Sonntag, Dezember 8, 2024

“Signal in die ganz falsche Richtung” – Treffen von vier Personen soll als Veranstaltung zählen

Treffen von vier Personen soll als Veranstaltung zählen

Der Gesundheitsminister Anschober hat einen neuen Vorschlag zur Bekämpfung der Pandemie: Zusammenkünfte ab vier Personen aus zwei verschiedenen Haushalten sollen schon als Veranstaltung gelten. Abermals werden Gesetze einfach erlassen – was höchst gefährlich ist. ZackZack hat sich beim Rechtsanwalt Florian Horn umgehört.

Wien, 04. März 2021 | Laut Rechtsanwalt Florian Horn wurde heute einer der „größten Anschläge auf den liberalen Rechtsstaat seit Beginn der Krise in Begutachtung geschickt.“ Der neue Vorschlag einer Novelle des Epidemiegesetz und des Covid-Maßnahmengesetzes gebe dem Gesundheitsminister noch weitreichendere Befugnisse.

In dem Vorschlag steht unter anderem, dass Ansammlungen ab vier Personen aus zwei verschiedenen Haushalten bereits als eine „Veranstaltung“ gelten und daher untersagt werden sollen – das sei problematisch und wohl verfassungswidrig, erklärt Horn gegenüber ZackZack.

Anschober will Rechtslage schon wieder ändern

Am Mittwoch hat Rudolf Anschober (Grüne) die Verschärfungen beim Covid 19-Maßnahmengesetz sowie beim Epidemiegesetz für die darauffolgenden sechs Tage (bis 9. März) in Begutachtung geschickt. Sein Vorschlag: Ein neuer Gesetzesentwurf soll dem Gesundheitsministerium mehr Möglichkeiten geben, Treffen unterschiedlicher Haushalte zu unterbinden.

Außerdem sollen Ausgangsbeschränkungen einfacher verhängt werden dürfen. Das “Freimaskieren” statt Testpflicht soll ebenfalls entfallen. Bisher konnten Ausgangsbeschränkungen laut Maßnahmengesetz nur dann verhängt werden, wenn das Gesundheitssystem zusammenzubrechen drohe, oder in “ähnlich gelagerten Notsituationen” (wobei letzterer Passus im Gesetz nicht näher definiert ist).

“Keine sachliche Grundlage”

Laut Rechtsanwalt Florian Horn wird hier eine schwerwiegende Kontrolle auf die Österreicherinnen und Österreicher ausgeübt. Die Gesetzesnovelle, wie sie von Anschober eingereicht wurde, ist im Hinblick auf den Eingriff in den privaten Haushalt höchst problematisch. Es gebe dafür keine sachliche Grundlage:

“Man will jetzt einfach eine gesetzliche Grundlage für diese Verordnung schaffen, doch damit entsteht ein neues Problem. Denn es muss jetzt erstmal geprüft werden, ob das überhaupt mit der Verfassung vereinbar ist.”

Mit der heute eingereichten Novelle versuche die Regierung, vor allem auch Veranstaltungs-Bestimmungen umzudrehen. Der Ursprungsgedanke: Die sogenannten „Super Spreader“ unterbinden. Mit den Bestimmungen sollten einst Zusammentreffen von größeren Menschenmengen verhindert werden.

“Diese Idee wurde jetzt um 180 Grad gedreht. Das ist ein Eingriff in den privaten Raum”,

zeigt sich Rechtsanwalt Horn gegenüber ZackZack besorgt.

Nur “scheinbar” gesetzeskonform

Da es sich bei einem Zusammentreffen von lediglich vier Personen um keine kommerzielle Veranstaltung, geschweige denn große Menschenansammlungen handelt, sei die Novelle laut Horn eindeutig darauf gerichtet, private Treffen zu verhindern. Dies sei das eigentlich rechtswidrig. Mit dem Gesetzestext versuche die Regierung nun die Gesetze so zu drehen, wie es ihnen am besten passe. In Anbetracht auf die derzeitige Rechtslage sei das höchst problematisch:

“Hier werden Gesetze nur ‘scheinbar’ gesetzeskonform gemacht. Aber was passiert denn, wenn es immer leichter wird, Gesetze einfach so zu erlassen? Das ist ein deutliches Signal in die ganz falsche Richtung!”,

drängt Horn gegenüber ZackZack.

Seiner Einschätzung nach sollte eher überlegt werden: Wie kann man die derzeitigen Verordnungen gesetzeskonform machen?

Massive Strafen

Die Novelle soll im öffentlichen wie im privaten Bereich gelten, wobei bei letzterem wieder klargestellt wird, dass es daheim zu keinen Kontrollen kommen soll. Wenn sich also vier Freunde treffen und die Exekutive erfährt davon, könnte jeder von ihnen laut Anschober-Vorschlag mit einer Strafe von bis zu 1.450 Euro rechnen. Wie man auf diesen Betrag kam, bleibt unklar. Die Zahl erinnert an die 1450-Corona-Hotline des Gesundheitsministeriums.

Organisatoren von Veranstaltungen können sogar mit bis zu 30.000 Euro Geldstrafe oder sechs Wochen Haft rechnen, wenn sie eine Untersagung ignorieren. In verbotenen Zusammenkünften, die im “Zuge einer Handlung ein Einkommen sichern”, sehe Horn massive Einschränkungen von zum Beispiel NGOs wie “Greenpeace”. Diese dürften dann nicht mal mehr zu viert auf die Straße gehen und ein Plakat aufhängen – das wäre laut Anschobers Vorschlag bereits eine Veranstaltung.

Ausgangsbeschränkungen vereinfacht

Nun sollen weiters kürzere Beschränkungen wie nächtliche Ausgangssperren bereits dann möglich sein, wenn die Kontaktnachverfolgung nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Zudem sollen sich Lehrerinnen, Kindergartenpädagogen und Beamte im Parteienverkehr künftig auf das Coronavirus testen lassen müssen. Die bisherige Option für Test-Verweigerer in Berufsgruppen mit viel Kundenkontakt, alternativ mit FFP2-Maske zu arbeiten, soll laut Plan entfallen.

(jz)

Titelbild: APA Picturedesk

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