Freitag, April 19, 2024

Bei Einsamkeit: “Netten Onkel” mieten

Bei Einsamkeit:

Einen Mann mieten, der einen für ein paar Stunden zuhört? In Japan bieten Männer ein offenes Ohr für einsame Menschen. Ein sozialer Dienst, der umgerechnet 8 Euro die Stunde kostet. Mit Prostitution hat das nichts zu tun – ganz im Gegenteil.

Wien, 03. März 2021 | Der Japaner Takanobu Nishimoto betreibt ein eher ungewöhnliches Geschäft: Der 50-jährige Modeberater aus Tokio startete 2012, also schon lange vor der Corona-Pandemie, von Zuhause aus den Online-Service “Ossan rentaru” (auf Deutsch „Die Onkel-Vermietung“). Dort bieten rund 60 Männer als Dienstleistung eine sogenannte „Lebenserweiterung“. Für umgerechnet acht Euro pro Stunde vermittelt Nishimotos Agentur Männer, die sich auf Stundenbasis die Probleme der Kunden anhören oder einfach Ratschläge für jede Lebenslage geben, heißt es in der Zeitung “Straits Times” aus Singapur.

“Ossan Rental”-Gründer Takanobu Nishimoto. / Foto: APA

60 Onkel bieten sich zur Vermietung an

Auf der Webseite sind alle mit Foto und Profil aufgelistet, fast wie auf einer Dating-Seite. Die meisten „netten Onkel“ sind dort um die 60 Jahre alt und wollen sich einfach nützlich für die Gesellschaft machen, mit Prostitution oder Dating habe das nicht zu tun.

Auf den Profilen kann man sehen, womit sich jeder von ihnen auskennt und wie die „netten Onkel“ allgemein sind. Falls einer davon Sympathie erweckt, kann man ihn direkt reservieren – für mindesteins eine Stunde sind die Onkel buchbar.

„Anfangs dachte ich, dass die meisten Kunden junge Männer sein würden, die einen Rat brauchen. Tatsächlich aber sind es eher Frauen zwischen 20 und 50 Jahren“,

sagt Nishimoto gegenüber “Straits Times”.

Tipps für Herzschmerz oder Karriere

Vor allem in Zeiten der Pandemie ist der Drang nach sozialen Kontakten hoch. Viele Leben in Einsamkeit. Da ist es schön, sich mit jemanden zum Plaudern treffen, ganz ohne weitere Absichten. Die Kunden kommen oft, um einfach ihr Herz auszuschütten oder sich unverbindlich von den erfahrenen Onkeln beraten zu lassen. Die Bedürfnisse der Kunden seien sehr unterschiedlich — manche suchen nach Ratschlägen für ihre Karriere oder ihr Liebesleben, während andere Gesellschaft auf Konzerten oder bei einem Barbesuch wollen.

Für die Sicherheit seiner Kunden ist ebenfalls gesorgt. Nishimoto prüft potenzielle Bewerber vorerst, um sicherzustellen, dass sie nicht übermäßig umständlich sind — eine Eigenschaft, die viele seiner Kunden nicht mögen. Außerdem führt er einen Vorstrafen-Check durch. Darüber hinaus verbietet er den Männern, Kunden zu berühren und droht damit, sie von der Website zu nehmen, falls dies geschehen sollte.

Ein Service gegen die Einsamkeit in der Pandemie

Es ist auch eine Win-Win-Situation. Der Austausch beruht auf Gegenseitigkeit:

„Die Ossan selbst wachsen ebenfalls durch diese Rolle. Sie gewinnen mehr Selbstsicherheit, verbessern ihr Image oder können von der Lebenserfahrung anderer Menschen lernen“,

so Nishimoto.

Gerade in Zeiten der Pandemie sei es wichtig, nicht alleine zu sein. Wo vor der Pandemie noch Besuche in Karaoke-Bars oder Cafés stattfanden ist es heutzutage ein ausgiebiger Spaziergang mit dem “netten Onkel” – denn gemeinsam ist man weniger allein.

(jz)

Titelbild: APA Picturedesk

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3 Kommentare

  1. Ob Mann oder Frau, bin diesbezüglich extrem skeptisch. 1) Das Geschäft, dass ein Seelentröster(in) plötzlich € 20.000,– monatlich für eine dringende Operation benötigt oder für die Ausbildung der Kinder, ist altbekannt. 2) Wenn ich eine wildfremde Person bezahle, sagt sie mir genau das, was ich hören will, damit ich sie wieder buche. 3) In Japan gibt es meines Wissens nach die höchste Suizidrate weltweit, da braucht man schon eher professionelle Hilfe anstatt eines 8 Euro Onkels. Da sollte das soziale System insgesamt analysiert und verbessert werden.

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