Freitag, April 19, 2024

Hygiene Austria wird für Lenzing zum “gewaltigen Imageproblem”

Der Faserkonzern Lenzing ist in einen veritablen Skandal verwickelt. Gegen die Masken-Tochter Hygiene Austria, ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Wäschehersteller Palmers, wird wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs und Schwarzarbeit ermittelt. Viel wusste Lenzing offenbar nicht. “Am 3. März haben wir erstmalig von der Hausdurchsuchung bei Hygiene Austria und vermuteten Gesetzesverstößen erfahren”, sagte Technikvorstand Stephan Sielaff am Donnerstag bei einem Pressegespräch.

Wien, 11. März 2021 |Sielaff ist bei Lenzing nun dafür zuständig, die Vorfälle rund um das Debakel aufzuarbeiten, nachdem Stephan Trubrich als Geschäftsführer des Joint Ventures abberufen wurde. Von zugekauften Masken in China oder Schwarzarbeit habe man nichts gewusst. Zahlreiche Journalistenfragen ließ der Manager unbeantwortet. “Lassen Sie uns bitte erst die Arbeit machen und dann werden wir in aller Klarheit über die Konsequenzen sprechen. Ich arbeite mit all meiner Energie rund um die Uhr daran”, betonte Sielaff mehrfach.

Bild verstörend

Auch Lenzing-Chef Stefan Doboczky wusste laut heutigen Aussagen von nichts. “Das Bild, das sich in den letzten Tagen gezeigt hat, empfinde ich zutiefst verstörend”, sagte Doboczky. “Lenzing ist nicht Hygiene Austria. Aber Lenzing ist selbstverständlich gefordert, in der Aufarbeitung einen Beitrag zu leisten und das werden wir auch tun”, war der CEO um Schadensbegrenzung bemüht.

Der Weltkonzern mit mehr als 7.000 Mitarbeitern hat nun ein “gewaltiges Imageproblem”, räumte Sielaff ein. Die Aktien von Lenzing waren an der Wiener Börse zuletzt stark unter Druck geraten. Anleger reagierten verschreckt auf den Masken-Skandal und schickten die Aktie auf Talfahrt. In der Spitze verloren die Lenzing-Papiere gut 10 Prozent. Auch am Donnerstag reagierte die Aktie auf die Zahlenvorlage mit einem deutlichen Kursverlust von 3,6 Prozent. Doch beim Pressegespräch waren die Zahlen nicht im Fokus.

Außer Spesen nichts gewesen

Die wirtschaftliche Bedeutung der Hygiene Austria hält sich für einen Milliardenkonzern wie Lenzing in Grenzen. Der Faserhersteller hat die Hygiene Austria per Jahresende 2020 mit einem Wert von 4,5 Mio. Euro in den Büchern. Im Geschäftsjahr 2020 hat die Maskentochter laut Geschäftsbericht ein langfristiges, ungesichertes Darlehen in Höhe von 2 Mio. Euro von Lenzing erhalten. Außerdem gibt es eine Garantie gegenüber einem Lieferanten bis maximal 1 Mio. Euro.

Außer Spesen ist für Lenzing derzeit nichts gewesen. “Bis zum heutigen Zeitpunkt gibt es keine Gewinnausschüttung der Hygiene Austria in Richtung Lenzing”, sagte Sielaff.

(apa/bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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2 Kommentare

  1. Heute sind die Lenzing-Aktien regelrecht abgestürzt. Wundern darf es einen nicht. Anscheinend waren nur 11 Mitarbeiter*innen bei Hygiene Austria angestellt: 10 und die Tochter des Lenzing-Chefs! Gibt’s diese “Quote” auch bei der Lenzing? Mit welcher Qualifikation wird man dort Geschäftsführer eines TOCHTER-Unternehmens? Genügt schon eine Verwandtschaft mit der Konzern-Spitze?

    Was mir aber fehlt sind die entscheidenden Fragen, dazu braucht man keine “Forensiker*innen”, wie’s jetzt immer so schön heißt, wenn man etwas zu verbergen hat: Wurden die chinesischen Masken mit Lenzing-Stoffen hergestellt? Dazu braucht man keinen Einblick in die “Bücher” der Hygiene Austria. Denn Lenzing wird das ganz genau wissen …

  2. “Bis zum heutigen Zeitpunkt gibt es keine Gewinnausschüttung der Hygiene Austria in Richtung Lenzing” … Und wie schaut’s mit Gewinnausschüttungen Richtung ÖVP-nahen Personen aus?

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