Razzia in ihrem Haus Funkgeräte gefunden wurden.
(mst/apa)
Titelbild: APA Picturedesk
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