Mittwoch, April 24, 2024

Korruptionsbekämpfer Europas kitisieren Österreich scharf – Verhaltenskodex für Abgeordnete gefordert

Verhaltenskodex für Abgeordnete gefordert

Die Anti-Korruptions-Gruppe des Europarates (GRECO) hat Österreich wegen der “unbefriedigenden” Umsetzung von Empfehlungen im Bereich Gesetzgebung und Justiz gerügt. Nur zwei von 19 Empfehlungen aus dem Jahr 2016 seien in zufriedenstellender Weise umgesetzt worden, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Bericht der Expertengruppe. Österreich muss daher bis spätestens Ende September einen weiteren Fortschrittsbericht vorlegen.

Wien, 01. März 2021 | Die Empfehlungen betreffen Maßnahmen gegen Korruption unter Abgeordneten, Richtern und Staatsanwälten. Österreich hatte die schleppende Umsetzung der GRECO-Empfehlungen mit den Turbulenzen der Ibiza-Krise und den Neuwahlen begründet. Allerdings waren die Empfehlungen bereits im Oktober 2016 von der Expertengruppe beschlossen worden.

Verhaltenskodex für Abgeordnete gefordert

Besonders schlecht sieht es im Bereich der Legislative aus, wo es laut GRECO “einen beständigen Mangel an Fortschritten” gebe, den die Expertengruppe “bedauert”. Konkret werden etwa abgesicherte Regeln für Begutachtungsverfahren, aber auch der Beschluss eines Verhaltenskodex für Abgeordnete gefordert, um Interessenskonflikte verschiedenster Art anzugehen. So gebe es etwa im österreichischen Parlament immer noch keine internen Regeln hinsichtlich der Annahme, Bewertung und Preisgabe von Geschenken, Bewirtungen oder anderen Vorteilen.

Bei Richtern und Staatsanwälten seien viele Maßnahmen zwar eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen worden. Es gebe aber Fortschritte, hieß es unter Verweis auf neue Bestimmungen, die Richtern und Staatsanwälten das Bekleiden von Ämtern in Regierung oder Parlament untersagen. Eine “wichtige Errungenschaft” sei auch der Beschluss eines Verhaltenskodex für Richter und Staatsanwälte. Allerdings sei sicherzustellen, dass die Einhaltung der Regeln wirksam überwacht werde. Weiters sei eine systematischere Ausbildung in den Bereichen Korruptionsvorbeugung und Integrität erforderlich.

Russland und Liechtenstein verfassten Österreich-Bericht

Kritisiert wird von den Experten das Auswahlverfahren für Richter. So liege etwa die Entscheidung darüber, wer als Richteramtsanwärter aufgenommen wird, “in den Händen einer einzigen Person, nämlich des Präsidenten des entsprechenden Oberlandesgerichts”. Weiters gebe es keine Fortschritte hinsichtlich des Aufnahmeverfahrens für Verwaltungsrichter, was “ein Grund zur Besorgnis” sei.

Die Arbeitsgruppe war im Jahr 1999 vom Europarat ins Leben gerufen worden, um die Mitgliedsstaaten beim Kampf gegen Korruption zu unterstützen. GRECO setzt dabei auf “Druckausübung durch Kollegen”, also einen von anderen Mitgliedsstaaten betriebenen Evaluierungsprozess. Den Bericht zu Österreich haben GRECO-Vertreter aus Russland und Liechtenstein verfasst.

(apa/bf)

Titelbild: APA Picturedesk

ZackZack unterstützen

Jetzt Mitglied werden!

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

19 Kommentare

  1. Rechtsanwalt Dr. Roman Schiessler: „Wir erleben ferner auch eine völlige Ohnmacht des Rechtsstaates, welche insbesondere dadurch zum Ausdruck kommt, dass insbesondere der Verfassungsgerichtshof eine Reihe von Bestimmungen in diversen Lockerungs-Schutzmaßnahmen- und Notmaßnahmenverordnungen aufhebt bzw. nachträglich für gesetz- und verfassungswidrig erklärt und diese Entscheidungen dieses Höchstgerichts ohne Auswirkungen bleiben. (vgl. Der Verfassungsgerichtshof wird ignoriert)
    https://tkp.at/2021/01/30/die-ohnmacht-des-rechtsstaates-gegenueber-der-covid-regierung/

    • Fortsetzung: Dieser Zustand ist bedingt durch eine extrem ausgebaute Machtstellung der Verwaltung (Exekutive) in unserem Gemeinwesen, welcher die anderen Staatsgewalten kaum etwas entgegen zu setzen haben. Die Judikative und vor allem die Legislative sehen praktisch tatenlos zu, wie das Prinzip der Gewaltenteilung ausgehebelt wird und zunehmend erodiert.

      • Die Vorgangsweise der Exekutive ist aber auch vollkommen lächerlich!

        Nehmen wir mal an, ein Nachbar bricht ständig in dein Haus ein und stiehlt.
        Nach der Anzeige bleibt der Einbrecher auf freiem Fuß und wiederholt diese Tat.
        Nach der nächsten Anzeige wird wieder kein “Aus-dem-Verkehr-Ziehen”
        vorgenommen.

        Das gleiche praktiziert unsere Regierung!
        Kurz, Kogler, Anschober, Nehammer sollten während der nächsten PK öffentlich vor den TV-Kameras mit Handschellen aus dem Verkehr gezogen werden.

  2. Die GRECO Empfehlungen sind nicht neu. Unter den Türkisen passiert aber nichts gegen Korruption weil sie offenbar bis zum Hals drinnen stekcen. Richter und Staatsanwätle tun was sie wollen und nicht was sie sollen und funktionierende Kontrollen fehlen.

  3. Seit gestern sind wir ja first mover, oder? Wo denn eigentlich, kleiner bastelmann?

  4. Schön wenn man so hinter die Superstaaten wie Ungarn, Weissrussland und Burkina Faso fallen wird.

  5. Mit anderen Worten: Die ÖVP hat auf ganzer Linie das Programm für ihre Spender durchgezogen.

  6. Russland rügt Österreich in Sachen Korruption?
    Da soll noch einmal einer sagen, wir wären keine Bananenrepublik.

    Ein Kodex hört sich zwar wichtig an, aber ein rechtlich bindendes Dienstrecht mit einer Möglichkeit der Amtsenthebung wäre bei weitem noch wünschenswerter….

    • Wie stellen sie sich ein ‘rechtlich bindendes Dienstrecht mit Möglichkeit der Amtsenthebung’ konkret vor? Und für welche Personengruppe?

      • Im Grunde müsste ein solches Dienstverhältnis zumindest die Abgeordneten und Regierungsmitglieder mit einbeziehen.
        Umfassen sollte es die Möglichkeit einer Amtsenthebung/Suspendierung oder Beurlaubung, vor allem bei Ermittlungen im Bereich Korruption, Amtsmißbrauch, u.ä. Delikte.
        Prüfung über eine solche Sanktion wäre z.B. über den VfGH und Bestätigung durch den Bundespräsidenten nach Antrag von z.B. 2 Parlamentsfraktionen denkbar. Geheimhaltungspflicht bis zur Entscheidung ob eine Sanktion gerechtfertigt ist.

  7. wenns nach kurz geht, gibts nur einen kodex – den gegen die justiz, welcher lautet:
    „Gegen ÖVP-Regierungsmitglieder darf nicht ermittelt werden.“

    Und wenn doch, kann die ÖVP noch immer eine eidesstattliche Erklärung abgeben, dass das alles ned wahr is und sie in ihrer Regierungsfähigkeit daher in keiner Weise beeinträchtigt ist.

    https://www.hagerhard.at/blog/2021/03/es-gilt-die-unschuldsvermutung/

    • Also, ich vermute eher, sofern es nach den momentan diskutierten Vorschlägen geht, dass folgendes passieren könnte:
      Das Interpellationsrecht des Nationalrates fällt (siehe dazu: Alfred Noll, drrstandard.at)) somit kann das Fragerecht im Nationalrat eingechränkt werden, er hat ja transparentb zu sein.
      Das Zitieren wird dn Medien verboten. Diese haben ja transparent zu sein. Haken: Die Pressefreiheit wird angegriffen.
      Ein Bundesstaatsanwalt wird geschaffen. Dieser wird mit einem VPler besetzt.. Selbstverständlich sind alle Sta, WKStAs und die OStA dem Bundesstaatsanwalt ggü. transparent.
      Man kann schon für Transparenz sein, sollte aufpassen, dass sich diese Transparenz dann nicht ins Gegenteil verkehrt!

  8. Wieso werde ich das Gefühl nicht los, das die Drohung an Justizministerin Sadic , wodurch Sie Polizeischutz bekam, eine “ Rute im Fenster “ , damit Sie es ja nicht wagen wird , gegen Pilnacek vorzugehen ?
    Ich wette eine FFP2 Maske 😷

    • Eine Rute im Fenster , sehr zum Gefallen von Pilnacek ( in seinem Sinne oder gar Quell seiner Sinne?? … meine Meinung , nur jetzt nach all den Fakten trau ich denen alles zu, die , die Leute des tiefen Staates

      • Vielleicht hat sie der bastel, so wie den kogler auch, gefragt, ob sie in der regierung oder in der opposition sind.
        Der wirds noch billiger geben, der eingebildete bubi.

Kommentarfunktion ist geschlossen.

Jetzt: Polizeiäffäre "Pilnacek"

Denn: ZackZack bist auch DU!