Dienstag, April 23, 2024

Die Akte Holzer – Warum die Staatsanwaltschaft nicht gegen den Chef des Bundeskriminalamts ermitteln will

Warum die Staatsanwaltschaft nicht gegen den Chef des Bundeskriminalamts ermitteln will

Andreas Holzer war Chef der SOKO Ibiza. Im Dezember wurde er zum Leiter des Bundeskriminalamts befördert. Gegen Holzer wurden Vorwürfe laut, er habe in seinen Ermittlungen die ÖVP gedeckt. Doch die Staatsanwaltschaft sieht keinen Anfangsverdacht.

Wien, 24. Februar 2021 | Mit großer Energie verfolgt die SOKO Ibiza seit ihrer Gründung – 10 Tage nach Auftauchen des Ibiza-Videos – die Filmer. Andere europäische Polizeibehörden reagieren erstaunt darauf, dass Österreichs Polizei sie bittet, wegen der Sache Telefone zu überwachen. Eine deutsche Staatsanwaltschaft muss zur Zusammenarbeit überredet werden, denn den Ibiza-Filmern wird Missbrauch von Tonaufnahmen und Urkundenfälschung vorgeworfen – wegen solcher Bagatelldelikte würden die Deutschen von sich aus nicht solch weitgehende Überwachungsmaßnahmen anordnen.

Während die SOKO die Ibiza-Filmcrew um Detektiv Julian H. mit Feuereifer verfolgt, gibt sie sich zurückhaltend, wenn es darum geht, Korruptionsvorwürfe gegen die ÖVP aufzuklären. Der Beamte, den man zur ÖVP-Parteizentrale schickte – er ist ÖVP-Lokalpolitiker – bricht seine Mission, Laptop und Handy von „Schreddermann“ Arno M. sicherzustellen, ab. Begründung: Kanzlerberater Stefan Steiner habe ihn bereits vom Fenster aus gesehen (man kennt sich), “weshalb man davon ausgehen könne, dass belastende Daten sicherlich schon beseitigt worden seien und ein weiteres Einschreiten der Polizei wenig Erfolg versprochen hätte.”

Das Handy, das die SOKO nicht haben will

Die ermittelnde Staatsanwältin schickt die SOKO-Beamten zu M. nach Hause, um dessen Handy zu besorgen. Im Akt hält sie rückblickend fest: „Ich frage, ob Arno M. auch einer Einsicht in sein Handy zugestimmt habe. Herr R. teilt daraufhin mit, dass sie das Handy bereits zur Verfügung hatten, dass sie es dem Beschuldigten aber wieder zurückgegeben hätten.“

Doch die Staatsanwältin will das Handy. „Ich ersuche den Beamten, das noch einmal zu überprüfen.“ Die Beamten tun das aber nicht. Einige Tage später ordnet die Staatsanwaltschaft die Sicherstellung des Handys schriftlich an. Kaum ist die Anordnung im Akt, entzieht die Oberstaatsanwaltschaft den Ermittlern der WKStA den Fall – ZackZack berichtet.

FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker liest die Berichterstattung und zeigt Andreas Holzer als Chef der SOKO wegen Amtsmissbrauchs bei der WKStA an. Die fühlt sich nicht zuständig, weil es weder um Korruption noch eine Wirtschaftsstrafsache geht und gibt den Fall ab. Er wandert zur Staatsanwaltschaft St. Pölten, weil dort bereits eine andere Anzeige gegen Holzer bearbeitet wurde. Die ist aber bereits erledigt, sodass die St. Pöltner den Fall ihren Kollegen von der Staatsanwaltschaft Wien geben. „Andreas Holzer ist Kriminalbeamter in Wien, also war Wien unserer Ansicht nach zuständig“, erklärt ein St. Pöltner Staatsanwalt auf ZackZack-Nachfrage.

Die brandheiße Kartoffel

Doch auch die Wiener wollen den Fall nicht haben. Holzer hat lange Zeit in Wien Suchtgiftermittlungen geführt, kennt alle Wiener Staatsanwälte. Die Wiener Behörde erklärt sich für „strukturell befangen“. Die Oberstaatsanwaltschaft schickt den Fall zurück nach St. Pölten. Auch dort sehen sich Staatsanwälte befangen. Der Leiter der Staatsanwaltschaft St. Pölten erklärt etwa in einer handschriftlichen Notiz im Akt: Ich bin mit Mag. Holzer aus Anlass früherer Amtshandlungen bei der StA Wien persönlich bekannt und per „Du“, sodass ich mich ebenfalls für befangen erkläre.“ Es ist schwierig, einen Staatsanwalt zu finden, mit dem Holzer nicht verkehrt.

Die St. Pöltner Staatsanwaltschaft will keine Ermittlungen gegen Holzer aufnehmen. In der Begründung geht sie ausführlich auf die ZackZack-Berichterstattung ein. Im Ersuchen der Staatsanwältin an die SOKO-Beamten, die Sicherstellung von M.s Handy „noch einmal zu überprüfen“, erkennt sie keinen Auftrag an die Polizisten. Die betroffene Staatsanwältin wird dazu nicht befragt.

Da der Fall Holzer berichtspflichtig ist, wird die Oberstaatsanwaltschaft über alle Ermittlungsschritte informiert, das geplante Ende des Falls müssen sie und der Weisungsrat im Justizministerium genehmigen. Genau das passiert am 16. Dezember. Am 28. Jänner 2020 kommt das vorläufige Ende für die Causa Holzer. Der St. Pöltner Staatsanwalt ordnet an: „Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mangels strafrechtlich relevanten Anfangsverdachts.“

(tw)

Titelbild: APA Picturedesk

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24 Kommentare

  1. Staatsanwälte und Richter tun was sie wollen und nicht was sie sollen. Funktionierende Kontrollen fehlen. Man kennt sich und man richtet sich’s, drum heißen sie auch Richter.

  2. und wie kann hier eingewirkt werden damit DOCH ermittelt wird, es kann doch nicht so schlimm um die Justiz stehen ?!?!?

    HERR PILZ, was tut man hier? Wer hat das Gewicht, hier alles in Gang zu bringen??????

  3. Kuz und seine Kettenhunde werden früher oder später in ihrem eigenen Sumpf untergehen , für mich sieht die Zukunft jetzt wieder etwas rosiger aus

  4. Der “fehlende Anfangsverdacht” ist eine beliebte Begründung der StA, wenn es darum geht, sich mit einem Fall – aus welchen Gründen auch immer – nicht befassen zu wollen oder zu müssen.

  5. So ähnlich verhielt es sich auch, als wegen der illegalen Hausdurchsuchung bei Herrn Dr. Eifler eine Strafanzeige gegen Unbekannt ertattet wurde. Es wurde zwar der Name einer Mag. Elisabeth Uller genannt, jedoch sei auch in dieser Angelegenheit kein Anfangsverdacht gegeben, man darf ja in Österreich natürlich einfach eine Hausdurchsuchung machen, wenn jemand kritisch ist. Es muss erwähnt werden, dass die Ministerin über die Anzeige vorab informiert wurde, vielleicht gab´s ja eine Weisung??

  6. Kann das sein das einer den anderen deckt….
    Und es gibt wirklich keinen Staatsanwalt der gegen Korruption und Amtsmissbrauch ermitteln will…

  7. ÖVP so gründlich abwählen, dass sich dieses von ihr so abhängige System regenerieren kann

    • Wünsche kann man haben, aber die Realität ist eine andere. Aber hoffe für uns Alle.

      • Ja, und hoffentlich wird noch einiges sichtbar von deren Schweinereien, bevor zu wählen ist…

    • Dafür ist der “gemeine” Österreicher zu dumm, dem kann der Messias auf den Kopf gacken und er
      sagt noch immer, “Danke Basti”.

    • Wie soll ich dazu beitragen, nach 1 jahr in einem övp alleinregierten bundesland staatsdienend tätig, habe ich mir geschworen, diese brüder nie zu wählen. Also mein stimmverhalten kann ich nicht weiter ändern…

  8. Falls ich die Verfilmung des aktuellen Geschehens noch erelebe, freue ich mich auf den Film.
    Kling nach einem spannenden Krimi! 😉

    • Ich bin genügsam: ich freue mich auf die totale abwahl und ein paar der protagonisten als zellnachbarn von karliheinzi.

  9. Alle, welche hier verhindert haben gehören ausnahmslos in den „Häfen“! Eini, die Tür zu und die nächsten 15 Jahre kein Sonnenlicht mehr! Was ist das nur für eine erbärmliche Bananenrepublik geworden! Erschrecken! Meine Großeltern – Opa war ein Kämpfer für die freiheit und meine Oma war ein sogenannte Trümmerfrau … die drehen sich beide im Grab um ob so einer ekelhaften türkis/schwären Gammelpartei welche alles, vom Volk erkämpfte mit einem dümmlichen Grinsen und einer präpotenten Arroganz vom Tisch wischen

    • Hochkorrupte Vereinigung krimineller….

      ÖVP will Berichterstattung über Justiz beschränken und Ermittler zügeln.

      Und grün faselt was von….wieder ein Rohrkrepierer und wieder nur für ihre Futtertröge verteidigen sie Korruption und Amtsmissbrauch…
      Die machen sich mitschuld.

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