Samstag, April 20, 2024

Kern im U-Ausschuss – Privatduell mit ÖVP

Privatduell mit ÖVP

Am Donnerstag nahm der ehemalige SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern im U-Ausschuss Platz. Zwischen der Befragung von Kern und der von ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz lagen Welten dazwischen: Kern konnte sich an fast alles erinnern.

Wien, 12. März 2021 | Donnerstag war ÖVP-Tag im Ibiza-U-Ausschuss. Von den Türkisen wurde der ehemalige SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern geladen. Kernthema der Befragung durch die ÖVP war das Ibiza-Video und etwaige Angebote an die SPÖ.

Videoangebot waren “halbseidene Informationsschnippel”

Kern bestätigte zwar die Aussage, wonach die Macher des Ibiza-Videos an den Werber Nikolaus Pelinka herangetreten waren, der wiederum Kern und Thomas Drozda über das Angebot informierte. Zwei Wochen später habe Kern nach einer Prüfung durch den Parteianwalt Drozda gebeten, das Angebot abzulehnen, denn: “Mit der Sache wollten wir nichts zu tun haben.” Laut Kern habe es sich dabei um eine “halbseidene” Sache gehandelt, bei den gezeigten Fotos handelte es sich um „Informationsschnippel“. Bewegtbilder bekam er nicht zu sehen, auch deswegen habe er per Brief sein Desinteresse am Material bekundet. Die Ibiza-Macher bezeichnete er damals als „Wichtigtuer“.

Wie eine Aktenübergabe richtig abläuft – Kein Schreddern unter falschem Namen

Interessant wurde die Befragung, als Kern schilderte, wie die Aktenübergabe normalerweise am Ende einer Kanzlerschaft funktioniert. Normalerweise gebe es eindeutige Vorschriften. Das sei, so Kern, bei seinem Ausscheiden aus dem Amt auf dem Amtsweg unter Aufsicht der Beamten geschehen. Kern verwies auf die Verpflichtung, relevante Akten an das Staatsarchiv zu übertragen, das geschah auch.

Die ÖVP hingegen schredderte nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos fünf Festplatten. Ein Mitarbeiter tat dies unter falschem Namen und ohne zu bezahlen. Kern erklärte im U-Ausschuss, es hätte für ihn keinen Anlass gegeben dasselbe zu tun.

Kern würde Kalender öffentlich machen, im Gegensatz zu Kurz

Auch zeigte sich ein Unterschied in der Handhabung von Kanzlerkalendern. Zwar wisse Kern nicht, ob sein Kalender aus dem Jahr 2017 noch existiere, allerdings würde er diesen, falls noch vorhanden, der Öffentlichkeit preisgeben. Bundeskanzler Sebastian Kurz weigerte sich bis jetzt seinen beruflichen Kalender dem U-Ausschuss zu übermitteln.

“Kenne keine Rote Idioten”

Bevor die Befragung nach eineinhalb Stunden zu Ende war, brachte FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker noch ein nicht öffentliches Protokoll aus dem deutschen Wirecard-Untersuchungsausschuss aufs Tapet. Dort habe der Ibiza-Detektiv davon gesprochen, dass es noch andere Videos von österreichischen Politikern gebe. Dabei gehe es um Hinterzimmer in Clubs und Drogenkonsum. Ob ihm, Kern, derartige Gerüchte zu Ohren gekommen sind, wollte Hafenecker wissen. Kern will keine Gerüchte dokumentieren, Wahrnehmungen habe er jedenfalls keine dazu. ÖVP-Abgeordneter Stocker wies Kern auf ein Zitat aus dem Protokoll hin, in dem es um “rote Idioten” ging. Kern erwiderte dem Türkisen: “Ich kenne keine roten Idioten”. Stocker und Kern lieferten sich am Donnerstag über weite Strecken ein Privatduell. Die anderen Fraktionen hielten sich mit Fragen zurück. Als Sieger dürfte Kern aus dem Ring gestiegen sein, jedoch gratulierte der Altkanzler dem ÖVP-Abgeordneten, dass er hier sicher zur allergrößten Zufriedenheit des ÖVP-Parteivorsitzenden arbeite.

Hafenecker lotete mit einer Frage zudem aus, wie die Stimmung in der großen Koalition 2016 bis 2017 war: “Wann haben Sie gemerkt, dass die ÖVP aus der Koalition austreten will?”  Kern habe am ersten Arbeitstag bereits gespürt, dass die ÖVP kein Interesse an der Fortsetzung der Koalition hatte, “das hat man sofort gesehen.”

(bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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24 Kommentare

  1. Der Kern ist eh schon gestraft mit dem Nico..warum den nicht eingesperrt hast lassen ist mir ein Rätsel

  2. Kern hat wenigstens Format, nicht so ein schleimiger, gegeelter Typ wie der Basti-Fantasti.

    • Mitterlehner mußte sich vorallem an Kern,
      der Kurz sehr ähnlich war, messen. Dann
      kam der Putsch aus der eigenen Partei!

      In der ÖVP steht man jetzt vor einem Problem.
      Kurz. Man hat dem Putschisten in der eigenen
      Partei zu lange und zu laut zugejubelt.
      Der Jubel verhallt. Die Partei muß sich
      jetzt am eigenen Obmann messen!
      Vorerst bleibt der Putschist an der
      Spitze der eigenen Partei.
      Kurz, es bleibt Nichts!

  3. Mit der Ladung von Kern hat die NVP einfach Zeit verschwendet.
    Die Taktik wird nicht aufgehen. Kurz schwitzt… Tag und Nacht….. gaanz langsam kommt alles heraus was der in Österreich angerichtet hat.

    • … genau, er kommt täglich mehr in´s Schwitzen!
      Er läuft ja gerade wegen seinen Regierungs- Corona Impfstoff-Falschbestellungen AMOK gegen die EU!
      Dass er auf den billigsten Impfstoff für uns Bürger setzte, zeigt ja was wir ihm Wert sind!
      Sie haben auf den Gesetzt, der am billigsten und unsichersten in Sachen Impf- reaktion bzw. schaden ist, die, wie sich herausstellte nicht einmal fähig ist, die bestellten und zugesicherten Impfdosen zu produzieren.
      Aber vielleicht rettet das ja vielen das Leben!
      In Punkto Kern, den Mißverstanden Ex Kanzler, zeigt sich, das ältere Menschen keine Demenz haben, im Gegensatz zu jüngeren Türkisen Politiker!

  4. Hätte er sich getraut sofort Neuwahlen auszurufen…. Wer weiß…..wäre der Kurze nicht hoch gekommen.

    • Ich vermute das die Motivation des weiter machens nicht Angst sondern Verantwortung war. 😉

  5. Kern war schon ein guter, schade nur, dass er nicht mit der Präsentation des Plan A Neuwahlen ausgerufen hat.

    • Kurz hat sich damals sicher gedacht, Plan A kann ich nicht, dann mach ich halt kurz nen Plan B. Wenn‘s für Österreich nicht gut ist, für mich, hihihi hilft‘s sicher.

  6. Für Kern wars vermutlich vorteilhaft dass er (aus seiner Sicht) rechtzeitig das Handtuch warf. Fürn Bastl auch. Für die SPÖ jedoch, wars ein Desaster.

      • Mit Sicherheit. Halt auch so ein “Instinktpolitiker” der stets nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist. Der Nutzen für die Partei war ihm offenbar nebensächlich. Doch als Topmanager und Marketingverkäufer hätte er dem Bastl gut Paroli bieten können. Und da wäre mir jeder recht gewesen.

    • Weil PRW einfach noch nicht bereit war, hätte man ihr Vorbereitungszeit gegeben, hätte alles anders ausgesehen. Hätte Hätte Fahrradkette – mittlerweile hat sich PRW allerdings deutlich gesteigert.

    • Ja..er hat zu lange gewartet. Da hatte Sobotka schon die Säge in Verwendung.

      • Abgsagelt habens dem Django nur das Amt jedoch nicht sein Talent fürs Buch schreiben. Für seine schriftliche Abrechnung mit Kurz und seinen Türkisen würde ihm spätestens jetzt der österreichische Kulturpreis gebühren. Aber ich glaube er freut sich auch so dass er in allem recht behielt Sicherlich eine späte Genugtuung. Vermutlich bereuen es nun so einige schwarze Granden dass sie Mitterlehner, in ihrer Begeisterung für Kurz, im Regen stehen ließen.

    • Eine ziemlich erbärmliche Aktion vom Kern war das aus meiner Sicht.
      Hat die SPÖ sicher nicht gestärkt.

  7. Da Gerstl nicht mehr wusste, wo ihm der Kopf steht, wollte Stocker den investigativen Shooting Star mimen. Das war eine Lachnummer… Diese Zeugenladung hat sich die ÖVP wohl anders vorgestellt.

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